23.11.2024
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Gerichtshof der Europäischen Union Beschluss14.11.2014

Anspruch auf Ausgleichs­zahlung wegen Flugverspätung: Kollision eines Treppen­fahrzeugs mit einem Flugzeug ist kein "außer­ge­wöhn­licher Umstand"Kollision eines Flugzeugs mit einem Treppenfahrzeug ist als Vorkommnis anzusehen, das Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit eines Luft­fahrt­unter­nehmens ist

Die Kollision eines Treppen­fahrzeugs mit einem Flugzeug ist kein außer­ge­wöhn­licher Umstand, der das Luft­fahrt­unter­nehmen von seiner bei Verspätung eines Fluges von mehr als drei Stunden bestehenden Ausgleichs­pflicht befreien könnte. Eine solche Kollision ist nämlich als ein Vorkommnis anzusehen, das Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit eines Luft­fahrt­unter­nehmens ist. Dies entschied der Gerichtshof der Europäischen Union.

Nach dem Unionsrecht sind die Luftfahrtunternehmen verpflichtet, den Fluggästen bei Annullierung eines Fluges oder einer Verspätung von mehr als drei Stunden einen Ausgleich zu leisten (vgl. Gerichtshof der Europäischen Union, Urteil v. 19.11.2009 - C-402/07 und C-432/07 - und Gerichtshof der Europäischen Union, Urteil v. 23.10.2012 - C-581/10 und C-629/10 -). Das Luftfahrt­un­ter­nehmen ist jedoch von seiner Ausgleichs­pflicht befreit, wenn es nachweisen kann, dass die Annullierung oder Verspätung auf außer­ge­wöhnliche Umstände zurückgeht, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären.

Flugge­sell­schaft sieht in Kollision des Treppen­fahrzeugs mit dem Flugzeug "außer­ge­wöhn­lichen Umstand"

Frau Sandy Siewert, Frau Emma Siewert und Frau Nele Siewert buchten bei dem Luftfahrt­un­ter­nehmen Condor einen Flug von Antalya (Türkei) nach Frankfurt (Deutschland). Bei diesem Flug kam es zu einer Ankunfts­ver­spätung von mehr als sechs Stunden. Condor trägt vor, diese Verspätung sei darauf zurückzuführen, dass das Flugzeug am Vorabend auf dem Stuttgarter Flughafen beschädigt worden sei. Ein Treppenfahrzeug sei gegen das Flugzeug gefahren und habe einen Flügel strukturell beschädigt, so dass das Flugzeug habe ersetzt werden müssen. Dabei handele sich um einen „außer­ge­wöhn­lichen Umstand“, der sie von ihrer Ausgleichs­pflicht befreie. Das mit der Rechtssache befasste Amtsgericht Rüsselsheim (Deutschland) wollte vom Gerichtshof wissen, ob ein Vorkommnis wie die Kollision eines Treppen­fahrzeugs mit einem Flugzeug als „außer­ge­wöhn­licher Umstand“ zu qualifizieren und das Luftfahrt­un­ter­nehmen damit von seiner Ausgleichs­pflicht befreit ist.

Technische Probleme, die nicht Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit des Luftfahrt­un­ter­nehmens sind, können als außer­ge­wöhnliche Umstände angesehen werden

In seinem Beschluss weist der Gerichtshof darauf hin, dass technische Probleme als außer­ge­wöhnliche Umstände angesehen werden können, wenn sie ein Vorkommnis betreffen, das nicht Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit des Luftfahrt­un­ter­nehmens ist und aufgrund seiner Natur oder Ursache von ihm tatsächlich nicht zu beherrschen ist (vgl. Gerichtshof der Europäischen Union, Urteil v. 22.12.2008 - C-549/07 -).

Am Flugzeug entstandener Schaden wurde nicht durch einen außerhalb der normalen Flugha­fen­dienst­leis­tungen liegende Handlung verursacht

Zur Kollision eines Treppen­fahrzeugs mit einem Flugzeug ist zu bemerken, dass Treppen­fahrzeuge oder Gangways bei der Beförderung von Fluggästen im Luftverkehr notwen­di­gerweise eingesetzt werden (um es diesen zu ermöglichen, aus dem Flugzeug ein- und auszusteigen), so dass die Luftfahrt­un­ter­nehmen regelmäßig mit Situationen konfrontiert sind, die sich aus dem Einsatz solcher Geräte ergeben. Deshalb ist die Kollision eines Flugzeugs mit einem Treppenfahrzeug als ein Vorkommnis anzusehen, das Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit eines Luftfahrt­un­ter­nehmens ist. Darüber hinaus deutet nichts darauf hin, dass der im vorliegenden Fall an dem Flugzeug entstandene Schaden durch einen außerhalb der normalen Flugha­fen­dienst­leis­tungen liegenden Akt wie einen Sabotageakt oder eine terroristische Handlung (die unter den Begriff „außer­ge­wöhnliche Umstände“ fallen) verursacht worden wäre.

Luftfahrt­un­ter­nehmen kann in Anbetracht der großen Verspätung des Fluges nicht von Ausgleichs­pflicht befreit werden

Der Gerichtshof folgert daraus, dass ein solches Vorkommnis nicht als „außer­ge­wöhn­licher Umstand“ qualifiziert werden kann, so dass das Luftfahrt­un­ter­nehmen in Anbetracht der großen Verspätung des Fluges nicht von seiner Ausgleichs­pflicht gegenüber den Fluggästen befreit war.

Quelle: Gerichtshof der Europäischen Union/ra-online

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