18.10.2024
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Hessisches Landessozialgericht Urteil07.08.2017

Wanderung von Bierstation zu Bierstation ist nicht als Betriebssport gesetzlich unfall­ver­sichertBerufs­genossen­schaft lehnt Anerkennung eines Arbeitsunfalls zu Recht ab

Verunglückt ein Arbeitnehmer bei Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit, so steht der Arbeitsunfall unter dem Schutz der gesetzlichen Unfall­ver­si­cherung. Dies gilt auch, wenn der Unfall sich während des Betriebssports oder einer betrieblichen Gemeinschafts­veranstaltung ereignet. Nehmen jedoch nur einige Mitarbeiter an einer durch Dritte organisierten Großver­an­staltung teil, so besteht kein gesetzlicher Unfall­versicherungs­schutz. Dies entschied das Hessische Landes­so­zi­al­gericht.

Dem Verfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde: Eine Frau aus dem Vogelsbergkreis ist als Lohnbuch­halterin bei einer Steuer­fach­an­walts­kanzlei mit insgesamt zehn Beschäftigten tätig. Mit den anderen beiden Mitar­bei­te­rinnen der Buchhal­tungs­ab­teilung nahm sie an einer von einem Sportverein ausgerichteten Bierwanderung teil. Sie liefen dabei einen Parcours von 7 km mit mehreren Stationen ab. Beim Ausklang der Bierwanderung nach 22 Uhr stürzte die 58-jährige Frau und verletzte sich am linken Unterarm. Den Antrag der Frau auf Anerkennung eines Arbeitsunfalls lehnte die Berufsgenossenschaft ab. Die Veranstaltung habe nicht dem Zweck gedient, die Betrie­bs­ver­bun­denheit zwischen Arbeitgeber und Mitarbeitern zu fördern. Es habe sich vielmehr um eine private Veranstaltung der Mitar­bei­te­rinnen gehandelt. Zudem sei die von einem Sportverein veranstaltete Wanderung, an welcher 2.500 Personen teilgenommen hätten, nicht unter­neh­mens­bezogen organisiert worden.

Von Dritten organisierte Großver­an­stal­tungen stellen keine betrieblichen Gemein­schafts­ver­an­stal­tungen dar

Das Hessische Landes­so­zi­al­gericht und die Vorinstanz bestätigten die Entscheidung der Berufs­ge­nos­sen­schaft. Zwar stünden auch Unfälle im Rahmen betrieblicher Gemein­schafts­ver­an­stal­tungen unter dem Schutz der gesetzlichen Unfall­ver­si­cherung. Voraussetzung sei jedoch, dass der Arbeitgeber die Veranstaltung als eigene betriebliche Gemein­schafts­ver­an­staltung durchführe oder durchführen lasse. Die Teilnahme müsse allen Beschäftigen offen stehen und objektiv möglich sein. Zudem müsse die Veranstaltung darauf abzielen, die Zusam­men­ge­hö­rigkeit der Beschäftigten untereinander zu fördern. Dies sei dann nicht der Fall, wenn Freizeit, Unterhaltung, Erholung oder sportliche bzw. kulturelle Interessen im Vordergrund stünden. Die Veranstaltung müsse zudem im Wesentlichen allein für die Beschäftigten angeboten werden.

Veranstaltung fehlt es an eigener Programm­ge­staltung der Steuer­fach­an­walts­kanzlei

Nehmen lediglich drei von zehn Mitarbeitern an der Veranstaltung teil, sei bereits fraglich, ob es sich um eine betriebliche Gemein­schafts­ver­an­staltung handele. Jedenfalls fehle es aber an einer eigenen Programm­ge­staltung der Steuer­fach­an­walts­kanzlei. Auch ein Zusatz- oder Rahmenprogramm sei nicht ersichtlich. Damit handele es sich um keine eigenständige betriebliche Gemein­schafts­ver­an­staltung, sondern dem äußeren Erschei­nungsbild nach lediglich um die Teilnahme an einer von einem Sportverein organisierten Großver­an­staltung, die nicht nur den Beschäftigten, sondern jedermann offen gestanden habe. Die Richter verwiesen außerdem darauf, dass weder die Unternehmen noch deren Beschäftigte es in der Hand hätten, den Schutz der gesetzlichen Unfall­ver­si­cherung auszuweiten. Dementsprechend käme es auch nicht darauf an, ob der Arbeitgeber die Teilnahmekosten übernehme und die Mitarbeiter verpflichte, während der Veranstaltung betriebliche Kleidung zu tragen. Eine Wanderung von Bierstation zu Bierstation sei zudem nicht als Betriebssport gesetzlich unfall­ver­sichert.

Hinweise zur Rechtslage

Erläuterungen

§ 2 Sozial­ge­setzbuch Siebtes Buch (SGB VII)

(1) Kraft Gesetzes sind versichert

1. Beschäftigte, [...]

§ 8 SGB VII

(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versi­che­rungs­schutz [...] begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). [...]

Quelle: Hessisches Landessozialgericht/ra-online

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