21.11.2024
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Gerichtshof der Europäischen Union Urteil07.03.2013

Beschluss über kostenlose Zuteilung von Treib­h­aus­ga­s­e­mis­si­ons­zer­ti­fikaten ab 2013 mit Unionsrecht vereinbarPolen sah in dem Beschluss zu Unrecht einen Verstoß gegen Vertrag über die Arbeitsweise der EU sowie gegen die Richtlinie

Der Beschluss der Kommission über die kostenlose Zuteilung von Treib­h­aus­ga­s­e­mis­si­ons­zer­ti­fikaten ab 2013 ist mit dem Unionsrecht vereinbar. Die Betreiber von Indus­trie­anlagen, die Kohle als Brennstoff verwenden, werden durch den Beschluss nicht diskriminiert. Dies hat der Bundes­ge­richtshof entschieden.

Um Emissionen von Treibhausgas zu verringern, hat der Unions­ge­setzgeber 2003 eine Richtlinie erlassen, mit der er ein System für den Handel mit Treib­h­aus­ga­s­e­mis­si­ons­zer­ti­fikaten in der Union geschaffen hat. Nach dieser Richtlinie war es Aufgabe der Kommission, die nötigen Durch­füh­rungs­maß­nahmen zu erlassen, um die kostenlose Zuteilung dieser Emissionszertifikate zu harmonisieren.

Kommission legt Benchmarks fest

Die Kommission hat daher 2011 einen Beschluss erlassen, der im Wesentlichen die kostenlose Zuteilung von Emissi­ons­zer­ti­fikaten für die in der Richtlinie definierten ortsfesten Anlagen in Handels­zeit­räumen ab 2013 regelt. Sie hat für jeden Sektor und Teilsektor so genannte Benchmarks festgelegt, die sich an der Durch­schnitts­leistung der effizientesten Anlagen des jeweiligen Sektors oder Teilsektors in den Jahren 2007 und 2008 orientieren. Auf der Grundlage dieser Benchmarks wird dann ab 2013 die Zahl der Emissi­ons­zer­ti­fikate berechnet, die jeder betroffenen Anlage kostenlos zuzuteilen sind.

Polen: Beschluss verstößt gegen Richtlinie

Polen war der Auffassung, dass der Beschluss der Kommission sowohl gegen den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) als auch gegen die Richtlinie verstoße, und hat deshalb Klage beim Gericht der Europäischen Union erhoben.

Gericht der Europäischen Union weist Klage ab

In seinem Urteil vom heutigen Tag stellt das Gericht erstens fest, dass der Beschluss eine Maßnahme zur Durchführung der Richtlinie darstellt, die ihrerseits auf der Grundlage der Bestimmungen des AEUV zur Umweltpolitik erlassen wurde. Das Gericht weist deshalb die Klage Polens ab, soweit dieser Mitgliedstaat die Rechtmäßigkeit des Beschlusses im Hinblick auf die Bestimmungen des AEUV zur Energiepolitik in Frage stellt.

Kein Verstoß gegen Grundsatz der Gleich­be­handlung bei Festlegung der Benchmarks

Das Gericht stellt zweitens fest, dass die Kommission nicht gegen den Grundsatz der Gleich­be­handlung verstoßen hat, als sie sich bei der Festlegung der Benchmarks für die Berechnung der Menge der zuzuteilenden Emissi­ons­zer­ti­fikate zur Gleich­be­handlung von Anlagen entschieden hat, die sich in unter­schied­lichen Situationen befinden, weil sie unter­schiedliche Brennstoffe verwenden.

Unterscheidung der Produkt-Benchmarks kann zur Erhöhung der Emissionen führen

Hierzu führt das Gericht aus, dass eine Unterscheidung der Produkt-Benchmarks nach Maßgabe des verwendeten Brennstoffs den Industrieanlagen, in denen ein hohe CO2-Emissionen verursachender Brennstoffe verwendet wird, keine Anreize böte, nach Lösungen zur Verringerung ihrer Emissionen zu suchen. Eine solche Unterscheidung bärge außerdem die Gefahr einer Erhöhung der Emissionen, da die Betreiber von Indus­trie­anlagen, in denen ein Brennstoff mit geringen CO2-Emissionen verwendet wird, dazu veranlasst werden könnten, diesen durch einen Brennstoff mit höherer CO2-Emission zu ersetzen. Das Gericht ist auch der Auffassung, dass die Entscheidung, Erdgas – einen geringe CO2-Emissionen verursachenden Brennstoff – für die Festlegung der Wärme- und Brennstoff-Benchmarks heranzuziehen, eine Verringerung der Treib­h­aus­ga­s­e­mis­sionen bezweckt.

Wirtschaftliche und soziale Konsequenzen zur CO2-Reduzierung wurden berücksichtigt

Das Gericht stellt drittens fest, dass der angefochtene Beschluss die wirtschaft­lichen und sozialen Konsequenzen der Maßnahmen zur CO2-Reduzierung angemessen berücksichtigt. Zum einen werden die anwendbaren Durch­füh­rungs­be­stim­mungen ab 2013 schrittweise eingeführt. Da die Anlagen mit hohem CO2-Ausstoß – wie die Anlagen in Polen, die Kohle verwenden – für ihre Produktion viele Zertifikate benötigen, werden sie zunächst mehr kostenlose Zertifikate erhalten, um ihren Bedarf zu decken. Zum anderen hat der Gesetzgeber Mechanismen geschaffen, um die Bemühungen der Mitgliedstaaten mit relativ niedrigem Pro-Kopf-Einkommen und besseren Wachs­tum­s­chancen dabei zu unterstützen, die CO2-Intensität ihrer Volks­wirt­schaften bis 2020 zu verringern.

Mitglieds­s­taaten werden alle Zertifikate versteigern können

Das Gericht stellt schließlich fest, dass ab 2013 die Versteigerung das Grundprinzip für das System für die Zuteilung von Emissi­ons­zer­ti­fikaten sein wird. So werden die Mitgliedstaaten alle Zertifikate versteigern können, die nicht kostenlos zugeteilt werden, damit die Betreiber der Anlagen die fehlenden Zertifikate erwerben können. Zudem wird dieses System mit dem „Verur­sa­cher­prinzip“ im Einklang stehen, da die Anlagen mit dem höchsten CO2-Ausstoß verpflichtet sein werden, den Preis für die ersteigerten Zertifikate zu zahlen oder ihre Emissionen zu verringern.

Richtlinie belässt Mitgliedstaaten Handlungs­spielraum

Daher weist das Gericht das Argument Polens zurück, der angefochtene Beschluss bewirke eine Verringerung der Wettbe­wer­bs­fä­higkeit der Unternehmen in Mitgliedstaaten, in denen in erster Linie Kohle als Brennstoff für die Produktion eingesetzt werde. Hierzu führt das Gericht aus, dass die Richtlinie die unter­schied­lichen Gegebenheiten in den einzelnen Regionen der Union berücksichtigt hat und den Mitgliedstaaten einen Handlungs­spielraum belässt, der es ihnen ermöglicht, zugunsten der Sektoren und Teilsektoren, für die wegen der Kosten der Treib­h­aus­ga­s­e­mis­sionen ein erhebliches Risiko einer Verlagerung von CO2-Emissionen besteht, finanzielle Maßnahmen zu ergreifen und für die Anlagen in diesen Sektoren und Teilsektoren eine kostenlose Zuteilung von Zertifikaten vorzusehen. Unter diesen Umständen weist das Gericht die Klage Polens gegen die Kommission insgesamt ab.

Quelle: Gericht der Europäischen Union/ra-online

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