15.11.2024
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Gerichtshof der Europäischen Union Urteil25.02.2016

EU-Staatsbürger dürfen in den ersten drei Monaten des Aufenthalts von bestimmten Sozia­l­leis­tungen ausgeschlossen werdenVersagung setzt keine Prüfung der persönlichen Umstände des Betreffenden voraus

Der Gerichtshof der Europäischen Union hat bekräftigt, dass Staats­an­ge­hörigen anderer Mitgliedstaaten während der ersten drei Monate ihres Aufenthalts bestimmte Sozia­l­leis­tungen versagt werden dürfen. Eine solche Versagung setzt keine individuelle Prüfung voraus.

Mit seinem heutigen Urteil bekräftigt der Gerichtshof seine neuere Rechtsprechung, wonach ein Mitgliedstaat Staats­an­ge­hörige anderer Mitgliedstaaten während der ersten drei Monate ihres Aufenthalts von bestimmten Sozialleistungen (wie den deutschen Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende und ihre Kinder*) ausschließen kann (vgl. EuGH, Urteil v. 15.09.2015 - C-67/14 - und EuGH, Urteil v. 11.11.2014 - C-333/13 -).

Richtlinie erlaubt Versagung sämtlicher Sozia­l­hil­fe­leis­tungen in den ersten drei Monaten des Aufenthalts

Der Gerichtshof weist darauf hin, dass Unionsbürger nach der "Unions­bür­ger­richtlinie"** das Recht auf Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat für einen Zeitraum von bis zu drei Monaten haben, wobei sie lediglich im Besitz eines gültigen Perso­na­l­aus­weises oder Reisepasses sein müssen und ansonsten keine weiteren Bedingungen zu erfüllen oder Formalitäten zu erledigen brauchen. Da die Mitgliedstaaten von Unionsbürgern während dieses Zeitraums nicht verlangen dürfen, dass sie über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebens­un­terhalts und eine persönliche Absicherung für den Krankheitsfall verfügen, erlaubt die Richtlinie den Mitgliedstaaten, zur Erhaltung des finanziellen Gleichgewichts ihrer Systeme der sozialen Sicherheit den betreffenden Unionsbürgern während der ersten drei Monate ihres Aufenthalts jegliche Sozia­l­hil­fe­leis­tungen zu verweigern***. Eine solche Versagung setzt nach Auffassung des Gerichtshofs keine Prüfung der persönlichen Umstände des Betreffenden voraus.

Hintergrund des Rechtsstreits

Mit seinem Urteil antwortet der Gerichtshof auf Fragen des Landes­so­zi­al­ge­richts Nordrhein-Westfalen (Deutschland), das einen Rechtss­treit**** zwischen der spanischen Familie Peña-García und einem deutschen Jobcenter entscheiden muss. Das Jobcenter hatte es abgelehnt, Herrn Joel Peña Cuevas und seinem Sohn für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts in Deutschland Leistungen der Grundsicherung nach deutschem Recht zu gewähren. Die deutschen Rechts­vor­schriften sehen nämlich vor, dass Ausländer während der ersten drei Monate ihres Aufenthalts grundsätzlich von diesen Leistungen ausgeschlossen sind. Herr Peña Cuevas und sein Sohn kamen Ende Juni 2012 nach Deutschland, einige Monate später als Frau García Nieto und ihre gemeinsame Tochter. Zu diesem Zeitpunkt übte Frau García-Nieto bereits eine reguläre Tätigkeit aus, wegen der sie ab Juli 2012 sozia­l­ver­si­che­rungs­pflichtig wurde. Ab diesem Monat bezog die Familie auch Kindergeld, und die Kinder besuchen seit Ende August die Schule.

Erläuterungen
*Es handelt sich um Grund­si­che­rungs­leis­tungen nach dem deutschen Sozial­ge­setzbuch Zweites Buch. Andere Leistungen, wie Kindergeld, sind nicht Gegenstand des vorliegenden Urteils.

** Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familien­an­ge­hörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 und zur Aufhebung der Richtlinien 64/221/EWG, 68/360/EWG, 72/194/EWG, 73/148/EWG, 75/34/EWG, 75/35/EWG, 90/364/EWG, 90/365/EWG und 93/96/EWG (ABl. L 158, S. 77, berichtigt in ABl. 2004, L 229, S. 35).

*** Diese Regel gilt nicht für Arbeitnehmer, Selbständige und Personen, denen dieser Status erhalten bleibt.

**** Der Rechtsstreit ist aufgrund der Berufung des Jobcenters in zweiter Instanz anhängig. In erster Instanz hatte das Sozialgericht Gelsenkirchen der Klage der Familie Peña-García stattgegeben.

Quelle: Gerichtshof der Europäischen Union/ra-online

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