18.10.2024
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Sie sehen die Silhouette einer Person, welche an einer Wand mit vielen kleinen Bildern vorbeigeht.
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Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil14.05.2014

Verletzung des Persön­lich­keits­rechts durch Veröf­fent­lichung eines Fotos einer in Bikini bekleideten FrauWeitere Veröf­fent­lichung des Bildes ist von der BILD zu unterlassen

Die Veröf­fent­lichung eines Lichtbildes, welches eine mit Bikini bekleidete Frau zufällig neben einem Prominenten zeigt, verletzt das Recht am eigenen Bild sowie das geschützte allgemeine Persön­lich­keitsrecht. Die Verlegerin hat die Veröf­fent­lichung des Bildes zu unterlassen. Einen Anspruch auf Entschädigung wurde jedoch verneint. Dies hat das Oberlan­des­gericht Karlsruhe entschieden.

Im hier vorliegenden Fall wurde in der Printausgabe der BILD vom 10.05.2012 in der Rubrik „Sport“ von einem Raubüberfall auf einen bekannten Profifußballer berichtet. Unter der Überschrift „A. am Ballermann ausgeraubt“ fand sich dabei der Text: „Sonne, Strand, Strauchdiebe. Gestern sahen wir ... Star A. in pikanter Frauen-Begleitung am Ballermann... Jetzt wurde er Opfer einer Straftat...“ Bebildert war der Bericht u. a. mit einer im Ausschnitt wiedergegebenen Fotografie, die den Fußballstar an einem öffentlichen Strand vor einer Abfalltonne zeigt. Im Hintergrund ist im rechten Bildrand eine Frau zu sehen, die auf einer Strandliege liegt und mit einem lilafarbenen Bikini bekleidet ist. Diese - die Klägerin - hat beantragt, die Verleger der Bildzeitung zu verurteilen, eine erneute Veröf­fent­lichung des Bildes zu unterlassen und ihr eine angemessene Entschädigung zu bezahlen. Das Landgericht Karlsruhe hat die Klage abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin hatte teilweise Erfolg.

Durch Veröf­fent­lichung des Fotos Rechte am eigenen Bild verletzt

Durch die Veröf­fent­lichung des Fotos habe die Beklagte das Recht der Klägerin am eigenen Bild (§ 22 KUG) verletzt und zugleich in das nach § 823 Abs. 1 BGB geschützte allgemeine Persön­lich­keitsrecht der Klägerin eingegriffen. Die Klägerin sei auf dem Foto identifizierbar abgebildet. Ohne ihre Einwilligung habe sie nicht zur Schau gestellt werden dürfen. Eine Ausnahme von dem Einwil­li­gungs­er­for­dernis bestehe bei Bildnissen aus dem Bereich der Zeitgeschichte (§ 23 Nr. 1 KUG), wobei die Verbreitung des Bildnisses allerdings unzulässig sei, wenn berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt würden. Ein Ereignis von zeitge­schicht­licher Bedeutung betreffe die Berich­t­er­stattung hier nicht. Maßgeblich sei, ob ein durch ein echtes Infor­ma­ti­o­ns­be­dürfnis gerecht­fer­tigtes Interesse der Allgemeinheit an der bildlichen Darstellung gerade des Betroffenen bestehe. Auch wenn man annehme, dass die Veröf­fent­lichung einer Abbildung des Fußballprofis im Kontext des Berichts zulässig sei, sei damit noch nichts darüber gesagt, ob auch die Abbildung der Klägerin rechtmäßig sei. Da sie in keinerlei Beziehung zu dem Fußballspieler gestanden habe, lasse sich das öffentliche Interesse hiermit nicht begründen. Die Aufnahme zeige die Abgebildeten am Strand, mithin in ihrem Alltagsleben bei Tätigkeiten, die grundsätzlich dem privaten Bereich zuzurechnen seien. Ein allgemeines Interesse oder zeitge­schicht­liches Ereignis ergebe sich auch nicht aus der dem Bild beigefügten Wortbe­rich­t­er­stattung. Die Bildinschrift habe keinen Bezug zu der Klägerin. Selbst wenn man davon ausginge, dass sich der Ausnah­me­tat­bestand auch auf unbekannte Personen beziehe, die zufällig mit relativen und absoluten Personen der Zeitgeschichte abgebildet würden, wäre bei der erforderlichen Inter­es­se­n­ab­wägung dem Interesse der Klägerin am Recht am eigenen Bild gegenüber dem Infor­ma­ti­o­ns­in­teresse der Öffentlichkeit der Vorrang einzuräumen. Das Interesse der Leser an bloßer Unterhaltung habe gegenüber dem Schutz der Privatsphäre regelmäßig ein geringeres Gewicht. Das unterstellte Infor­ma­ti­o­ns­in­teresse der Öffentlichkeit an der Nachricht, dass der im Vordergrund abgebildete Fußballprofi gestern noch am Strand gewesen sei, dort vorbildlich seinen Abfall entsorgt habe und jetzt Opfer einer Straftat geworden sei, sei nicht von einem solchen Gewicht, dass dahinter der Schutz der Persönlichkeit der Klägerin zurücktreten müsse.

Recht am eigenen Bild gegenüber Infor­ma­ti­o­ns­in­teresse der Öffentlichkeit vorrangig

Die Aufnahme zeige die Klägerin im Urlaub, der selbst bei Prominenten zum regelmäßig geschützten Kernbereich der Privatsphäre gehöre. Es sei der Beklagten als Presse­un­ter­nehmen ohne weiteres möglich gewesen, die Klägerin durch Verpixelung oder Augenbalken unkenntlich zu machen. Dabei falle auch ins Gewicht, dass die Klägerin durch die Abbildung in Badebekleidung den Blicken des Publikums - hier eines Milli­o­nen­pu­blikums - in einer deutlich intensiveren Weise preisgegeben werde als in anderen Situationen. Darüber hinaus könnten Teile der Leserschaft die Veröf­fent­lichung auch zum Anlass für Spekulationen darüber nehmen, ob es sich bei der Klägerin um die in dem Artikel genannte „pikante Frauen­be­gleitung“ handele.

Ausnah­me­vor­schrift Personen nur als Beiwerk zu betrachten nicht anwendbar

Entgegen der Annahme des Landgerichts, sei die Veröf­fent­lichung auch nicht deshalb gerechtfertigt, weil nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 KUG Bilder, auf denen die Personen nur als Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen Öffentlichkeit erschienen, verbreitet und öffentlich zur Schau gestellt werden dürften. Hier gehe es aber nur um Abbildungen, bei denen die Örtlichkeit den Gehalt des Bildes präge. Auch eine entsprechende Anwendung dieser Ausnah­me­vor­schrift komme nicht in Betracht, denn damit würden Personen, die rein zufällig mit einer prominenten Person abgebildet würden, ohne diese zu begleiten, schlechter gestellt als Begleitpersonen von prominenten Personen, bei denen nach der Rechtsprechung eine alltägliche Begleit­si­tuation nicht ohne weiteres die Veröf­fent­lichung eines Begleiterfotos rechtfertige.

Verletzung des Persön­lich­keits­rechts rechtsfertigt keine Geldent­schä­digung

Die Verletzung des Persön­lich­keits­rechts der Klägerin rechtfertige jedoch nicht die Zahlung einer Geldent­schä­digung. Regelmäßig werde ein solcher Anspruch nur dann gewährt, wenn über die Persönlichkeit an ihrer Basis verfügt werde, also etwa bei schweren Eingriffen in die Intim- und Privatsphäre oder bei unwahren Behauptungen von besonderem Gewicht für die Persönlichkeit oder bei gewichtiger Diffamierung in der Öffentlichkeit. Ein solch schwerwiegender Eingriff liege hier nicht vor. Das Foto sei am Strand aufgenommen worden und die Klägerin situa­ti­o­ns­a­däquat gekleidet. Die Abbildung sei weder als anstößig noch als obszön zu beurteilen. Der Senat hat die Revision zugelassen.

Erläuterungen
§ 22 KUG [Recht am eigenen Bilde]: Bildnisse dürfen nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden...

§ 23 KUG [Ausnahmen zu § 22]: (1)Ohne die nach § 22 erforderliche Einwilligung dürfen verbreitet und zur Schau gestellt werden:

1. Bildnisse aus dem Bereiche der Zeitgeschichte;

2. Bilder auf denen die Personen nur als Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit erscheinen;...

§ 823 BGB Schaden­s­er­satz­pflicht. (1) Wer Vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem Anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

§ 1004 BGB Beseitigungs- und Unter­las­sungs­an­spruch. (1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beein­träch­tigung verlangen. Sind weitere Beein­träch­ti­gungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

Quelle: Oberlandesgericht Karlsruhe/ ra-online

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