18.10.2024
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Sie sehen ein altes Ehepaar auf einer Parkbank.
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Sozialgericht Karlsruhe Urteil29.08.2013

Vorhandenes Vermögen vorrangig vor der Inanspruchnahme von SozialhilfeSchwer­be­hinderte und schwer pflege­be­dürftige Klägerin muss anfallende Aufwendungen des Pflegedienstes selbst decken

Wird der Vermö­gens­frei­betrag aufgrund vorhandenem Vermögen in Gestalt von Guthaben auf Spar- und Girokonten sowie der Rückkaufwerte aus einem Bausparvertrag und zwei Lebens­versicherungen überschritten, so besteht kein Anspruch auf Inanspruchnahme von Sozialhilfe. Dies geht aus einer Entscheidung des Sozialgerichts Karlsruhe hervor.

In dem vorzuliegenden Fall bezieht die schwer­be­hinderte (GdB 100) und schwer pflege­be­dürftige (Pflegestufe 2) Klägerin zu 1 eine Erwer­b­s­un­fä­hig­keitsrente aus der gesetzlichen Renten­ver­si­cherung. Ihr Ehemann - Kläger zu 2 - ist als Angestellter versi­che­rungs­pflichtig beschäftigt. Den Antrag der Kläger vom Mai 2012 auf Übernahme von ungedeckten Kosten für die häusliche Betreuung und Pflege der Klägerin aus Sozia­l­hil­fe­mitteln lehnte der Beklagte mit der Begründung ab, die Klägerin sei nicht bedürftig, weil die Eheleute über vorrangig einzusetzendes Vermögen aus Rückkaufwerten aus einem Bausparvertrag, Lebens­ver­si­che­rungen, Sparguthaben sowie Guthaben auf Girokonten im Gesamtumfang von mehr als 38.000 Euro verfügten. Dieses Vermögen überschreite den Vermögensfreibetrag von 3.214 Euro deutlich. Die Klägerin könne deshalb die anfallenden Aufwendungen des Pflegedienstes selbst decken.

Guthaben auf Spar- und Girokonten stehen Leistungs­an­spruch entgegen

Die deswegen erhobene Klage hat das Sozialgericht Karlsruhe abgewiesen: Die Gewährung von Hilfe zur Pflege stehe wie alle Leistungen der Sozialhilfe unter dem Vorbehalt, dass dem Hilfe­be­dürftigen und u.a. seinem nicht getrennt lebenden Ehegatten die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nicht zuzumuten sei. Denn Sozialhilfe erhalte nicht, wer sich u.a. durch den Einsatz seines Vermögens selbst helfen könne. Dem Leistungs­an­spruch der Klägerin steht hier das Vermögen der Eheleute in Gestalt von Guthaben auf Spar- und Girokonten sowie der Rückkaufwerte aus einem Bausparvertrag und zwei Lebens­ver­si­che­rungen entgegen. Einzusetzen sei grds. das gesamte verwertbare Vermögen. Hierzu gehörten auch Forderungen aus Bankguthaben sowie Rückkaufwerte aus einer Lebensversicherung ohne Vereinbarung eines Verwer­tungs­aus­schlusses und aus Bauspa­r­ver­trägen. Gemessen daran habe das Vermögen der Kläger im Antrags­zeitpunkt den maßgebenden Vermö­gens­frei­betrag um rund 35.000 Euro überschritten.

Vermö­gens­frei­betrag wird allein durch das Guthaben des Bausparvertrags überschritten

Es bestehe auch kein Anhalt dafür, dass der Vermö­gens­bestand im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts den Vermö­gens­frei­betrag von 3.214 Euro unterschritten oder die monatlichen Pflege­auf­wen­dungen der Klägerin den Betrag von 35.000 Euro überschritten hätten. Zudem liege bereits allein das Guthaben des Bausparvertrags der Klägerin (ca. 26.000 Euro) erheblich über dem Vermö­gens­frei­betrag, weshalb das Gericht auch keine Ermittlungen zum aktuellen Vermö­gens­bestand der Kläger durchführen müsse. Der Einsatz des Vermögens oberhalb des Vermö­gens­frei­be­trages stelle für die Kläger auch keine Härte dar. Eine solche sei bei der Hilfe zur Pflege vor allem gegeben, soweit durch den Vermö­gen­s­einsatz die angemessene Lebensführung oder die Aufrecht­er­haltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert sei und überdies die Auswirkungen der Vermö­gens­ver­wertung deutlich über den bloßen Vermö­gens­verlust infolge der Verpflichtung zur Deckung eines sozia­l­hil­fe­recht­lichen Bedarfs hinausgingen. Diese Voraussetzungen seien hier angesichts der laufenden Einkünfte beider Kläger sowie des Umstands, dass diese Eigentümer einer Eigen­tums­wohnung seien, nicht erfüllt.

Quelle: Sozialgericht Karlsruhe/ra-online

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