Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein Verbraucherschutzverband klagte im April 2011 gegen die Facebook-Funktion "Freunde finden". Über diese Funktion kann der Nutzer im Rahmen seiner Registrierung bei Facebook herausfinden, ob seine Freunde schon bei Facebook angemeldet sind. Dazu wird das E-Mail-Konto des Nutzers durchsucht. Werden dabei E-Mail-Adressen gefunden, deren Inhaber nicht Mitglied bei Facebook sind, so werden die Adressen importiert. Des Weiteren erhalten die Inhaber dieser Adressen eine E-Mail, mit der Einladung sich bei Facebook anzumelden. Als Absender erscheint dabei der Nutzer. Der Verbraucherschutzverband hielt dies für wettbewerbswidrig und daher für unzulässig. Nachdem das Landgericht Berlin sich der Ansicht des Verbraucherschutzverbands anschloss, musste sich in der Berufungsinstanz das Kammergericht mit dem Fall beschäftigen.
Das Kammergericht bestätigte die erstinstanzliche Entscheidung. Die aufgrund der "Freunde finden"-Funktion versendete Einladungs-E-Mail habe eine unzumutbar belästigende und damit unerlaubte Werbung im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG dargestellt. Dabei sei es unerheblich gewesen, dass der Versand auf dem Willen des registrierenden Nutzers beruhte. Denn mit dem zur Verfügung stellen der "Freunde finden"-Funktion habe Facebook bezweckt, auf sich und seine Leistungen aufmerksam zu machen. Daher habe es sich letztendlich um Werbung von Facebook gehandelt (vgl. BGH, Urt. v. 12.09.2013 - I ZR 208/12).
Facebook habe für den Versand der werbenden Einladungs-E-Mail gemäß § 8 UWG auf Unterlassung gehaftet, so das Kammergericht weiter. In diesem Zusammenhang sei es nicht darauf angekommen, dass nicht Facebook selbst als Absender der Einladungsmail erschien, sondern jeweils der sich registrierende Nutzer. Zwar kann eine E-Mail-Werbung dann nicht vorliegen, wenn ein Unternehmen unter zur Verfügung stellen der technischen Möglichkeiten andere dazu auffordert Einladungs-E-Mails zu verschicken. In einem solchen Fall sei die Mail nämlich allein den privaten Nutzer zuzurechnen. Denn diesem gehe es allein darum, mit dem von ihm Eingeladenen über das soziale Netzwerk kommunizieren zu wollen. Es könne einem Verbraucher nicht verwehrt werden, auf von ihm für gut befundene Produkte oder Dienstleistungen hinzuweisen. Ein solcher Fall habe hier aber nicht vorgelegen.
Nach Auffassung des Kammergerichts sei dem sich registrierenden Nutzer gar nicht bewusst gewesen, dass durch die Nutzung der "Freunde finden"-Funktion Einladungs-E-Mails in seinem Namen verschickt werden. Er sei vielmehr darüber getäuscht worden, dass durch diese Funktion nicht nur nach Freunden auf Facebook gesucht wurde, sondern Einladungsmails an nicht bei Facebook angemeldete Verwandte, Freunde und Bekannte versandt wurde. So haben etwa die Hinweise "Sind deine Freunde schon bei Facebook?" und "Viele deiner Freunde sind vielleicht schon bei Facebook. Das Durchsuchen deines E-Mail-Kontos ist der schnellste Weg, um deine Freunde auf Facebook zu finden." den Eindruck vermittelt, es finde allein eine Suche nach bereits bei Facebook registrierten Freunden statt. Hinzu sei gekommen, dass dem registrierenden Nutzer der Inhalt der Einladungsmail nicht gezeigt wurde.
Darüber hinaus sah das Kammergericht in der Verschleierung des werbenden Inhalts der Einladungsmail einen Wettbewerbsverstoß nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG. Facebook habe die Mails als private E-Mails getarnt, obwohl es sich um Werbung handelte. Der sich registrierende Nutzer sei durch gezielte und systematische Irreführung dazu veranlasst worden, seine E-Mail-Adressen zu offenbaren und somit das Verschicken von getarnter Werbung durch Facebook zu ermöglichen. Dadurch habe sich ein ganz erheblicher Werbe- und Wettbewerbsvorteil ergeben.
Schließlich habe Facebook nach Einschätzung des Kammergerichts den Datenschutz verletzt und somit einen Wettbewerbsverstoß gemäß § 4 Nr. 11 UWG begangen. Denn das Importieren der E-Mail-Konten durch die "Freunde finden"-Funktion habe gegen § 28 Abs. 3 Satz 1 Bundesdatenschutzgesetz verstoßen. Nach dieser Vorschrift sei die Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten für Zwecke der Werbung ohne Einwilligung der Betroffenen unzulässig. Da der sich registrierende Nutzer nicht darüber informiert wurde, dass die zur Verfügung gestellten E-Mail-Adressen für Werbung genutzt werden, habe es insoweit auch an einer wirksamen Einwilligung gefehlt.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 21.02.2014
Quelle: Kammergericht, ra-online (vt/rb)