21.11.2024
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Oberlandesgericht Koblenz Urteil10.09.2015

Fußballspieler steht nur bei unfairem Verhalten des Gegners Anspruch auf Schadensersatz für Verletzungen zuKörperliche Einwirkung auf den Gegner im Kampf um den Ball unvermeidlich

Führt der Regelverstoß eines Fußballspielers zu einer Verletzung des Gegners, löst dies keine Schadens­ersatz­pflicht aus, wenn die durch den Spielzweck gebotene Härte im Kampf um den Ball die Grenze zur Unfairness nicht überschreitet. Dies entschied das Oberlan­des­gericht Koblenz und bestätigte damit ein Urteil des Landgerichts Trier, das die Klage des bei einer solchen Aktion verletzten Spielers auf Zahlung von Schadensersatz und Schmerzensgeld abgewiesen hatte.

In dem der Entscheidung zu Grunde liegenden Fall hatten der Kläger und der Beklagte an einem Freund­schaftsspiel der Alten Herren als Spieler der Gastmannschaft bzw. des Heimvereins teilgenommen. Gegen Ende der ersten Halbzeit schoss der Kläger auf das gegnerische Tor. Den von dem Torwart zunächst abgewehrten Ball versuchte er sodann in das Tor zu köpfen und bewegte dazu seinen Kopf in Richtung Ball. Zeitgleich wollte der Beklagte, der sich in Richtung Tor gesehen rechts vom Kläger befand, den Ball aus der Gefahrenzone befördern. Dazu trat er mit dem rechten Fuß nach dem Ball. Hierbei traf er den Kläger in der rechten Gesichtshälfte; dieser erlitt unter anderem Frakturen an Nase, Jochbein und Augenhöhle sowie eine dauerhaft verbleibende Einschränkung des Gesichtsfeldes.

Beteiligte werfen sich gegenseitig begangene Regelverstöße vor

Die Einzelheiten des Vorfalls sind zwischen den Parteien umstritten. Sie werfen sich wechselseitig begangene Verstöße gegen die Fußball-Regeln des DFB vor. Der Kläger legte dem Beklagten ein grob regelwidriges und rücksichtsloses Foul zur Last, weil er mit gestrecktem "hohen" Bein gespielt und "voll durchgezogen" habe; der Beklagte hielt dem Kläger einen "zu tiefen Kopf" vor, was sich als unsportliches Verhalten darstelle.

Rücksichtslose oder brutale Spielweise des Beklagten nicht nachweisbar

Das Landgericht wies die Klage ab. Es ging zwar davon aus, dass der Beklagte gegen die Regel 12 des DFB verstoßen hatte, weil er seinen Fuß "nach oben gezogen" und den Kläger dadurch im Gesicht verletzt hatte. Allerdings vermochte das Gericht nach der Vernehmung von Zeugen nicht festzustellen, dass eine rücksichtslose oder brutale Spielweise des Beklagten zu den Verletzungen beim Kläger geführt hatte.

OLG weist Berufung des Klägers zurück

Das Oberlan­des­gericht Koblenz wies die Berufung des Klägers gegen dieses Urteil zurück. Der auf Schadensersatz und Schmerzensgeld in Anspruch genommene Beklagte haftet nach Auffassung des Gerichts für Verletzungen beim Fußballsport nicht, wenn der von ihm begangene Regelverstoß noch im Grenzbereich zwischen der einem solchen Kampfspiel eigenen gebotenen Härte und der unzulässigen Unfairness liegt.

Durch den Spielzweck gebotene Härte im Kampf um den Ball darf Grenze zur Unfairness nicht überschreiten

Beim Fußballspiel kommt es nämlich darauf an, im Kampf um den Ball schneller als der Gegner zu sein. Die Hektik, Schnelligkeit und Eigenart des Spiels zwingen den Spieler oft, im Bruchteil einer Sekunde Chancen abzuwägen, Risiken einzugehen und Entscheidungen zu treffen; dabei ist die körperliche Einwirkung auf den Gegner im Kampf um den Ball unvermeidlich. Kommt es dabei zu Verletzungen des Gegners, ist ein Schuldvorwurf nicht berechtigt, solange die durch den Spielzweck gebotene Härte im Kampf um den Ball die Grenze zur Unfairness nicht überschreitet. Das gilt nach Auffassung des Gerichts auch dann, wenn der Schädiger zwar gegen eine dem Schutz seines Gegenspielers dienende Regel verstoßen hat, dies aber aus Spieleifer, Unüberlegtheit, technischem Versagen, Übermüdung oder aus ähnlichen Gründen geschehen ist.

Überschreitung der Grenze zur Unfairness nicht nachweisbar

Im vorliegenden Fall konnte der Kläger nicht beweisen, dass der Beklagte bei seiner Fußbewegung in Richtung des Oberkörpers des Klägers "voll durchgezogen" und schwere Verletzungen des Klägers zumindest billigend in Kauf genommen und damit die Grenze zur Unfairness überschritten hatte. Vielmehr war die Behauptung des Beklagten, wonach er versucht hatte, den Ball zu erreichen, nicht zu widerlegen. Möglich erschien insbesondere, dass der Kläger bei dem Versuch, den Ball zu erreichen, aufgrund überlegener Schnelligkeit und größeren Geschicks den Bruchteil einer Sekunde schneller am Ball war als der Beklagte, mit der Folge, dass dieser nicht den Ball, sondern den Kläger unglücklich am Kopf getroffen hatte.

Quelle: Oberlandesgericht Koblenz/ra-online

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