03.12.2024
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Oberlandesgericht Bamberg Beschluss22.11.2021

Schul­ver­wei­gerung begründet nicht zwingend Kindes­wohl­gefährdungBestmögliche Förderung des Kindes und Einhaltung der Schulpflicht kein Grund für gerichtliches Einschreiten

Weigern sich die Eltern ihr Kind in die Schule zu schicken, so begründet dies nicht zwingend eine Kindes­wohl­gefährdung. Die bestmögliche Förderung des Kindes sowie die Einhaltung der Schulpflicht ist kein Grund für ein gerichtliches Eingreifen gemäß § 1666 BGB. Dies hat das Oberlan­des­gericht Bamberg entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Weil die in Bayern wohnhaften Eltern sich weigerten ab dem Jahr 2017 ihr zu dem Zeitpunkt etwa 8 Jahre altes schul­pflichtiges Kind in die Schule zu schicken, schaltete das Jugendamt das zuständige Familiengericht ein. Dies sah in der Schulverweigerung eine Kindeswohlgefährdung und machte den Eltern daher im Jahr 2020 Auflagen, die dafür sorgen sollten, dass das Kind wieder zur Schule geht. Dagegen richtete sich die Beschwerde der Eltern. Sie führten an, dass das Kind Heimunterricht in den Grund­la­gen­fächern genieße. Zudem verfüge es über einen Freundeskreis und sei in einem Sportverein und der Jugendfeuerwehr tätig. Von einer Kindes­wohl­ge­fährdung sei daher nicht auszugehen.

Keine automatische Kindes­wohl­ge­fährdung bei Schul­ver­wei­gerung

Das Oberlan­des­gericht Bamberg entschied zu Gunsten der Eltern. Zwar könne es einen Missbrauch der elterlichen Sorge darstellen, der das Wohl des Kindes nachhaltig gefährde und Maßnahmen des Famili­en­ge­richts nach § 1666 BGB rechtfertige, wenn Eltern sich beharrlich weigern, ihre Kinder in die Schule zu schicken. Eine Schul­ver­wei­gerung begründe aber nicht automatisch eine Kindes­wohl­ge­fährdung. Es komme vielmehr auf den Einzelfall an. Durch die Schul­ver­wei­gerung müsse eine gegenwärtige oder unmittelbar bevorstehende, erhebliche Schädigung des körperlichen, geistigen oder seelischen Wohls des Kindes vorliegen. Dies könne hier, insbesondere nach Anhörung des nunmehr 12-jährigen Kindes, nicht festgestellt werden.

Keine Gefährdung der Persön­lich­keits­ent­wicklung des Kindes

Das Kind sei nach Eindruck des Oberlan­des­ge­richts nicht sozial isoliert und zeige kein auffälliges Verhalten. Die Persön­lich­keits­ent­wicklung des Kindes sei im Hinblick auf eine spätere selbstbestimmte Lebensführung als Mitglied der Gesellschaft durch den Heimunterricht und den sozialen Kontakten in einem Umfang gewährleistet, welche ein gerichtliches Einschreiten nach § 1666 BGB nicht zulasse.

Bestmögliche Förderung des Kindes und Einhaltung der Schulpflicht kein Grund für gerichtliches Einschreiten

Nach Ansicht des Oberlan­des­gericht könne ein gerichtliches Einschreiten gemäß § 1666 BGB nicht damit begründet werden, dass das Kind bestmöglich gefördert werden soll. Auch für die Einhaltung der Schulpflicht zu sorgen sei nicht Aufgabe des Famili­en­ge­richts. Vielmehr seien dafür die Schulbehörden zuständig.

Quelle: Oberlandesgericht Bamberg, ra-online (vt/rb)

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