21.11.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.
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Oberlandesgericht Hamm Urteil17.01.2017

Krankenhaus haftet für Verletzungen einer dementen Patientin nach Sprung aus dem FensterPflichtwidriges Unterlassen von Maßnahmen zur Sicherung der Fenster stellt Verstoß gegen Fürsorge- und Verkehrs­sicherungs­pflichten dar

Ein Krankenhaus kann gegenüber einer dementen Patientin zum Ersatz des Schadens verpflichtet sein, den die Patientin erleidet, weil sie aus dem ungesicherten Fenster ihres Krankenzimmers entweichen will und dabei in die Tiefe stürzt. Dies entschied das Oberlan­des­ge­richts Hamm und änderte damit das erstin­sta­nzliche Urteil des Landgerichts Arnsberg ab.

Dem Verfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die klagende Kranken­ver­si­cherung aus Köln verlangt von der beklagten Trägerin eines Krankenhauses in Winterberg die Erstattung von Kosten, die die Klägerin für eine im August 1929 geborene und im März 2011 verstorbene Patientin aufgewandt hat. Die demente Patientin wurde im Januar 2011 aufgrund eines Schwächeanfalls stationär in das Krankenhaus der Beklagten eingewiesen. Am Aufnahmetag gab sie sich unruhig, aggressiv, verwirrt und desorientiert. Sie zeigte Weglauf­ten­denzen und wollte die Station verlassen. Mit verabreichten Neuroleptika konnte die Patientin nicht ruhig gestellt werden. Um sie am Weglaufen zu hindern, verstellten Kranken­schwestern der Beklagten deswegen unter anderem die Tür des Krankenzimmers der Patientin von außen mit einem Krankenbett. Am späten Abend des dritten Behand­lungstages kletterte die Patientin unbemerkt aus dem Zimmerfenster und stürzte auf ein ca. fünf Meter tiefer liegendes Vordach. Sie erlitt erhebliche Verletzungen, unter anderem Rippenfrakturen, zudem eine Lendenwirbel-, eine Oberschenkel- und eine Becken­ring­fraktur. Die Verletzungen wurden in einer anderen Klinik operativ versorgt. Von dort aus kam die Patientin in ein Pflegeheim, in dem sie später verstarb. Für die unfallbedingte Heilbehandlung und ein Kranken­haus­ta­gegeld wandte die Klägerin ca. 93.300 Euro auf, die sie von der Beklagten unter Hinweis auf - nach Ansicht der Klägerin - unzureichende Siche­rungs­maß­nahmen ersetzt verlangte.

Krankenkasse rügt Verstoß gegen vertragliche Fürsorge- und ihr obliegende Verkehrs­si­che­rungs­pflichten

Die Klage war in zweiter Instanz erfolgreich. Das Oberlan­des­ge­richts Hamm sprach der Klägerin den geltend gemachten Schadensersatz aufgrund übergegangener Schaden­s­er­satz­ansprüche der Patientin zu. Die Beklagte habe, so das Gericht, gegen ihre vertraglichen Fürsor­ge­pflichten und gegen die ihr obliegende Verkehrssicherungspflicht verstoßen. Sie habe die Patientin im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren, soweit der körperliche und geistige Zustand der Patientin dies erfordert habe, vor Schäden und Gefahren schützen müssen. Dieser Verpflichtung sei die Beklagte nicht gerecht geworden. Ausweislich der Dokumentation der Beklagten sei das Verhalten der Patientin auch am Unfalltage unberechenbar gewesen, u.a. habe sie auch an dem Tage aus dem Zimmer flüchten wollen.

Krankenhaus hätte Fluchtversuch durch Kranken­zim­mer­fenster in Betracht ziehen müssen

Der vom Gericht angehörte medizinische Sachverständige habe ebenfalls bestätigt, dass Patienten mit einem derartigen Krankheitsbild praktisch alles machen würden und in ihrem Verhalten unberechenbar seien. Bei dieser Ausgangslage habe das Personal der Beklagten auch ein Fluchtversuch durch das Fenster des Krankenzimmers in Betracht ziehen müssen. Dieses Fenster sei für die Patientin über einen der davor stehenden Tisch und ein Stuhl zu erreichen und über einen nicht verschließbaren Fenstergriff zu öffnen gewesen. Die Beklagte habe das Öffnen dieses Fensters durch die Patientin verhindern oder diese in ein ebenerdig gelegenes Krankenzimmer verlegen müssen. Die notwendigen Vorkehrungen gegen ein Hinaussteigen der Patientin aus dem Fenster des Krankenzimmers seien der Beklagten möglich und zumutbar gewesen. Das pflichtwidrige Unterlassen dieser Maßnahme begründe ihre Haftung.

Quelle: Oberlandesgericht Hamm/ra-online

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