Dokument-Nr. 9060
Permalink https://urteile.news/
Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Urteil06.06.2003
OLG Schleswig: Krankenhaus haftet nicht immer für Herausfallen aus dem BettHerausfallen aus dem Bett stellt Teil des allgemeinen Lebensrisikos dar
Fällt ein älterer Menschen nachts im Krankenhaus aus dem Bett und verletzt sich dabei, haftet der Krankenhausträger nur dann, wenn das Pflegepersonal seine Aufsichtspflichten verletzt hat. Ältere Menschen können aber dem Krankenhaus nach einem Sturz aus dem Bett nicht den Vorwurf machen, dass sie nicht speziell im Bett fixiert oder entsprechend medikamentös behandelt wurden, um nicht aus dem Bett zu fallen. Dies entschied das Oberlandesgericht (OLG) Schleswig.
In dem zugrunde liegenden Fall war ein 82-jähriger Patient mit starken Rückenschmerzen in ein Krankenhaus eingeliefert worden. Der zu 70 Prozent schwerbehinderte Mann behauptete, nach der Einlieferung in das Krankenhaus nachts aus dem Bett gefallen zu sein. Dadurch sei sein zuvor sanierter Zahnapparat beschädigt worden, ferner habe er mehrere Rippenfrakturen sowie eine Gehirnerschütterung erlitten.
Verschulden des Krankenhauses nicht zu erkennen – Nachtschwester kontrollierte Zimmer regelmäßig
Bei der gerichtlichen Beweisaufnahme stellte sich jedoch heraus, dass die Nachtschwester insgesamt drei Mal das Zimmer des Patienten aufgesucht hatte und diesen dabei jeweils friedlich im Bett schlafend angetroffen hatte. Selbst bei einem vierten Kontrollgang gegen 5.30 Uhr lag der Patient im Bett. Deshalb vermochten die Schleswiger Richter kein Verschulden des Krankenhauses zu erkennen und wiesen die Schadensersatzklage des älteren Bürgers ab.
Allgemeines Lebensrisiko
Dass jemand nachts aus dem Bett fällt, kann grundsätzlich auch allgemeines Lebensrisiko sein, das von einem Krankenhausträger mit dem angestellten Personal nicht voll beherrschbar ist, so die Begründung des Gerichts.
Präventive Anordnung von Sicherungsmaßnahmen ohne Einwilligung nicht zulässig
Eine körperliche Fixierung durch ein Bettgitter oder eine präventive Anordnung von Medikamenten als Sicherungsmaßnahme darf nicht ohne Einwilligung des Patienten geschehen. Da eine körperliche Bewegungs- und Entschließungsfreiheit verfassungsrechtlich geschützt ist, sind entsprechende Sicherungsmaßnahmen nur dann zulässig, wenn sie zum Wohl des Patienten erforderlich sind und nicht durch andere pflegerische Maßnahmen verhindert werden können.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 19.01.2010
Quelle: ra-online, OLG Schleswig
Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.
Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil9060
Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.