18.10.2024
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Oberlandesgericht Frankfurt am Main Urteil29.10.2013

Pflege­be­dürftiger Erblasser: Verweigerung der Pflege rechtfertigt keine Pflicht­teils­entziehungEntziehung des Pflichtteils nur aus den Gründen des § 2333 BGB

Der im Erbfall bestehende Anspruch der Kinder auf einen Pflichtteil kann nur unter den Voraussetzungen des § 2333 BGB ausgeschlossen werden. Ein Grund für die Entziehung des Pflichtteils liegt nicht vor, wenn das Kind die Pflege des pflege­be­dürftigen Elternteils verweigert. Dies geht aus einer Entscheidung das Oberlan­des­gericht Frankfurt a.M. hervor.

In dem zugrunde liegenden Fall bestand Streit darüber, ob die Tochter des Erblassers einen Anspruch auf einen Pflichtteil hatte. Der Erblasser war seit einem Unfall pflegebedürftig gewesen. Da seine Tochter die Pflege nicht übernahm, wurde sie durch ein Testament enterbt. Im Gegenzug wurde die Frau, die die Betreuung und Pflege übernahm als Alleinerbin eingesetzt. Diese vertrat daher die Ansicht, dass die Tochter des Erblassers keinen Anspruch auf ein Pflichtteil habe. Nachdem das Landgericht Kassel dieser Ansicht nicht folgte und eine wirksame Pflichtteilsentziehung verneinte, musste sich das Oberlan­des­gericht Frankfurt a.M. mit dem Fall beschäftigen.

Anspruch auf Pflichtteil bestand

Das Oberlan­des­gericht Frankfurt a.M. schloss sich der Entscheidung des Landgerichts an und bejahte daher den Anspruch der Tochter des Erblassers auf ein Pflichtteil gemäß § 2303 Abs. 1 BGB. Dieser Pflichtteil könne zwar entzogen werden, aber nur unter den Voraussetzungen des § 2333 BGB. Es sei in diesem Zusammenhang aber zu berücksichtigen, dass nicht jedes Fehlverhalten des Kindes, welches zu einer Entfremdung oder zu einem Zerwürfnis mit dem Erblasser führt, eine Pflicht­teils­ent­ziehung rechtfertigt. Andernfalls würde das Pflicht­teilsrecht der Kinder ins Leere laufen und jede praktische Bedeutung verlieren.

Kein wirksamer Pflicht­teils­entzug

Davon ausgehend entschied das Oberlan­des­gericht, dass ein wirksamer Pflichtteilsentzug nicht vorlag. Insbesondere habe die Verweigerung der Pflege durch die Tochter des Erblassers die Pflicht­teils­ent­ziehung nicht gemäß § 2333 Abs. 1 Nr. 3 BGB gerechtfertigt. Es sei nicht ersichtlich gewesen, dass die zum Zeitpunkt des Unfalls bzw. des Beginns der Pflegebedürftigkeit 16-jährige Tochter zum Unterhalt verpflichtet war. Zudem sei der Unterhalt stets in Geld zu leisten. Daher könne die Verweigerung der Pflege keine Pflicht­teils­ent­ziehung wegen Verletzung der Unter­halts­pflicht rechtfertigen.

Quelle: Oberlandesgericht Frankfurt a.M., ra-online (vt/rb)

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