18.10.2024
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Finanzgericht Hamburg Urteil12.03.2013

Prostituierte muss für gewerbliche Einkünfte Steuern zahlenFinanzgericht schätzt Umsatz und Gewinn aufgrund eigener Schät­zungs­be­fugnis

Eigen­pro­sti­tution ist ein Gewerbebetrieb, da sich die Prostituierten sich am allgemeinen wirtschaft­lichen Verkehr beteiligen und ihre Leistungen am Markt anbieten. Sie unterliegen somit der Gewer­be­steu­er­pflicht. Dies hat das Finanzgericht Hamburg entschieden.

In dem zugrunde liegenden Streitfall war die Klägerin als Prostituierte tätig und mietete sich hierfür in einem sog. Laufhaus ein Zimmer. Steuern zahlte sie nicht und gab auch keine Steue­r­er­klä­rungen ab. Als sich im Zuge straf­recht­licher Ermittlungen wegen Betrugstaten Preislisten und Quittungen bei ihr fanden, schätzte das Finanzamt Umsätze zwischen 170.000 Euro bis 320.000 Euro pro Jahr und erließ Steuerbescheide für Einkommen-, Umsatz- und Gewerbesteuer mehrerer Jahre. Die Klägerin wandte sich an das Finanzgericht Hamburg. Die Schätzungen seien völlig überhöht, zumal sie nur tageweise gearbeitet habe. Die Klägerin reichte nun Steue­r­er­klä­rungen ein, nach denen sie maximal 17.200 Euro pro Jahr eingenommen hatte. Die Klägerin meinte zudem, als Klein­un­ter­nehmerin unterliege sie nicht der Umsatzsteuer und habe auch keine Gewerbesteuern zu zahlen.

Klägerin stand in keinem Beschäf­ti­gungs­ver­hältnis und arbeitete auf eigene Rechnung

Dem ist das Finanzgericht Hamburg nicht gefolgt. Trotz ihrer inzwischen eingereichten Steue­r­er­klä­rungen sei die Klägerin zu schätzen, weil sie keine nachvoll­ziehbaren Aufzeichnungen über ihre Einnahmen und Ausgaben vorlegt habe. Das Finanzgericht Hamburg ging von 48 Arbeitswochen pro Jahr und Tageseinnahmen von durch­schnittlich 500 Euro aus, die die Klägerin nach den aufgefundenen Quittungen mit ein bis drei Kunden habe erzielen können, und berechnete einen Umsatz der Klägerin von jährlich 120.000 Euro. Unter Berück­sich­tigung der Zimmermiete von täglich 120 Euro und geschätzten weiteren Betriebsausgaben von 5.000 Euro verblieb ein Gewinn von 85.000 Euro pro Jahr. Das Finanzgericht Hamburg stellte nach Vernehmung eines Milieubeamten und des Zimmer­ver­mieters fest, dass die Klägerin auf eigene Rechnung gearbeitet und in keinem Beschäf­ti­gungs­ver­hältnis gestanden habe. Das Laufhaus sei kein eigenständiger Bordellbetrieb. Weil die Klägerin selbst in Abrede genommen hatte, Zahlungen an einen Zuhälter abgeführt zu haben, konnte das Finanzgericht Hamburg auch keine weiteren Betrie­bs­ausgaben schätzen.

Prostituierte ist zur Zahlung von Gewerbesteuer verpflichtet

Mit dem Bundesfinanzhof bejahte das Finanzgericht Hamburg die Gewer­be­steu­er­pflicht. Eigenprostitution sei ein Gewerbebetrieb, denn die Prostituierten beteiligten sich am allgemeinen wirtschaft­lichen Verkehr und böten ihre Leistungen am Markt an. Die entge­gen­stehende Rechtsprechung, die auf einem Urteil des Großen Senats des Bundes­fi­nanzhofs von 1964 beruht, sei überholt.

Quelle: Finanzgericht Hamburg/ra-online

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