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Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt Urteil14.03.2012

Kein Verstoß gegen die Wohnsitz­vor­aus­set­zungen – In Polen ausgestellte Fahrerlaubnis muss in Deutschland anerkannt werdenKlage in Sachen „Führer­schein­tou­rismus“ erfolgreich

Ein von den Mitgliedstaaten der Europäischen Union ausgestellter Führerscheine ist grundsätzlich ohne jede Formalität anzuerkennen. Von diesem Grundsatz ist nur dann abzuweichen, wenn der neue Führerschein unter Missachtung der so genannten Wohnsitz­vor­aus­set­zungen ausgestellt worden ist. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberver­wal­tungs­ge­richts Sachsen-Anhalt hervor.

Im zugrunde liegenden Streitfall war der Klägerin im Jahr 2000 in Deutschland die Fahrerlaubnis entzogen worden. Zwischen 2000 und 2002 wurde sie mehrfach wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis verurteilt. Nach Ablauf der in den Urteilen verhängten Sperrfrist erwarb die Klägerin im Jahr 2004 in Polen eine Fahrerlaubnis. In dem Führerschein war ein polnischer Wohnort eingetragen.

Fahrer­laub­nis­behörde untersagt Gebrauch der Fahrerlaubnis nach verweigerter Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens

Im Jahr 2005 forderte die zuständige deutsche Fahrerlaubnisbehörde die zu diesem Zeitpunkt in Deutschland lebende Klägerin unter Hinweis auf die von ihr zwischen 2000 und 2002 begangenen Verkehr­s­s­traftaten auf, ein medizinisch-psychologisches Gutachten vorzulegen. Nachdem sich die Klägerin geweigert hatte, das Gutachten vorzulegen, untersagte ihr die beklagte Stadt im Jahr 2006, von der polnischen Fahrerlaubnis in der Bundesrepublik Deutschland Gebrauch zu machen.

VG: Deutschen Behörde musste Fahrerlaubnis nicht anerkennen

Eine gegen diesen Bescheid erhobene Klage vor dem Verwal­tungs­gericht Magdeburg blieb erfolglos. Das Verwal­tungs­gericht führte unter anderem aus, dass die polnische Fahrerlaubnis von der deutschen Behörde nicht anzuerkennen gewesen sei, da nicht nachgewiesen sei, dass die Klägerin im Jahr 2004 185 Tage ihren Wohnsitz in Polen hatte, was nach den Rechts­vor­schriften der Europäischen Union erforderlich gewesen sei.

Verletzung der Wohnsit­zer­for­dernis nicht feststellbar

Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberver­wal­tungs­gericht des Landes Sachsen-Anhalt der Klage stattgeben und den Bescheid aufgehoben. Zur Begründung hat das Oberver­wal­tungs­gericht ausgeführt, dass nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs die von den Mitgliedstaaten der Europäischen Union ausgestellten Führerscheine grundsätzlich ohne jede Formalität anzuerkennen seien. Von diesem Grundsatz könne nur unter engen Voraussetzungen abgewichen werden, so u. a. dann, wenn der neue Führerschein unter Missachtung der in der so genannten Führerschein-Richtlinie aufgestellten Wohnsitz­vor­aus­set­zungen ausgestellt worden sei. Darüber hinaus sei es einem Mitgliedstaat verwehrt, die Anerkennung eines in einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins zu verweigern, wenn nicht aufgrund von Angaben im Führerschein selbst oder anderen vom Ausstel­ler­mit­gliedstaat (hier Polen) herrührenden unbestreitbaren Informationen feststehe, dass das Wohnsit­zer­for­dernis verletzt worden sei. Eine derartige Verletzung konnte der Senat im zu entscheidenden Fall indes nicht feststellen.

Quelle: Oberverwaltungsgericht Magdeburg/ra-online

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