Dokument-Nr. 16994
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- Hartz IV: Krankhaftes Untergewicht kann zu Mehrbedarf führenSozialgericht Gießen, Urteil09.07.2013, S 22 AS 866/11 WA
- ALG II-Empfänger hat keinen Anspruch auf Gewährung von Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung bei LaktoseintoleranzLandessozialgericht Rheinland-Pfalz, Urteil12.03.2013, L 6 AS 291/10
- Vater hat keinen Anspruch auf Hartz IV-Mehrbedarf für nicht notwendigen "Abholservice" der KinderSozialgericht Heilbronn, Beschluss20.06.2012, S 11 AS 1953/12 ER
Hessisches Landessozialgericht Urteil21.08.2013
Hartz IV: Kein Mehrbedarf für stillende MütterMehrbedarf für stillende Mütter gesetzlich nicht vorgesehen
Eine stillende Mutter hat keinen Anspruch auf Hartz IV-Mehrbedarf. Dies entschied das Hessische Landessozialgericht.
Im zugrunde liegenden Streitfall machte eine stillende Mutter, die Hartz IV bezieht, einen Mehrbedarf geltend. Sie verwies darauf, dass stillende Mütter in den ersten vier Monaten nach der Geburt des Kindes einen um 635 kcal erhöhten Energiebedarf hätten. Da bei schwangeren, nicht aber bei stillenden Frauen ein Mehrbedarf anerkannt werde, liege eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung vor. Gegen die ablehnende Behördenentscheidung erhob die Frau aus Wiesbaden Klage.
Erhöhte Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung ist nicht krankheitsbedingt
Die Richter des Hessischen Landessozialgerichts und der Vorinstanz gaben der Hartz IV-Behörde Recht. Anders als für schwangere Frauen sei ein Mehrbedarf für stillende Mütter gesetzlich nicht vorgesehen. Die Frau könne sich auch nicht auf einen erhöhten Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung berufen, da diese nicht krankheitsbedingt sei. Ferner liege kein im Einzelfall unabweisbarer besonderer Bedarf vor. Erhöhte Kosten, die typischerweise durch das Stillen auftreten würden, stünden zudem Ersparnisse beim Kauf von Milchnahrung für das Baby gegenüber.
Gesetzgeber muss Mehrbedarf für stillende Mütter nicht regeln
Eine Regelleistung grundsätzlich als Festbetrag zu gewähren, verstoße auch nicht gegen Verfassungsrecht, da der Gesetzgeber bei der Ordnung von Massenentscheidungen typisierende und pauschalierende Regelungen treffen dürfe. Der im Regelsatz enthaltene Anteil für Ernährung müsse deshalb nicht dem individuellen Bedarf angepasst werden. Daher müsse der Gesetzgeber einen Mehrbedarf für stillende Mütter auch nicht gesetzlich regeln.
Hinweise zur Rechtslage
§ 21 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II)
Erläuterungen
(1) Mehrbedarfe umfassen Bedarfe nach den Absätzen 2 bis 6, die nicht durch den Regelbedarf abgedeckt sind.
(2) Bei werdenden Müttern wird nach der zwölften Schwangerschaftswoche ein Mehrbedarf von 17 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt.
(5) Bei Leistungsberechtigten, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, wird ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt.
(6) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, laufender, nicht nur einmaliger besonderer Bedarf besteht.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 15.10.2013
Quelle: Hessisches Landessozialgericht/ra-online
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