Dem Fall lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Die Klägerin machte gegenüber den Beklagten Schadenersatzansprüche und den Ersatz von Abmahnkosten geltend. Der 13-jährige Sohn der Beklagten machte über den Internetzugang der Beklagten Audiodateien zum kostenlosen Download in einer Tauschbörse öffentlich zugänglich. Das Landgericht Köln gab der Klage statt. Dagegen richtete sich die Berufung der Beklagten. Sie waren der Meinung, ihnen sei eine Verletzung von Aufsichtspflichten nicht vorzuwerfen. Sie hätten sowohl eine Firewall als auch ein Securityprogramm installiert, das - seinerseits gesichert durch ein Passwort - bezüglich der Installation weiterer Programme auf "keine Zulassung" gestellt war. Weiterhin soll eine monatliche Überprüfung des PCs des Sohns stattgefunden haben. Zudem bemängelten sie die Berechnung der Schadenshöhe.
Das Oberlandesgericht Köln entschied zu Gunsten der Klägerin. Dieser stehen die Schadenersatzansprüche gemäß § 832 Abs. 1 BGB zu. Den Beklagten sei der Vorwurf der Aufsichtspflichtverletzung zu machen. Sie haben deswegen den durch die Verletzungshandlung ihres Sohnes entstandenen Schaden zu ersetzen.
Die gesetzlichen Aufsichtspflichten dienen unter anderem dazu, zu verhindern, dass der Minderjährige in altersbedingter Unachtsamkeit oder Unreife in Rechte Dritter eingreife, die auch ein Volljähriger nicht verletzen dürfe. Das Maß der gebotenen Aufsicht und Kontrolle richte sich dabei nach dem Alter sowie der Eigenart und dem Charakter des betreffenden Kindes und auch danach, was den Eltern in ihren jeweiligen Verhältnissen zugemutet werden könne. Nach Ansicht des Oberlandesgerichts seien an die Aufsichtspflicht der Eltern aber nicht dieselben strengen Maßstäbe anzuwenden, wie bei der Störerhaftung, die regelmäßig die Verletzung von Prüfpflichten voraussetze (vgl. BGH, Urt. v. 12.05.2010 - I ZR 121/08 = GRUR 2010, 633). Im vorliegenden Fall haben die eingehaltenen Aufsichtsmaßnahmen den zu stellenden Anforderungen nicht genügt.
Nach Auffassung des Oberlandesgerichts bestehen erhebliche Zweifel daran, dass die Aufsichtsmaßnahmen hinreichend umgesetzt wurden. So konnte der Sohn unter Umgehung der Sicherungsmaßnahmen die Filesharing-Programme auf dem PC installieren. Demnach könne die Schutzmaßnahme nicht sachgerecht aufgespielt gewesen sein. Des Weiteren sei die monatliche Kontrolle des Internetverlaufs nicht ausreichend, denn zum einen können einzelne aufgerufene Seiten aus dem Verlauf wieder herausgelöscht werden. Zum anderen könne die Kontrolle des Verlaufs höchstens zutage fördern, dass zum Download der Tauschbörsenprogramme bestimmte Internetseiten aufgesucht worden waren. Die spätere Teilnahme am Filesharing ließe sich dadurch nicht erkennen, da sie nicht über den Browser, sondern über die jeweils installierte Software erfolgte. Die Installation der Programme hätte aber durch eine Kontrolle des Desktops oder der Softwareliste in der Windows-Systemsteuerung auffallen müssen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 15.11.2012
Quelle: Oberlandesgericht Köln, ra-online (vt/rb)