21.11.2024
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Oberlandesgericht Schleswig-Holstein Urteil05.09.2012

Werbung für "Genussrechte" in Verkauf­sprospekt der Prokon-Unter­neh­mens­gruppe irreführendWerbeaussagen zu vermeintlicher Sicherheit und angeblicher "maximaler Flexibilität" der Geldanlage unzutreffend und somit unlautere Werbung

Der Verkauf­sprospekt der Prokon-Unter­neh­mens­gruppe enthält irreführende Werbeaussagen zur vermeintlichen Sicherheit und zur angeblichen "maximalen Flexibilität" der Geldanlage. Dies entschied das Schleswig-Holsteinische Oberlan­des­gericht und gab damit der Verbrau­cher­schutz­zentrale Hamburg Recht, die auf Unterlassung der Werbung geklagt hatte.

Im zugrunde liegenden Fall bewirbt das beklagte Unternehmen der Prokon-Unter­neh­mens­gruppe so genannte Genussrechte* als Geldanlage. Verbraucher können Werbeaussagen in dem Verkaufsprospekt so verstehen, als sei die Anlage in die Genussrechte eine ebenso sichere Geldanlage wie auf einem Sparbuch und als investiere der Erwerber von Genussrechten direkt in Windener­gie­anlagen, woraus sich eine Absicherung der Anleger durch die Anlage in Sachwerten ergebe. Das Unternehmen wirbt auch mit der "maximalen Flexibilität" der Geldanlage.

Beanstandeten Werbeaussagen dürfen nicht weiter verwendet werden

Das Schleswig-Holsteinische Oberlan­des­gericht entschied, dass die von den Verbrau­cher­schützern beanstandeten Werbeaussagen nicht weiter verwendet werden dürfen. Die Werbeaussagen sind unzutreffend und damit unlautere Werbung. Zur Begründung führte das Gericht aus, dass die Anlage des Geldes in Genussrechten keine ebenso sichere Geldanlage wie die Geldanlage bei einer Bank auf einem hergebrachten Sparbuch darstelle. Im Fall einer Insolvenz des Unternehmens hätten die Erwerber der Genussrechte keine gesetzliche Sicherung ihrer Einlagen. Für Sparguthaben bei einer Bank bestehe demgegenüber im Fall einer Bankeninsolvenz ein Anspruch auf Einla­gen­si­cherung bis zu einem Wert von 100.000 Euro pro Sparer.

Kapital wird nicht unmittelbar in Auf- und Ausbau von Windparks gesteckt

Das Kapital, das durch die Vergabe von Genussrechten eingesammelt wird, werde keineswegs unmittelbar in den Auf- und Ausbau von Windparks gesteckt. Das beklagte Unternehmen selbst besitze weder Windkraft­anlagen noch betreibe es sie. Es vergibt vielmehr Darlehen an andere Unternehmen der Prokon-Gruppe für deren Investitionen und erwirbt verzinsliche Darle­hens­rü­ck­zah­lungs­ansprüche. Die Werthaltigkeit der Darle­hens­rü­ck­zah­lungs­ansprüche nebst Verzinsung steige und falle mit der Geldwert­sta­bilität.

Aussage über Höchstmaß an Flexibilität bei Kündi­gungs­mög­lichkeit frühestens nach drei Jahren unzutreffend

Die Zusage eines Höchstmaßes an Flexibilität treffe ebenfalls nicht zu. Sie sei das Versprechen einer denkbar kurzfristigen und einfachen Möglichkeit zur Wiederauflösung der Geldanlage. Dies treffe auf die von der Beklagten ausgegebenen Genussrechte bei Weitem nicht zu. Die Kündigung der Anleihe sei grundsätzlich frühestens nach Ablauf von drei Kalenderjahren zulässig und dies nur unter eingeschränkten Voraussetzungen. Eine reguläre Kündi­gungs­mög­lichkeit bestehe erst ab fünf Kalenderjahren mit einer Kündigungsfrist von einem halben Jahr.

Erläuterungen

*Genussrechte sind eine Betei­li­gungsform an einer Gesellschaft, bei der dem Erwerber der Genussrechte meist eine vom Gewinn der Gesellschaft abhängige Vergütung zugesagt wird. Der Erwerber der Genussrechte hat kein Stimmrecht in der Gesellschaft. Bei einer Insolvenz der Gesellschaft erfolgt die Einla­gen­rü­ck­zahlung erst nach der vollständigen Befriedigung aller anderen Gläubiger der Gesellschaft. In diesem Fall besteht die Möglichkeit, dass die Einlage ganz oder teilweise nicht mehr zurückgezahlt werden kann.

Quelle: Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht/ra-online

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