21.11.2024
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Oberlandesgericht Hamm Hinweisverfügung22.12.2016

Kein Anspruch auf Schadensersatz für Verletzung während Zweikampf beim FrauenfußballHöchst­rich­terliche Haftungsregeln bei sportlichen Wettkämpfen finden auch bei Frauenfußball Anwendung

Verletzt sich eine Spielerin beim Frauenfußball im Rahmen eines im Kampf um den Ball geführten, üblichen Zweikampfs, stehen ihr keine Schaden­ersatz­ansprüche gegen die andere am Zweikampf beteiligte Spielerin zu. Es gelten die höchst­rich­ter­lichen Haftungsregeln bei sportlichen Wettkämpfen mit erheblichem Gefah­ren­po­tential, die auch im Männerfußball Anwendung finden. Ausgehend hiervon hat das Oberlan­des­ge­richts Hamm mit Hinweis­be­schluss der Berufung einer klagenden Spielerin gegen das erstin­sta­nzliche Urteil des Landgerichts Essen keine Erfolgs­aus­sichten beigemessen. Die klagende Spielerin hat die Berufung daraufhin zurückgenommen.

Die am zugrunde liegenden Rechtsstreit beteiligten Spielerinnen aus Gelsenkirchen trafen in einem im Juni 2015 in der Glückauf-Kampfbahn ausgetragenen Bezirks­li­gaf­rau­en­fuß­ba­llspiel zweier Gelsenkirchener Sportvereine aufeinander. An dem Spiel nahmen die Klägerin als Mittel­feld­spielerin des einen und die Beklagte als Torhüterin des gegnerischen Vereins teil. Wenige Minuten nach Spielbeginn gab die Klägerin im gegnerischen 16-m Raum einen Torschuss ab und wurde unmittelbar darauf durch einen Tritt der Beklagten am rechten Unterschenkel verletzt. Die Klägerin schied verletzt aus dem Spiel aus, welches der Schiedsrichter - ohne auf Foulspiel der Beklagten zu erkennen - fortsetzen ließ. Durch den Vorfall zog sich die Klägerin eine Unter­schen­kel­fraktur zu, die notfallmäßig operiert werden musste. Komplikationen im weiteren Heilungsverlauf machten weitere Operationen erforderlich. Nach Darstellung der Klägerin bildete sich bei ihr aufgrund der Verletzung ein Kompart­ment­syndrom aus, das eine traumatische Nerven­ver­letzung zur Folge hatte, so dass sie noch heute sichtbar gehbehindert ist.

Klägerin verlangt Schmerzensgeld in Höhe von 50.000 Euro

Mit der Begründung, die Beklagte habe sie, die Klägerin, absichtlich mit gestrecktem Bein gefoult, nachdem sie einen aus dem Mittelfeld heraus geflankten Ball ins Tor geschossen hatte, verlangte die Klägerin von der Beklagten Schadensersatz, unter anderem ein Schmerzensgeld von 50.000 Euro. Die Beklagte bestritt ein absichtliches Foulspiel. Im Kampf um den Ball sei sie, einen Sekun­den­bruchteil nachdem die Klägerin den Ball habe ins Tor spitzeln können, mit der Klägerin zusam­men­ge­stoßen. Den Zusammenstoß habe sie nicht mehr verhindern können, weil sie und die Klägerin mit hoher Geschwindigkeit auf dem Ball zugelaufen seien.

Vorsätzliche oder grob fahrlässige Regelwidrigkeit nicht ersichtlich

Das Landgericht Essen hat die Parteien angehört, den Schiedsrichter, Zuschauer sowie Spielerinnen beider Mannschaften als Zeugen vernommen. Mit dem angefochtenen Urteil wies es die Klage ab. Die Klägerin habe sich die Verletzung bei einem sportlichen Wettkampf mit beachtlichem Gefah­ren­po­tenzial zugezogen. Bei diesem bestehe typischerweise auch bei Einhaltung der Regeln oder bei geringfügigen Regel­ver­let­zungen die Gefahr gegenseitiger Schädigung. Daher sei davon auszugehen, dass jeder Teilnehmer Verletzungen, auch mit schwersten Folgen, in Kauf nehme, die bei einer regelkonformen Ausübung der Sportart nicht zu vermeiden seien. Eine Haftung komme deswegen nach höchst­rich­ter­licher Rechtsprechung nur bei vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Regelwidrigkeit und beim Überschreiten der Grenze zwischen noch gerecht­fer­tigter Härte und unfairem Regelverstoß in Betracht. Einen derartigen Regelverstoß der Beklagten habe die Klägerin in Bezug auf die von ihr erlittene Verletzung nicht beweisen können.

Verletzung erfolgte während eines bei Fußballspielen üblichen Zweikampfs

Die gegen das landge­richtliche Urteil eingelegte Berufung der Klägerin blieb erfolglos. Das Oberlan­des­gericht Hamm bestätigte den der höchst­rich­ter­lichen Rechtsprechung entsprechenden - und auch im Männerfußball anzuwendenden - rechtlichen Bewer­tungs­maßstab des Landgerichts. Es gebe auch keinen Grund, die Beweiswürdigung des Landgerichts zu beanstanden, so das Oberlan­des­gericht. Den Zeugenaussagen sei zu entnehmen, dass die Klägerin anlässlich eines bei Fußballspielen üblichen Zweikampfs um den Ball verletzt worden sei. Keine Aussage lasse den Schluss zu, dass es der Beklagten in der Spielsituation allein darum gegangen sei, die Klägerin für ihren Torschuss regelwidrig zu bestrafen.

Nach dem vom Oberlan­des­gericht erlassenen Hinweis­be­schluss hat die Klägerin ihre Berufung zurückgenommen.

Quelle: Oberlandesgericht Hamm/ra-online

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