18.10.2024
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Landesarbeitsgericht Hamm Beschluss15.04.2010

EuGH-Vorlage zur Frage zum Erhalt von gesetzlichem Mindesturlaub bei andauernder KrankheitLandes­a­r­beits­gericht zweifelt an eigentlichem Urlaubszweck bei Ansammlung von Urlaubs­ansprüchen über viele Jahre

Das Landes­a­r­beits­gericht Hamm hat den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften wegen der Frage angerufen, ob bei lang andauernder Arbeits­un­fä­higkeit der gesetzliche Minde­st­ur­laubs­an­spruch für jedes Jahr erhalten bleibt, so dass der betroffene Arbeitnehmer über Jahre Urlaubs­ansprüche ansammelt.

Der schwer­be­hinderte Kläger war in der Zeit vom 01. April 1964 bis zum 31. August 2008 in dem Dortmunder Betrieb der Beklagten als Schlosser beschäftigt. Er war seit dem 23. Januar 2002 zunächst arbeitsunfähig krank und bezog ab dem 01. Oktober 2003 jeweils befristet eine Rente wegen voller Erwer­bs­min­derung. Das Arbeits­ver­hältnis wurde zum 31. August 2008 durch eine Aufhe­bungs­ver­ein­barung beendet.

Kläger verlangt Abgeltung seines Urlaubs für die Jahre 2006 - 2008

Am 20. Januar 2009 verkündete der Europäische Gerichtshof in der Rechtssache Schultz-Hoff sein Urteil, wonach ein Arbeitnehmer seinen Urlaubsanspruch behält, wenn er ihn wegen Arbeitsunfähigkeit nicht nehmen konnte. Der Kläger hat daraufhin am 18. März 2009 bei dem Arbeitsgericht Dortmund Klage auf Abgeltung seines Urlaubs für die Jahre 2006, 2007 und 2008 in Höhe von jeweils 35 Arbeitstagen eingereicht. Das Arbeitsgericht hat dem Kläger mit Urteil vom 20. August 2009 die Abgeltung des gesetzlichen Minde­st­ur­laubs­an­spruchs von 60 Arbeitstagen und des Schwer­be­hin­der­ten­urlaubs von 15 Arbeitstagen für die Jahre 2006, 2007 und 2008 zugesprochen. Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagte Berufung eingelegt.

EuGH-Urteilsspruch bezog sich nur auf Urlaubsanspruch des letzten und des laufenden Jahres

Nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs ist die bis dahin gefestigte Urlaubs­recht­sprechung des Bundes­a­r­beits­ge­richts ins Wanken geraten. In dem Fall des Europäischen Gerichtshofs ging es jedoch nur um Urlaubs­ansprüche für das Vorjahr und das laufende Jahr. Die Frage, ob Urlaubs­ansprüche über viele Jahre angesammelt werden können, war von ihm nicht zu beantworten. Hierum geht es jedoch in dem Fall des Landes­a­r­beits­ge­richts Hamm. Der Kläger macht Urlaubsabgeltung für drei Jahre geltend. Theoretisch hätte er Ansprüche seit dem Jahre 2002 einklagen können.

LAG legt EuGH Frage zur möglichen zeitlichen Befristung von Urlaubs­ansprüchen bei Krankheit vor

Das Landes­a­r­beits­gericht Hamm legt dem Europäischen Gerichtshof nunmehr die Frage vor, ob Urlaubs­ansprüche langjährig arbeits­un­fähiger Arbeitnehmer angesammelt werden können oder ob sie zeitlich befristet sind. Hierfür könnte es Anhaltspunkte in dem Übereinkommen Nr. 132 der Internationalen Arbeits­or­ga­ni­sation geben. Der Europäische Gerichtshof hatte in seiner Entscheidung vom 20. Januar 2009 auf die Bedeutung des Übereinkommens für die Auslegung des Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG hingewiesen. Außerdem betont der Europäische Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung, dass der Arbeitnehmer normalerweise über eine tatsächliche Ruhezeit verfügen können muss, damit ein wirksamer Schutz seiner Sicherheit und seiner Gesundheit sichergestellt ist. Das Landes­a­r­beits­gericht Hamm hat Zweifel, ob dieser Zweck des Urlaubs­an­spruchs die Ansammlung von Urlaubs­ansprüchen über viele Jahre erfordert. Da die Beantwortung dieser Frage von der Auslegung des Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG abhängig ist, hat es die Vorlage zum Europäischen Gerichtshof beschlossen.

Quelle: ra-online, LAG Hamm

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