Im zugrunde liegenden Fall verlangte der Osnabrücker Rechtsanwalt Olaf Tank (Antragsteller) im Wege einer einstweiligen Anordnung von einer Sparkasse die Einrichtung eines Rechtsanwaltsanderskontos bzw. hilfsweise ein als Fremdgeldkonto nutzbares Girokonto.
Die Haupttätigkeit des Anwalts bestehe bereits seit mehreren Jahren darin, das Inkasso für Mandanten durchzuführen, beschreibt das Gericht die Tätigkeit des Anwalts. Die Mandanten des Antragstellers fordern von Internetnutzern Entgelte für die Nutzung bestimmter Internetportale, über die vor allem Software herunter geladen werden kann, die an anderen Stellen im Internet entgeltfrei angeboten wird (sog. Freeware). Ein Vertragsschluss soll über eine Anmeldung der Nutzer auf dem jeweiligen Internetportal erfolgen. Die Werthaltigkeit der berechneten Dienstleistungen und die Rechtmäßigkeit der geltend gemachten Forderungen werden von den Beteiligten unterschiedlich gewürdigt, führt das Gericht zur Tätigkeit des Anwalts aus. Häufig würden Internetportale als Kosten- oder Abo-Fallen bezeichnet, heißt es in der Entscheidung des Gerichts.
Bis zum 30. April 2010 führte der Anwalt bei der Deutschen Kreditbank ein Girokonto für seine Inkassotätigkeit. Die Deutsche Kreditbank kündigte die Führung dieses Kontos. Im Rahmen eines Rechtsstreits über die Rechtmäßigkeit der Kündigung einigten sich der Antragsteller und die Deutsche Kreditbank dahin, die Geschäftsbeziehungen zum vorgenannten Zeitpunkt zu beenden. Daneben verfügt der Antragsteller über ein Girokonto bei der Landessparkasse zu Oldenburg, bei dem es sich um ein Privatkonto handelt, über das aber auch Kanzleiausgaben geleistet werden; es ist vereinbart, dass dieses Konto nicht für Mandantengelder verwendet werden darf.
Die Sparkasse Osnabrück (Antragsgegnerin) lehnte mit Schreiben vom 7. Juli 2009 unter Bezugnahme auf eine gegenüber dem Anwalt ausgesprochene Kündigung der Geschäftsbeziehung im Oktober 2006 eine erneute Aufnahme der Geschäftsbeziehungen ab. Auch auf die erneute Anfrage des Antragstellers unter dem 1. Februar 2010 versagte die Antragsgegnerin die Aufnahme von Geschäftsbeziehungen und verwies auf ihr Schreiben vom 7. Juli 2009.
Das Verwaltungsgericht Osnabrück hatte die Sparkasse im Rahmen der einstweilen Anordnung verpflichtet, das begehrte Konto einzurichten. Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hob diese Entscheidung auf.
Die Sparkasse sei nicht verpflichtet, das Konto einzurichten. Das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Antragsteller die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung (§ 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO) entsprechend den Anforderungen des § 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit §§ 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 ZPO glaubhaft gemacht habe.
Ein solcher Anspruch ergebe sich für den Antragsteller nicht aus § 4 Abs. 1 Satz 1 NSpG vom 16. Dezember 2004 (Nds. GVBl. S. 609) in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Sparkassengesetzes vom 8. Oktober 2008 (Nds. GVBl. S. 315), führte das Gericht aus. Dem Wortlaut des § 4 Abs. 1 Satz 1 NSpG seien keine Hinweise zu entnehmen, dass diese Vorschrift subjektive Rechte zu Gunsten des Antragstellers begründe, meint das OVG.
Zwar könne sich der vom Verwaltungsgericht bejahte Anspruch des Antragstellers gegenüber der Antragsgegnerin auf Eröffnung eines als Fremdgeldkonto nutzbaren Girokontos aus einer anderen rechtlichen Grundlage ergeben. Es sei denkbar, dass der Antragsteller seinen Anspruch auf dem aus Art. 3 Abs. 1 GG abgeleiteten Gleichbehandlungsgebot stützen könne. Dieses Gebot ist Grundlage eines subjektiven Rechts auf Gleichbehandlung. Die Antragsgegnerin sei als rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts (§ 3 NSpG) im Bereich staatlicher Daseinsvorsorge Teil der vollziehenden Gewalt im Sinne des Art. 1 Abs. 3 GG und deshalb unmittelbar an die Grundrechte gebunden. Dass das vom Antragsteller angestrebte Vertragsverhältnis mit der Antragsgegnerin privatrechtlicher Natur wäre, sei für die unmittelbare Grundrechtsbindung der Antragsgegnerin nicht von Belang. Die vollziehende Gewalt sei auch dann unmittelbar an die Grundrechte gebunden, wenn sie öffentliche Aufgaben in privatrechtlichen Rechtsformen wahrnimmt (vgl. BGH, Urteil v. 11.03.2003 - XI ZR 403/01 -, BGHZ 154, 146 m.w.N.), führte das OVG aus.
Aber selbst wenn man zugunsten des Antragstellers diese Voraussetzung als gegeben und damit eine Ungleichbehandlung unterstelle, spreche nach dem Vorbringen der Beteiligten Überwiegendes dafür, dass die Entscheidung der Antragsgegnerin, für den Antragsteller ein als Fremdgeldkonto nutzbares Girokonto nicht zu eröffnen, durch sachgerechte Gründe gerechtfertigt sei und sich als verhältnismäßig erweise, meinte das Gericht.
Das Gericht erachtete es als einen solchen sachgerechten Grund, der eine - unterstellte -Ungleichbehandlung des Antragstellers rechtfertige, wenn mit der Aufnahme von Geschäftsbeziehungen mit dem Antragsteller eine erhebliche und nachhaltige Rufschädigung (Imageschaden) zu Lasten der Antragsgegnerin aufgrund von Veröffentlichungen in verschiedenen Medien zu befürchten sei. Dies sei nicht erst dann anzunehmen, wenn feststehe, dass das Handeln des Kontoinhabers strafbar sei oder die Zahlungseingänge auf dem Konto aus Straftaten herrührten. Als selbständige Anstalt des öffentlichen Rechts sei die Antragsgegnerin an Gesetz und Recht gebunden (Art. 20 Abs. 3 GG). Sie habe deshalb darauf zu achten, dass ihre Kunden die von ihr erbrachten Leistungen nicht für rechtswidrige Handlungen nutzen. Bestehe der auf Tatsachen begründete ernste Verdacht, dass das Konto für solche Handlungen verwendet werden solle, etwa um unberechtigte Forderungen zu vereinnahmen, sei die Antragsgegnerin nicht nur nicht berechtigt, sondern vielmehr verpflichtet, ein Konto nicht zur Verfügung zu stellen.
Die Antragsgegnerin hat Tatsachen dargelegt, welche die Annahme stützen, dass die vom Antragsteller im Wege des Inkassos geltend gemachten Forderungen seiner Mandanten rechtlichen Bedenken unterliegen. In dem Urteil des Amtsgerichts Marburg vom 8. Februar 2010 - 91 C 981/09, K&R 2010, 358 wird das Verhalten des Antragstellers als Beihilfe zum versuchten Betrug gewertet und bezogen auf das Internetportal www.opendownload.de festgestellt, dass geltend gemachte Forderungen auf Täuschungen der Nutzer des genannten Internetportals beruhen.
Weitere beachtliche Indizien für ernste Zweifel an der Rechtmäßigkeit der vom Antragsteller eingezogenen Forderungen sind die Information der Verbraucherzentrale Niedersachsen (vgl. Presseinformation vom 26. Februar 2010), wonach der namentlich genannte Antragsteller seit Jahren für diverse dubiose Firmen tätig sei und im Namen einer näher bezeichneten Firma vermeintliche Forderungen anmahne, und die Erklärung des Rechtsanwaltsvereins Osnabrück vom 15. April 2010, dass der Verein seit September 2007 mit Beschwerden über das Verhalten des Antragstellers "überschwemmt" werde. Dabei verkennt der Senat nicht, dass der Antragsteller sich auch auf Rechtsprechung und auf Entscheidungen verschiedener Staatsanwaltschaften berufen kann, die ein strafbares Verhalten des Antragstellers und der für seine Mandanten handelnden Personen verneinen. Dies vermag aber die aufgezeigten Zweifel an der Rechtmäßigkeit der geltend gemachten Forderungen nicht umfassend auszuräumen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 21.06.2010
Quelle: ra-online, OVG Lüneburg (pt).