15.11.2024
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Landgericht Coburg Urteil23.05.2012

Versicherter erhält bei Verschweigen von Erkrankungen keine Berufs­un­fä­hig­keitsrenteLG Coburg zur Frage der Auskünfte bei Abschluss einer Berufs­un­fä­hig­keits­ver­si­cherung

Wer im Rahmen eines Versi­che­rungs­ab­schlusses die dort schriftlich gestellten Fragen nicht richtig und gewissenhaft beantwortet, kann sich im Schadensfall nicht darauf verlassen, aus der Versicherung eine Leistung zu erhalten. Dies entschied das Landgericht Coburg.

In dem zugrunde liegenden Fall beantragte der spätere Kläger Im Februar 2007 den Abschluss einer Versicherung, die u.a. eine Berufsunfähigkeitsversicherung mit einer monatlichen Privatrente von 1.000 Euro enthielt. Bei den Gesund­heits­fragen gab er lediglich eine Knochen­ma­rk­spende an. Ansonsten verneinte er Vorerkrankungen. Auf dieser Grundlage schloss der später beklagte Versicherer den Versi­che­rungs­vertrag ab. Etwa 1 ½ Jahre danach beantragte der Kläger vom Versicherer Zahlungen aus der Berufs­un­fä­hig­keits­ver­si­cherung. Daraufhin holte die Versicherung Auskünfte bei den behandelnden Ärzten des Klägers ein. Sie erfuhr, dass er u. a. ab Januar 2007 15mal ärztlich behandelt worden war. Im Januar 2007 war auch eine Compu­ter­to­mo­grafie durchgeführt worden. Im Januar bis März 2007 war der Kläger zudem über 2 ½ Monate krank­ge­schrieben gewesen. Daraufhin erklärte die beklagte Versicherung gegenüber dem versicherten Kläger wegen der verschwiegenen Vorerkrankungen den Rücktritt und focht den Vertrag an.

Kläger verlangte rückständige Rente in Höhe von 28.000 Euro und weitere monatliche Rente in Höhe von 1.000 Euro

Der Kläger meint, die Versicherung habe den Vertrag nicht anfechten dürfen. Als seine Ehefrau über einen Versi­che­rungs­ver­mittler der Beklagten ebenfalls einen Versi­che­rungs­vertrag abgeschlossen habe, habe der Vermittler gesagt, Angaben über Vorerkrankungen seien nur erforderlich, wenn in der Folge ein Grad der Behinderung nach dem Schwer­be­hin­der­ten­gesetz festgestellt worden sei. Zudem meinte der Kläger, er habe keine schweren Erkrankungen gehabt. Seine Wirbel­säu­len­be­schwerden habe er als harmlose Rücken­ver­spannung aufgefasst. Deswegen wollte der Kläger nun rückständige Rente in Höhe von 28.000 Euro und monatlich weitere 1.000 Euro bis zum Jahr 2035.

Anfechtung des Vertrages durch Versicherung aufgrund Verdachts der arglistigen Täuschung

Die Versicherung bestritt, dass ihr Vermittler gegenüber der Ehefrau des Klägers entsprechende Angaben zu den Vorerkrankungen gemacht hat. Darüber hinaus könne sich der Kläger auch nicht auf Angaben des Vermittlers gegenüber dessen Ehefrau berufen. Dadurch sei der Versi­che­rungs­vertrag mit dem Kläger ja nicht zustande gekommen. Der Kläger habe ein Blanko-Antragsformular bei der Versicherung angefordert und dieses selbst ausfüllt und zurückgeschickt. Aufgrund der Häufigkeit der ärztlichen Behandlungen und der Krank­schrei­bungen, - der Kläger sei sogar zum Zeitpunkt der Antragstellung monatelang krank­ge­schrieben gewesen - ergebe sich, dass der Kläger nicht nur an unerheblichen Beschwerden gelitten habe. Die Versicherung vertrat daher die Ansicht, dass sie den Vertrag sehr wohl wegen arglistiger Täuschung anfechten durfte.

LG: Schwere Erkrankung vorsätzlich und arglistig verschwiegen

Das Gericht teilte die Auffassung der Versicherung und wies die Klage ab. Der Kläger bekommt somit keine private Berufsunfähigkeitsrente.

Das Gericht stellte fest, dass der Kläger im schriftlichen Antrag objektiv falsche Angaben gemacht hat. Er hat die Frage nach Behandlungen in den letzten fünf Jahren falsch beantwortet, indem er eine Vielzahl von ärztlichen Behandlungen verschwieg. Das Gericht ging auch davon aus, dass der Kläger insoweit arglistig gehandelt hat. Wenn beim Vorliegen einer schweren Erkrankung diese verschwiegen wird, ist dies grundsätzlich ein Indiz dafür, dass der Antragsteller diese Erkrankungen vorsätzlich und arglistig verschweigt. Im vorliegenden Fall stellte das Gericht fest, dass der Kläger, als er den Antrag ausfüllte, bereits 4 Wochen lang krank­ge­schrieben war und die Erkrankung auch weitere 6 Wochen andauerte. Er musste ständig ärztliche Behandlungen und kranken­gym­nas­tische Maßnahmen in Anspruch nehmen. Daher musste es sich ihm bei Antragstellung aufdrängen, dass er an nicht nur völlig unerheblichen Beschwerden litt.

Vermittler ging Gesund­heits­fragen explizit im Einzelnen durch

Das Gericht hörte auch den Vermittler der Versicherung an, der mit der Ehefrau des Klägers einen Vertrag abgeschlossen hatte. Dieser widersprach der Angabe des Klägers, nach der er gesagt hätte, nur Erkrankungen, die eine Schwer­be­hin­derung zur Folge hätten, wären anzugeben. Der Vermittler führte aus, dass er die Gesund­heits­fragen im Einzelnen durchgehen würde und auch nach Routi­ne­un­ter­su­chungen, Erkältungen und Vorsor­ge­un­ter­su­chungen fragen würde. Eine solche Behauptung, wie sie der Kläger gemacht habe, sei unsinnig, da nach einer Schwer­be­hin­derung gesondert gefragt werden würde. Die Ehefrau des Klägers bestätigte zwar als Zeugin die Angaben ihres Mannes. Das Gericht folgte aber dem Vermittler und sah die Angaben des Klägers und seiner Ehefrau als widerlegt an. Hätte der Vermittler wirklich die Auskünfte gemacht, wie sie der Kläger behauptet hat, hätte die Angabe des Klägers über die Knochen­ma­rk­spende keinen Sinn gemacht. Nach den angeblich vom Vermittler aufgestellten Behauptungen wäre dies überhaupt nicht eintra­gungs­pflichtig gewesen. Im Übrigen hielt das Gericht den Vermittler für glaubhaft.

Anfechtung des Vertrages wirksam: Kläger erhält keine Rente

Daher durfte die getäuschte Versicherung den Vertrag über die Berufs­un­fä­hig­keits­ver­si­cherung anfechten. Dieser wird daher so behandelt als wäre er nie geschlossen worden. Der Kläger kann deswegen daraus keine Ansprüche herleiten. Er bekommt daher keine Rente. Folglich wies das Gericht seine Klage komplett ab.

Quelle: Landgericht Coburg/ra-online

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