21.11.2024
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Landesarbeitsgericht Hamm Urteil22.03.2012

Abgeltung von Urlaubs­ansprüchen bei langjähriger KrankheitBegrenzung des Übertra­gungs­zeitraums zur Abgeltung von Urlaubs­ansprüchen auf 15 Monate zulässig

Einer Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union folgend, entschied das Landes­a­r­beits­gericht Hamm, dass ein Arbeitnehmer bei langjähriger Arbeits­un­fä­higkeit seinen Urlaub nicht unbegrenzt ansammeln kann, sondern die Abgeltung von Urlaubs­ansprüchen auf einen Übertra­gungs­zeitraum von 15 Monaten begrenzt werden darf.

Der schwer­be­hinderte Kläger des zugrunde liegenden Streitfalls war in der Zeit vom 1. April 1964 bis zum 31. August 2008 im Dortmunder Betrieb der Beklagten als Schlosser beschäftigt. Auf das Arbeits­ver­hältnis findet der Einheitliche Mantel­ta­rif­vertrag für die Metall- und Elektro­in­dustrie Nordrhein-Westfalen vom 18. Dezember 2003 (im Folgenden: EMTV) Anwendung. Der Kläger war zunächst seit dem 23. Januar 2002 arbeitsunfähig krank und bezog ab dem 1. Oktober 2003 jeweils befristet eine Rente wegen voller Erwer­bs­min­derung. Das Arbeits­ver­hältnis wurde zum 31. August 2008 durch Aufhe­bungs­ver­ein­barung beendet.

LAG legt EuGH Frage zur Zulässigkeit der Ansammlung von Urlaub bei langjähriger Arbeits­un­fä­higkeit vor

Am 18. März 2009 reichte der Kläger beim Arbeitsgericht Dortmund Klage auf Abgeltung seines Urlaubs für die Jahre 2006, 2007 und 2008 in Höhe von jeweils 35 Arbeitstagen ein. Das Arbeitsgericht sprach dem Kläger die Abgeltung des gesetzlichen Minde­st­ur­laubs­an­spruchs von 60 Arbeitstagen und des Schwer­be­hin­der­ten­urlaubs von 15 Arbeitstagen für die Jahre 2006, 2007 und 2008 zu. Im Berufungs­ver­fahren legte das Landes­a­r­beits­gericht Hamm dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) die Frage vor, ob Urlaubs­ansprüche für langjährig arbeitsunfähige Arbeitnehmer angesammelt werden können oder ob sie zeitlich befristet sind.

EuGH erklärt Begrenzung des Ansammelns von Urlaubs­ansprüchen auf einen Übertra­gungs­zeitraum von 15 Monaten für zulässig

Das Gericht hatte daran Zweifel, ob der Zweck des Urlaubs­an­spruchs die Ansammlung von Urlaubs­ansprüchen über viele Jahre erfordert. Mit Urteil vom 22. November 2011 entschied der Gerichtshof der Europäischen Union, dass Artikel 7 I. der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates dahingehend auszulegen ist, dass er einzel­staat­lichen Rechts­vor­schriften wie Tarifverträgen, die das Ansammeln von Ansprüchen auf bezahlten Jahresurlaub aus vergangener Zeit auf einen Übertra­gungs­zeitraum von 15 Monaten beschränken, nicht entgegensteht.

LAG: Urlaub ist für 15 Monate abzugelten

Der Entscheidung des EuGH folgend verurteilte das Landes­a­r­beits­gericht die Beklagte daraufhin, für 15 Monate den Urlaub abzugelten und wies im Übrigen die Klage ab. Nach dem Urteil des EuGH ist der § 11 Abs. Unterabs. 3 des EMTV, der einen Übertra­gungs­zeitraum von 15 Monaten bei Krankheit vorsieht, nicht zu beanstanden und verstößt nicht gegen Europarecht.

Kläger durfte Ansprüche über 3-Monats-Frist hinaus geltend machen

Entgegen der Ansicht der Beklagten war der Kläger auch berechtigt, die Ansprüche noch geltend zu machen, obwohl er die im EMTV geregelte 3-Monats-Frist nach Fälligkeit nicht eingehalten hat. Denn dieser Tarifvertrag hat die Besonderheit, dass diese Frist nicht gilt, wenn der Arbeitnehmer trotz Anwendung der nach Lage der Umstände zuzumutenden Sorgfalt gehindert war, die Frist einzuhalten. Dieser Fall war hier anzunehmen, weil zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Ansprüche des Klägers nach der einschlägigen Rechtsprechung des Bundes­a­r­beits­ge­richts solche Ausschluss­fristen für Urlaubs­ansprüche noch keine Anwendung fanden und der Kläger zum damaligen Zeitpunkt die Frist gar nicht einhalten musste.

Quelle: Landesarbeitsgericht Hamm/ra-online

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