18.10.2024
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Bundesverwaltungsgericht Urteil30.05.2013

EU-Fahrerlaubnis muss bei Verstoß gegen das Wohnsit­zer­for­dernis in Deutschland nicht anerkannt werdenMelde­be­schei­nigung als unbestreitbare Information über einen Verstoß gegen das unions­rechtliche Wohnsit­zer­for­dernis

Eine in einem anderen EU-Mitgliedstaat erteilte Fahrerlaubnis muss in Deutschland nicht anerkannt werden, wenn sich aus einer aus dem Aussteller­mitgliedstaat beigebrachten Melde­be­schei­nigung ergibt, dass der Inhaber dieser Fahrerlaubnis zum Zeitpunkt der Fahr­erlaubnis­erteilung dort nicht seinen ordentlichen Wohnsitz hatte. Dies entschied das Bundes­verwaltungs­gericht.

Die Klägerin des zugrunde liegenden Streitfalls, der die deutsche Fahrerlaubnis entzogen und die danach in Deutschland mehrfach wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis verurteilt worden war, erwarb im August 2004 eine Fahrerlaubnis der Klasse B in Polen; im Führerschein ist ein polnischer Wohnsitz eingetragen. Die Beklagte erkannte ihr im März 2006 das Recht ab, von dieser Fahrerlaubnis in Deutschland Gebrauch zu machen, da sie ein angefordertes Fahreig­nungs­gut­achten nicht beigebracht hatte; der Widerspruch der Klägerin blieb ohne Erfolg.

Annahme eines ordentlichen Wohnsitzes setzt Wohndauer von mindestens 185 Tagen im Jahr im jeweiligen Mitgliedstaat voraus

Ihre Klage hat das Verwal­tungs­gericht Magdeburg abgewiesen, soweit sie gegen die Aberkennung gerichtet war. Auf ihre Berufung hat das Oberver­wal­tungs­gericht des Landes Sachsen-Anhalt diese Entscheidung geändert und die Aberken­nungs­ent­scheidung aufgehoben. Die in einem anderen EU-Mitgliedstaat erteilte Fahrerlaubnis müsse nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes dann nicht anerkannt werden, wenn sich aus dem Führerschein oder sonstigen aus dem Ausstel­ler­mit­gliedstaat herrührenden unbestreitbaren Informationen ergebe, dass sie unter Verstoß gegen das Erfordernis eines ordentlichen Wohnsitzes im Ausstel­ler­mit­gliedstaat erteilt worden sei. Die Annahme eines ordentlichen Wohnsitzes setze voraus, dass der Betroffene im Laufe eines Kalenderjahres an mindestens 185 Tagen im jeweiligen Mitgliedstaat wohne; dieser Zeitraum müsse jedoch nicht schon zum Zeitpunkt der Fahrer­laub­ni­s­er­teilung verstrichen sein. Hier ergebe sich aus der während des Gerichts­ver­fahrens aus Polen eingeholten Melde­be­schei­nigung zwar nur ein Aufenthalt von 92 Tagen; es sei aber möglich, dass die Klägerin sich länger in Polen aufgehalten habe. Somit enthalte diese Melde­be­schei­nigung keine unbestreitbaren Informationen.

Bloße Möglichkeit eines längeren Aufenthalts im EU-Mitgliedsstaat nicht ausreichend für Wohnsit­zer­for­dernis

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat das Berufungsurteil geändert. Es bedurfte keiner abschließenden Entscheidung, ob die in der EU-Führer­schein­richtlinie genannten 185 Tage bei Erteilung der Fahrerlaubnis bereits abgelaufen sein müssen, damit dem unions­recht­lichen Wohnsit­zer­for­dernis genügt ist. Hier ergab sich aus der am 9. Juni 2004 ausgestellten polnischen Melde­be­schei­nigung ein nur vorübergehender Aufenthalt der Klägerin vom 9. Juni 2004 bis zum 8. September 2004. Die bloße Möglichkeit, dass sich die Klägerin - ohne Anmeldung - auch länger in Polen aufgehalten haben könnte, genügt nicht, um die Unbestreit­barkeit der vom Ausstel­ler­mit­gliedstaat bescheinigten Aufent­haltsdauer in Frage zu stellen. Anhaltspunkte für einen längeren Aufenthalt in Polen mit den nach der EU-Führer­schein­richtlinie für die Annahme eines ordentlichen Wohnsitzes erforderlichen persönlichen/beruflichen Bindungen ließen sich dem Vortrag der Klägerin nicht entnehmen.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht/ra-online

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