Bundesverwaltungsgericht Urteil25.08.2011
Ausländische EU-Fahrerlaubnis bei Verstoß gegen Wohnsitzerfordernis oder bei noch laufender Sperrfrist automatisch ungültigBVerwG zur Anerkennung einer in Tschechien erworbenen Fahrerlaubnis nach Führerscheinentzug in der BRD
Die in einem anderen EU-Mitgliedstaat erteilte Fahrerlaubnis berechtigt dann von Anfang an nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen in Deutschland, wenn der Betroffene bei deren Erteilung seinen ordentlichen Wohnsitz ausweislich der vom Europäischen Gerichtshof geforderten Nachweise nicht im Ausstellermitgliedstaat hatte oder wenn die Fahrerlaubnis dort während einer noch laufenden deutschen Sperrfrist erteilt wurde. Diese Rechtsfolge ergibt sich unmittelbar aus § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 und 4 der Fahrerlaubnis- Verordnung (FeV); es bedarf nicht zusätzlich noch einer Einzelfallentscheidung der deutschen Fahrerlaubnisbehörde. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts hervor.
Die Kläger der zugrunde liegenden Verhandlung, denen ihre deutschen Fahrerlaubnisse vor allem wegen Trunkenheitsfahrten durch strafgerichtliche Entscheidungen teils mehrfach entzogen worden waren, erwarben Fahrerlaubnisse in der Tschechischen Republik. Die deutschen Fahrerlaubnisbehörden gingen davon aus, dass die Kläger nicht berechtigt seien, hiervon im Bundesgebiet Gebrauch zu machen; sie trugen entsprechende Sperrvermerke in die Führerscheine ein. Die dagegen gerichteten Klagen sind in den Vorinstanzen jeweils ohne Erfolg geblieben.
Wohnsitz lag bei Erlangung der Fahrerlaubnis nicht in Tschechien sondern in Deutschland
Das Bundesverwaltungsgericht hat auch die Revisionen der Kläger zurückgewiesen. Hier fehlte zwei Klägern die Berechtigung, von ihrer tschechischen Fahrerlaubnis in der Bundesrepublik Gebrauch zu machen deshalb, weil sie - entgegen den Vorgaben sowohl des deutschen als auch des Unionsrechts - ihren ordentlichen Wohnsitz bei deren Erteilung nicht in der Tschechischen Republik, sondern in Deutschland hatten; das ergab sich in einem Fall aus dem dort ausgestellten Führerschein selbst, im anderen Fall aus unbestreitbaren aus der Tschechischen Republik herrührenden Informationen (§ 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV).
Während in Deutschland noch laufender Sperrfrist erlangte Fahrerlaubnis aus Tschechien unwirksam
Im dritten Fall war dem Kläger seine tschechische Fahrerlaubnis während einer noch laufenden deutschen Sperrfrist erteilt worden (§ 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 FeV). Bereits aufgrund dieser Regelungen kam den Fahrerlaubnissen vom Zeitpunkt ihrer Erteilung an keine Wirksamkeit in der Bundesrepublik Deutschland zu. Das Erfordernis einer behördlichen Einzelfallentscheidung ergibt sich weder aus § 28 FeV selbst noch aus verfassungsrechtlichen Grundsätzen.
Auch die hier anzuwendende 2. EU-Führerscheinrichtlinie hinderte den deutschen Verordnungsgeber nicht, seine Befugnis zur Ausgestaltung des Fahrerlaubnisrechts in der Weise auszuüben, dass er - im Rahmen der vom Europäischen Gerichtshof gebilligten Ausnahmen vom unionsrechtlichen Grundsatz der Anerkennung einer ausländischen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis - die Nichtgeltung einer ausländischen Fahrerlaubnis in Deutschland durch eine abstrakt-generelle Regelung anordnet.
§ 28 Abs. 1 und 4 FeV lautet wie folgt:
Abs. 1: Inhaber einer gültigen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die ihren ordentlichen Wohnsitz … in der Bundesrepublik Deutschland haben, dürfen – vorbehaltlich der Einschränkungen nach den Absätzen 2 bis 4 – im Umfang ihrer Berechtigung Kraftfahrzeuge im Inland führen.
Abs. 4. Die Berechtigung nach Absatz i gilt nicht für Inhaber einer Eu- oder EWR Fahrerlaubnis, die
[…]
2. die ausweislich des Führerscheins oder vom Ausstellermitgliedstaat herrührender unbestreitbarer Informationen zum Zeitpunkt der Erteilung ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hatten […]
[…]
4. denen aufgrund einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung keine Fahrerlaubnis erteilt werden darf.
[…]
In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 kann die Behörde einen feststellenden Verwaltungsakt über die fehlende Berechtigung erlassen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 26.08.2011
Quelle: Bundesverwaltungsgericht/ra-online