15.11.2024
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Oberlandesgericht Köln Beschluss02.06.2017

Journalist macht sich mit Veröf­fent­lichung eines ungepixelten Bildes eines vermeintlichen Ebola-Patienten strafbarWeitergabe der Bilddatei ohne jegliche Verfremdung stellt massive Beein­träch­tigung des allgemeinen Persönlichkeits­rechts des Patienten dar

Das Oberlan­des­gericht Köln hat entschieden, dass sich ein Fotojournalist strafbar machen kann, wenn er Fotos eines Kranken­haus­patienten gegen dessen Willen fertigt und an eine Redaktion weitergibt, ohne auf eine Unkennt­lich­machung der Bilder hinzuwirken.

Im zugrunde liegenden Fall arbeitete ein Fotojournalist an einer Fernseh­do­ku­men­tation über Ebola. Er bemerkte im Klinikum Aachen einen dunkelhäutigen Patienten, der von Mitarbeitern des Klinikums mit Mundschutz und Handschuhen versorgt und aufgefordert wurde, von den anderen Patienten Abstand zu halten. Der Journalist schnappte außerdem u.a. das Wort "Ebola" auf. Daraufhin fertigte er ungefragt Fotos des Patienten und folgte diesem mit seinem Fotohandy ins Behand­lungs­zimmer. Obwohl der Patient erklärte, dass er keine Fotos von sich wolle, obwohl die behandelnde Ärztin den Journalisten bat, die Fotos zu löschen und obwohl die Ärztin ihm mitteilte, dass sich der Ebola-Verdachtsfall nicht bestätigt habe, konnte weder diese noch die hinzugerufene Polizei den Journalisten zum Löschen der Bilder bewegen. Vielmehr bot er die Fotos zusammen mit einer inhaltlichen Information über die Vorkommnisse im Klinikum mehreren Redaktionen an. Eine Redaktion übernahm die Fotos. Dabei wurde nicht darüber gesprochen, ob der fotografierte Patient unkenntlich zu machen sei. In der Onlineausgabe der Zeitung erschien daraufhin ein ungepixeltes Foto des Patienten mit Mundschutz und Handschuhen und der Bezeichnung als "Ebola-Verdächtiger". In der Printausgabe erschienen Bilder, bei denen der Patient teilweise unkenntlich gemacht worden war.

Verbreitung von Bildern ohne Einwilligung des Betroffenen unzulässig

Das Amtsgericht hatte den Journalisten wegen unbefugten Verbreitens eines Bildnisses zu einer Geldstrafe von 25 Tagessätzen verurteilt. Auf die Berufung der Staats­an­walt­schaft hat das Landgericht Aachen die Strafe auf 40 Tagessätze erhöht. Die Revision des Journalisten gegen seine Verurteilung blieb ohne Erfolg. Das Oberlan­des­gericht Köln bestätigte die Verurteilung wegen unbefugten Verbreitens eines Bildnisses gem. §§ 33 Abs. 1 Nr. 1, 22, 23 Kunst­ur­he­ber­gesetz (KunstUrhG). Nach dieser Vorschrift ist es strafbar, Bilder ohne Einwilligung des Betroffenen zu verbreiten. Bilder aus dem Bereich der Zeitgeschichte dürfen nur verbreitet werden, wenn dadurch kein berechtigtes Interesse des Abgebildeten verletzt wird.

Weitergabe der Bilddatei stellt strafbares Unrecht dar

Das Gericht führte aus, dass die Berich­t­er­stattung über den Umgang mit Ebola­ver­dachts­fällen zwar der Zeitgeschichte zugeordnet werden könne. Die Weitergabe der Bilddatei ohne jegliche Verfremdung bzw. Unkenntlichmachung sei aber eine massive Beein­träch­tigung des allgemeinen Persön­lich­keits­rechts des Patienten. Dieser sei in einer plakativen und zugleich entwürdigenden Weise als vermeintlich an Ebola Erkrankter dargestellt und für jedermann zu erkennen gewesen. Auch unter Berück­sich­tigung des Infor­ma­ti­o­ns­in­teresses der Öffentlichkeit an den Vorgängen im Klinikum handele es sich bei dem Vorgang um strafbares Unrecht, das nicht von der verfas­sungs­rechtlich garantierten Pressefreiheit gedeckt gewesen sei.

Journalist hätte vor Veröf­fent­lichung nachhaltig und unmiss­ver­ständlich auf Unkennt­lich­machung der abgebildeten Person hinwirken müssen

Für dieses Unrecht sei auch der Angeklagte strafrechtlich verantwortlich. Er habe bereits durch die Weitergabe des ungepixelten Bildes an die Redaktion den Straftatbestand verwirklicht. Wenn der Journalist selbst nicht in der Lage gewesen sein sollte, den Patienten auf dem Foto unkenntlich zu machen, hätte er jedenfalls nachhaltig und unmiss­ver­ständlich auf die Unkennt­lich­machung bzw. Verfremdung hinwirken müssen. Es entspreche nicht allgemeiner Handhabung, dass die Prüfung der rechtlichen Belange Betroffener im Zusammenhang mit Veröf­fent­li­chungen allein den Redaktionen obliege und ausschließlich dort stattfinde. Der Journalist sei als Veranlasser der Veröf­fent­lichung und als Anbieter der Information allein in der Lage gewesen, die Umstände der Fertigung der Fotos zu beurteilen. Nur er habe gewusst, dass der Patient dem Foto widersprochen hatte. Daher sei die Weitergabe des Fotos kein rein presseinterner Vorgang gewesen, der das Persön­lich­keitsrecht des Betroffenen nur geringfügig beeinträchtige. Straf­er­schwerend sei zu berücksichtigen, dass das Bild später unverpixelt in der Online-Ausgabe und nur unzureichend verpixelt in der Print-Ausgabe veröffentlicht worden sei.

Quelle: Oberlandesgericht Köln/ra-online

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