Dokument-Nr. 13254
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- EuGH-Vorlage zur Frage zum Erhalt von gesetzlichem Mindesturlaub bei andauernder KrankheitLandesarbeitsgericht Hamm, Beschluss15.04.2010, 16 Sa 1176/09
- Mehrjährige Krankheit: Bei längerer Arbeitsunfähigkeit kann der Urlaub nicht endlos angespart werdenGerichtshof der Europäischen Union, Urteil22.11.2011, C-214/10
- Untergang und Abgeltung von Urlaubsansprüchen bei Dauer-KrankheitLandesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil21.12.2011, 10 Sa 19/11
- Bundesarbeitsgericht zur Urlaubsabgeltung bei krankheitsbedingter ArbeitsunfähigkeitBundesarbeitsgericht, Urteil24.03.2009, 9 AZR 983/07
- Beamte haben Anspruch auf finanzielle Abgeltung für krankheitsbedingt nicht genommenen UrlaubVerwaltungsgericht Berlin, Urteil27.05.2010, VG 5 K 175.09 u.a.
Landesarbeitsgericht Hamm Urteil22.03.2012
Abgeltung von Urlaubsansprüchen bei langjähriger KrankheitBegrenzung des Übertragungszeitraums zur Abgeltung von Urlaubsansprüchen auf 15 Monate zulässig
Einer Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union folgend, entschied das Landesarbeitsgericht Hamm, dass ein Arbeitnehmer bei langjähriger Arbeitsunfähigkeit seinen Urlaub nicht unbegrenzt ansammeln kann, sondern die Abgeltung von Urlaubsansprüchen auf einen Übertragungszeitraum von 15 Monaten begrenzt werden darf.
Der schwerbehinderte Kläger des zugrunde liegenden Streitfalls war in der Zeit vom 1. April 1964 bis zum 31. August 2008 im Dortmunder Betrieb der Beklagten als Schlosser beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet der Einheitliche Manteltarifvertrag für die Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalen vom 18. Dezember 2003 (im Folgenden: EMTV) Anwendung. Der Kläger war zunächst seit dem 23. Januar 2002 arbeitsunfähig krank und bezog ab dem 1. Oktober 2003 jeweils befristet eine Rente wegen voller Erwerbsminderung. Das Arbeitsverhältnis wurde zum 31. August 2008 durch Aufhebungsvereinbarung beendet.
LAG legt EuGH Frage zur Zulässigkeit der Ansammlung von Urlaub bei langjähriger Arbeitsunfähigkeit vor
Am 18. März 2009 reichte der Kläger beim Arbeitsgericht Dortmund Klage auf Abgeltung seines Urlaubs für die Jahre 2006, 2007 und 2008 in Höhe von jeweils 35 Arbeitstagen ein. Das Arbeitsgericht sprach dem Kläger die Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubsanspruchs von 60 Arbeitstagen und des Schwerbehindertenurlaubs von 15 Arbeitstagen für die Jahre 2006, 2007 und 2008 zu. Im Berufungsverfahren legte das Landesarbeitsgericht Hamm dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) die Frage vor, ob Urlaubsansprüche für langjährig arbeitsunfähige Arbeitnehmer angesammelt werden können oder ob sie zeitlich befristet sind.
EuGH erklärt Begrenzung des Ansammelns von Urlaubsansprüchen auf einen Übertragungszeitraum von 15 Monaten für zulässig
Das Gericht hatte daran Zweifel, ob der Zweck des Urlaubsanspruchs die Ansammlung von Urlaubsansprüchen über viele Jahre erfordert. Mit Urteil vom 22. November 2011 entschied der Gerichtshof der Europäischen Union, dass Artikel 7 I. der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates dahingehend auszulegen ist, dass er einzelstaatlichen Rechtsvorschriften wie Tarifverträgen, die das Ansammeln von Ansprüchen auf bezahlten Jahresurlaub aus vergangener Zeit auf einen Übertragungszeitraum von 15 Monaten beschränken, nicht entgegensteht.
LAG: Urlaub ist für 15 Monate abzugelten
Der Entscheidung des EuGH folgend verurteilte das Landesarbeitsgericht die Beklagte daraufhin, für 15 Monate den Urlaub abzugelten und wies im Übrigen die Klage ab. Nach dem Urteil des EuGH ist der § 11 Abs. Unterabs. 3 des EMTV, der einen Übertragungszeitraum von 15 Monaten bei Krankheit vorsieht, nicht zu beanstanden und verstößt nicht gegen Europarecht.
Kläger durfte Ansprüche über 3-Monats-Frist hinaus geltend machen
Entgegen der Ansicht der Beklagten war der Kläger auch berechtigt, die Ansprüche noch geltend zu machen, obwohl er die im EMTV geregelte 3-Monats-Frist nach Fälligkeit nicht eingehalten hat. Denn dieser Tarifvertrag hat die Besonderheit, dass diese Frist nicht gilt, wenn der Arbeitnehmer trotz Anwendung der nach Lage der Umstände zuzumutenden Sorgfalt gehindert war, die Frist einzuhalten. Dieser Fall war hier anzunehmen, weil zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Ansprüche des Klägers nach der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts solche Ausschlussfristen für Urlaubsansprüche noch keine Anwendung fanden und der Kläger zum damaligen Zeitpunkt die Frist gar nicht einhalten musste.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 28.03.2012
Quelle: Landesarbeitsgericht Hamm/ra-online
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