Dokument-Nr. 20390
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Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen Urteil25.11.2014
Krankenkassen dürfen keine Individualrabattverträge auch für in China hergestellten Zahnersatz abschließenGesetz räumt keine Möglichkeit für Abschluss von Rabattverträgen ein
Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen hat entschieden, dass eine Krankenkasse nicht berechtigt ist, mit einem Dentallabor einen Individualrabattvertrag für dentaltechnische - auch (teilweise) im Ausland hergestellte - Leistungen abzuschließen.
Dem lag der Fall eines Dentallabors zugrunde, das mit einer Krankenkasse (Beklagte) für deren Versicherte neben dem mit der zuständigen Zahntechnikerinnung (Klägerin zu 1.) abgeschlossenen Kollektivvertrag für dentaltechnische Leistungen einen Individualvertrag abschloss. Aufgrund dieses Individualrabattvertrages gewährt das Dentallabor den Versicherten der Beklagten einen Rabatt von mindestens 20 % auf die mit der Zahntechnikerinnung abgeschlossenen Vereinbarungen über Zahnersatz. Für im Ausland hergestellten Zahnersatz, dessen Preise durchschnittlich 40 bis 60 % unterhalb der in Niedersachsen geltenden Netto-Höchstpreise liegen, wurden weitere 5 % Nachlass vereinbart. Die Beklagte betrieb über die bestehenden Rabattmöglichkeiten Werbemaßnahmen, wie z.B. durch Werbebroschüren, Pressemitteilung bzw. einen Bericht in einer Zeitschrift, in denen die Namen der Dentallabore und die Höhe der verschiedenen Rabatte genannt wurden.
Gesetzgeber hat sich bewusst gegen Möglichkeit zum Abschluss von Individualrabattverträgen entschieden
Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen hat die Entscheidung des Sozialgerichts Hannover bestätigt und festgestellt, dass die beklagte Krankenkasse nicht berechtigt ist, mit dem beigeladenen Dentallabor einen Rabattvertrag abzuschließen, da es keine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigungsgrundlage gibt. Auch wenn Krankenkassen das Wirtschaftlichkeitsgebot nach den §§ 2 Abs. 4 und 12 Abs. 1 SGB V als zentral zugewiesene gesetzliche Aufgabe beachten und wahrnehmen müssen, so sind sie doch zugleich verpflichtet, ausschließlich in dem ihnen gesetzlich zugewiesenen Aufgabenbereich zu handeln und diesen nicht auszuweiten. § 88 Abs. 2 SGB V regelt lediglich eine Informationspflicht der Krankenkasse, ihre Versicherten und die Zahnärzte zuvor über bestehende preisgünstige Versorgungsmöglichkeiten zu informieren. Aus dieser Vorschrift ergibt sich dagegen keine Möglichkeit, Rabattverträge mit einzelnen Dentallaboren abzuschließen. Im Gesetzbebungsverfahren für diese Vorschrift wurde zwar auch die konkrete Möglichkeit zum Abschluss von Individualrabattvereinbarungen diskutiert. Der Gesetzgeber hat jedoch eine Abwägung vorgenommen, sich bewusst gegen diese Möglichkeit ausgesprochen und damit eine klare Rechtslage geschaffen.
Abschluss von Individualrabattvereinbarungen verletzt Wettbewerbsfreiheit
Da im SGB V für eine Vielzahl von Leistungsbereichen Einzelverträge möglich sind, z.B. für Heilmittel (§ 125 Abs. 2 SGB V), für Hilfsmittel (§ 127 Abs. 1 SGB V), im Bereich der häuslichen Krankenpflege (§ 132 a Abs. 2 SGB V) und für Arzneimittel (§ 130 a Abs. 8 SGB V), dürfen - so der Senat - in den Bereichen, in denen Einzelverträge nicht ausdrücklich vorgesehen sind, diese nicht abgeschlossen werden, wenn sie Rechte Dritter betreffen. Durch den Abschluss der Individualrabattvereinbarung zwischen der beklagten Krankenkasse und dem beigeladenen Dentallabor sind die Kläger zu 1. und 2. als Dentallabor und deren Betreiber in ihrer Wettbewerbsfreiheit verletzt.
§ 88 Bundesleistungsverzeichnis, Vergütungen SGB V idF vom26.03.2007- zitiert nach juris
(1) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen vereinbart mit dem Verband Deutscher Zahntechniker-Innungen ein bundeseinheitliches Verzeichnis der abrechnungsfähigen zahntechnischen Leistungen.
Das bundeseinheitliche Verzeichnis ist im Benehmen mit der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung zu vereinbaren.
(2) Die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen vereinbaren mit den Innungsverbänden der Zahntechniker die Vergütungen für die nach dem bundeseinheitlichen Verzeichnis abrechnungsfähigen zahntechnischen Leistungen, ohne die zahntechnischen Leistungen beim Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen.
Die vereinbarten Vergütungen sind Höchstpreise.
Die Krankenkassen können die Versicherten sowie die Zahnärzte über preisgünstige Versorgungsmöglichkeiten informieren.
(3) Preise für zahntechnische Leistungen nach Absatz 1 ohne die zahntechnischen Leistungen beim Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen, die von einem Zahnarzt erbracht werden, haben die Preise nach Absatz 2 Satz 1 und 2 um mindestens 5 vom Hundert zu unterschreiten.
Hierzu können Verträge nach § 83 abgeschlossen werden.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 29.12.2014
Quelle: Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen/ra-online
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