Oberlandesgericht Hamm Beschluss16.06.2014
Vorzeitige Scheidung ohne Trennungsjahr aufgrund Schwangerschaft der Ehefrau aus ehebrecherischem Verhältnis gerechtfertigtVaterschaft des Ehemanns aufgrund bestehender Ehe rechtfertigt Annahme eines Härtefalls
Ist eine Ehefrau aus einem ehebrecherischen Verhältnis schwanger geworden, so rechtfertigt dies gemäß § 1565 Abs. 2 BGB die Scheidung noch vor Ablauf des ersten Trennungsjahrs. Allein der Umstand, dass der Ehemann bei bestehender Ehe gemäß § 1592 Nr. 1 BGB rechtlich Vater des Kindes wird, rechtfertigt die Annahme eines Härtefalls. Dies hat das Oberlandesgericht Hamm entschieden.
In dem zugrunde liegenden Fall wollte sich ein Ehepaar noch vor Ablauf des ersten Trennungsjahrs scheiden lassen, da die Ehefrau aufgrund eines außerehelichen Geschlechtsverkehrs schwanger geworden ist.
Amtsgericht wies Scheidungsantrag zurück
Das Amtsgericht Coesfeld verneinte jedoch das Vorliegen eines Härtefalls und wies den Scheidungsantrag des Ehemanns daher zurück. Das Gericht vertrat die Ansicht, dass der Ehemann einen normalen Scheidungsantrag nach Ablauf des ersten Trennungsjahrs stellen könne. Die mögliche Vaterschaft des Ehemanns zu dem Kind könne nach § 1599 Abs. 2 BGB verhindert werden. Danach werde der Ehemann nicht Vater des Kindes, wenn das Kind nach Anhängigkeit eines Scheidungsantrags geboren wird und ein Dritter spätestens bis zum Ablauf eines Jahres nach Rechtskraft des dem Scheidungsantrag stattgebenden Beschlusses die Vaterschaft anerkennt. Gegen diese Entscheidung legte der Ehemann Beschwerde ein.
Oberlandesgericht hält vorzeitige Scheidung für zulässig
Das Oberlandesgericht Hamm entschied zu Gunsten des Ehemanns und hob daher die Entscheidung des Amtsgerichts auf. Die Schwangerschaft aus einem ehebrecherischen Verhältnis stelle einen Härtegrund für eine vorzeitige Scheidung gemäß § 1565 Abs. 2 BGB dar. Es sei zudem zu berücksichtigen, dass beide Ehegatten übereinstimmend vom Vorliegen eines Härtefalls ausgehen.
Vaterschaft aufgrund bestehender Ehe begründet Härtescheidung
Ein Scheidungsantrag nach Ablauf des Trennungsjahrs berge für den Ehemann das Risiko, so das Oberlandesgericht, dass er Vater des Kindes werde. Im Fall des § 1599 Abs. 2 BGB sei er darauf angewiesen, dass ein Dritter im vorgegebenen Zeitrahmen die Vaterschaft anerkenne. Im Verweigerungsfall müsse der Ehemann seine Vaterschaft anfechten. Darauf wäre er im Falle einer rechtzeitigen Härtescheidung nicht angewiesen. Allein dies rechtfertige die Zulassung einer Härtescheidung.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 01.09.2017
Quelle: Oberlandesgericht Hamm, ra-online (vt/rb)