Dokument-Nr. 20570
Permalink https://urteile.news/
- MDR 2015, 99Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2015, Seite: 99
- NJW 2015, 416Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2015, Seite: 416
- Amtsgericht Waldbröl, Beschluss11.03.2013, 12 F 307/12
Oberlandesgericht Köln Beschluss02.12.2014
Beharrliche Weigerung der Eltern schulpflichtige Kinder in die Schule zu schicken rechtfertigt teilweise Entziehung der elterlichen SorgeMissachtung der Schulpflicht begründet Kindeswohlgefährdung
Weigern sich die Eltern beharrlich ihre schulpflichtigen Kinder in die Schule zu schicken, rechtfertigt dies die teilweise Entziehung der elterlichen Sorge. Denn durch die Missachtung der Schulpflicht wird das Wohl der Kinder nachhaltig gefährdet. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln hervor.
In dem zugrunde liegenden Fall weigerten sich die Eltern mehrerer schulpflichtiger Kinder diese in die Schule zu schicken. Das Amtsgericht Waldbröl hatte daraufhin im März 2013 den Eltern das Aufenthaltsbestimmungsrecht sowie das Recht zur Regelung von schulischen Angelegenheiten für die betroffenen Kinder entzogen und eine Ergänzungspflegschaft angeordnet. Es führte zur Begründung aus, dass die beharrliche Missachtung der Schulpflicht einen Missbrauch der elterlichen Sorge darstellt. Dadurch sei das Wohl der Kinder nachhaltig gefährdet worden. Gegen den Beschluss des Amtsgerichts legten die Eltern Beschwerde ein.
Entziehung eines Teils der elterlichen Sorge war gerechtfertigt
Das Oberlandesgericht Köln hielt die Entziehung von Teilen der elterlichen Sorge für gerechtfertigt. Es sei nicht zu beanstanden, die Missachtung der Schulpflicht als Missbrauch der elterlichen Sorge und als nachhaltige Gefährdung des Kindeswohls einzustufen. Es sei zu beachten, dass mit dem Schulbesuch erhebliche Vorteile für das künftige Leben der Kinder verbunden sind. So erlernen die Kinder bestimmte soziale Kompetenzen und erwerben formale Bildungsabschlüsse, die für die Ergreifung bestimmter Berufe notwendig sind. Daher könne die Verweigerung des Schulbesuchs zu einer Verkürzung von Lebenschancen führen.
Zwischenzeitlicher Schulbesuch der Kinder beseitigte Kindeswohlgefährdung
Im Laufe des Beschwerdeverfahrens gaben die Eltern ihre Abneigung gegen einen Schulbesuch jedoch auf und schickten ihre schulpflichtigen Kinder in die Schule. Das Oberlandesgericht konnte daher keine Kindeswohlgefährdung mehr erkennen und hob den Entzug von Teilen der elterlichen Sorge wieder auf.
Allgemeine Erwägungen zu einer Auswanderung unbeachtlich
Soweit die Eltern in Erwägung zogen auszuwandern, um sich und ihre Kinder der in Deutschland geltenden Schulpflicht zu entziehen, hielt das Oberlandesgericht dies für unbeachtlich. Denn insofern seien die Auswanderungspläne zu ungewiss gewesen. Zudem sah es das Gericht als völlig offen, ob die Familie ihr Eigenheim und ihre gesicherte soziale sowie wirtschaftliche Position in Deutschland aufgeben würden, nur um ihre Kinder dem Schulbesuch zu entziehen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 04.02.2015
Quelle: Oberlandesgericht Köln, ra-online (vt/rb)
Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.
Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Beschluss20570
Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.