Dokument-Nr. 32735
Permalink https://urteile.news/
- Amtsgericht Böblingen, Beschluss05.01.2023, 8 Cs 100 Js 9019/22
Landgericht Stuttgart Beschluss13.02.2023
Fotografieren einer vollständig bekleideten Frau im Vorraum einer öffentlichen Damentoilette ist nicht strafbarKeine Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs
Das Fotografieren einer vollständig bekleideten Frau im Vorraum einer öffentlichen Damentoilette ist nicht nach § 201 a Abs. 1 Nr. 1 StGB strafbar. Es fehlt insofern an einer Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs. Dies hat das Landgericht Stuttgart entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: An einem Nachmittag im Januar 2022 begab sich ein Mann in dem Vorraum einer Damentoilette eines Einkaufzentrums in Böblingen und fotografierte dort ein 15-jähriges Mädchen mit seinem Handy. Das Mädchen wusch zu dem Zeitpunkt gerade ihre Hände und war vollständig bekleidet. Die Staatsanwaltschaft beantragte aufgrund des Vorfalls den Erlass eines Strafbefehls. Es sah in dem Vorfall eine Strafbarkeit nach § 201 a Abs. 1 Nr. 1 StGB. Das Amtsgericht Böblingen lehnte den Antrag der Staatsanwaltschaft ab. Dagegen richtete sich deren sofortige Beschwerde.
Keine Strafbarkeit wegen Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs
Das Landgericht Stuttgart bestätigte die Entscheidung des Amtsgerichts. Eine Strafbarkeit nach § 201 a Abs. 1 Nr. 1 StGB sei nicht gegeben. Es fehle an der Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs der Geschädigten. Die Fotografie einer vollständig bekleideten Person sei nicht als Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs der abgebildeten Person anzusehen. Der Gesetzgeber habe in erster Linie den Schutz einer zumindest teilweise entkleideten Person im Blick. Die Geschädigte war hier aber vollständig einschließlich geschlossenen Anorak bekleidet und trug eine Mund-Nasen-Bedeckung.
Nicht strafbare Verletzung der Privatsphäre
Nach Auffassung des Landgerichts sei hier das von der Intimsphäre abzugrenzende Recht auf Achtung der Privatsphäre betroffen. Eine Verletzung der Privatsphäre sei zwar rechtswidrig und zivilrechtlich verfolgbar, sie sei aber nicht nach § 201 a Abs. 1 Nr. 1 StGB strafbar.
Keine Strafbarkeit wegen Urheberrechtsverletzung
Die Tat sei auch nicht nach § 33 KUG strafbar, so das Landgericht. Es fehle insofern an ein "Verbreiten" oder "öffentlich zur Schau stellen" des Fotos.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 23.03.2023
Quelle: Landgericht Stuttgart, ra-online (vt/rb)
Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.
Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Beschluss32735
Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.