21.11.2024
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Sie sehen die Silhouette einer Person, welche an einer Wand mit vielen kleinen Bildern vorbeigeht.

Dokument-Nr. 19316

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Urteil11.12.2014Gerichtshof der Europäischen UnionC-212/13
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • DAR 2015, 76Zeitschrift: Deutsches Autorecht (DAR), Jahrgang: 2015, Seite: 76
  • NJW 2015, 463Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2015, Seite: 463
  • ZD 2015, 77Zeitschrift für Datenschutz (ZD), Jahrgang: 2015, Seite: 77
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ergänzende Informationen

Gerichtshof der Europäischen Union Urteil11.12.2014

Richtlinie zum Schutz perso­nen­be­zogener Daten gilt auch für Video­auf­zeich­nungen privater Überwa­chungs­kameras an Einfa­mi­li­en­häusernBerechtigtes Interesse der Hauseigentümer am Schutz des Eigentums, der Gesundheit und der Familie ist jedoch zu würdigen

Der Gerichtshof der Europäischen Union hat entschieden, dass die Richtlinie zum Schutz perso­nen­be­zogener Daten auf die Video­auf­zeichnung mit einer Überwa­chungs­kamera anwendbar ist, die von einer Person an ihrem Einfamilienhaus angebracht wurde und auf den öffentlichen Straßenraum gerichtet ist. Die Richtlinie ermöglicht jedoch die Würdigung des berechtigten Interesses dieser Person, das Eigentum, die Gesundheit und das Leben seiner selbst und seiner Familie zu schützen.

Nach der Richtlinie zum Schutz perso­nen­be­zogener Daten* ist die Verarbeitung solcher Daten grundsätzlich nur erlaubt, wenn die betroffene Person ihre Einwilligung gegeben hat. Die Richtlinie findet jedoch keine Anwendung auf die Daten­ver­a­r­beitung, die von einer natürlichen Person zur Ausübung ausschließlich persönlicher oder familiärer Tätigkeiten vorgenommen wird.

Sachverhalt

Herr Ryneš und seine Familie waren wiederholt Ziel von Angriffen eines Unbekannten, und die Fenster ihres Hauses wurden mehrfach eingeschlagen. Als Reaktion auf diese Angriffe brachte Herr Ryneš an dem Haus seiner Familie eine Überwachungskamera an, die den Eingang des Hauses, den öffentlichen Straßenraum sowie den Eingang des gegen­über­lie­genden Hauses aufzeichnete. In der Nacht vom 6. auf den 7. Oktober 2007 wurde eine Fensterscheibe seines Hauses mittels einer Schleuder beschossen und zerstört. Die der Polizei übergebenen Aufzeichnungen der Überwa­chungs­kamera ermöglichten die Identifizierung von zwei Verdächtigen, gegen die Strafverfahren eingeleitet wurden.

Täter und Amt rügen Verstoß gegen Vorschriften zum Schutz perso­nen­be­zogener Daten

Einer der Verdächtigen beanstandete jedoch beim tschechischen Amt für den Schutz perso­nen­be­zogener Daten die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung der von der Überwa­chungs­kamera von Herrn Ryneš aufgezeichneten Daten. Das Amt stellte fest, dass Herr Ryneš tatsächlich gegen die Vorschriften zum Schutz perso­nen­be­zogener Daten verstoßen habe, und verhängte eine Geldbuße gegen ihn. Das Amt führte hierzu u. a. aus, dass die Daten des Verdächtigen ohne seine Einwilligung aufgezeichnet worden seien, obwohl er sich im öffentlichen Straßenraum aufgehalten habe, d. h. auf dem Teil der Straße, der sich vor dem Haus von Herrn Ryneš befinde.

Nationales Gericht erbittet Vorab­ent­scheidung des EuGH über mögliche Zulässigkeit der Video­auf­zeich­nungen

Der in der Kassa­ti­o­ns­be­schwer­de­instanz mit dem Rechtsstreit zwischen Herrn Ryneš und dem Amt befasste Nejvyšší správní soud (Oberstes Verwal­tungs­gericht, Tschechische Republik) möchte vom Gerichtshof wissen, ob die Aufzeichnung, die Herr Ryneš vorgenommen hat, um sein Leben, seine Gesundheit und sein Eigentum zu schützen (d. h. die Aufzeichnung perso­nen­be­zogener Daten von Personen, die sein Haus vom öffentlichen Straßenraum aus angegriffen haben), eine Daten­ver­a­r­beitung darstellt, die nicht von der Richtlinie erfasst wird, weil die Aufzeichnung von einer natürlichen Person zur Ausübung ausschließlich persönlicher oder familiärer Tätigkeiten vorgenommen wurde.

Von der Kamera aufgezeichnetes Bild einer Person fällt unter den Begriff der perso­nen­be­zogenen Daten

In seinem Urteil weist der Gerichtshof erstens darauf hin, dass sich der Begriff der perso­nen­be­zogenen Daten im Sinne dieser Richtlinie auf alle Informationen über eine bestimmte oder bestimmbare natürliche Person bezieht. Als bestimmbar wird eine Person angesehen, die durch Zuordnung zu einem oder mehreren spezifischen Elementen, die Ausdruck ihrer physischen Identität sind, direkt oder indirekt identifiziert werden kann. Das von einer Kamera aufgezeichnete Bild einer Person fällt somit unter den Begriff der perso­nen­be­zogenen Daten, da es die Identifikation der betroffenen Person ermöglicht.

Video­über­wachung stellt automatisierte Verarbeitung der Daten dar

Ebenso fällt die Video­über­wachung, bei der perso­nen­be­zogene Daten aufgezeichnet und gespeichert werden, in den Anwen­dungs­bereich der Richtlinie, da sie eine automatisierte Verarbeitung dieser Daten darstellt.

Video­über­wachung des öffentlichen Raums kann nicht als eine „ausschließlich persönliche oder familiäre Tätigkeit“ angesehen werden

Der Gerichtshof stellt zweitens fest, dass die Ausnahme, die in der Richtlinie für die Daten­ver­a­r­beitung vorgesehen ist, die von einer natürlichen Person zur Ausübung ausschließlich persönlicher oder familiärer Tätigkeiten vorgenommen wird, eng auszulegen ist. Daher kann eine Video­über­wachung, die sich auf den öffentlichen Raum erstreckt und dadurch auf einen Bereich außerhalb der privaten Sphäre desjenigen gerichtet ist, der die Daten verarbeitet, nicht als eine „ausschließlich persönliche oder familiäre Tätigkeit“ angesehen werden.

Berechtigtes Interesse des Verant­wort­lichen für Video­auf­zeich­nungen am Schutz seines Eigentums und seiner Familie muss gewürdigt werden

Zugleich muss das nationale Gericht bei der Anwendung der Richtlinie berücksichtigen, dass ihre Bestimmungen** die Möglichkeit eröffnen, das berechtigte Interesse des für die Daten­ver­a­r­beitung Verant­wort­lichen, das Eigentum, die Gesundheit und das Leben seiner selbst und seiner Familie zu schützen, zu würdigen.

Personen müssen bei unver­hält­nis­mäßigem Aufwand nicht über Verarbeitung ihrer Daten informiert werden

Insbesondere darf erstens die Verarbeitung perso­nen­be­zogener Daten u. a. dann ohne die Einwilligung der betroffenen Person erfolgen, wenn sie zur Verwirklichung des berechtigten Interesses des für die Verarbeitung Verant­wort­lichen erforderlich ist. Zweitens muss eine Person nicht über die Verarbeitung ihrer Daten informiert werden, wenn dies unmöglich ist oder unver­hält­nis­mäßigen Aufwand erfordert. Drittens können die Mitgliedstaaten die in der Richtlinie vorgesehenen Pflichten und Rechte beschränken, sofern eine solche Beschränkung für die Verhütung, Ermittlung, Feststellung und Verfolgung von Straftaten oder für den Schutz der Rechte und Freiheiten anderer Personen notwendig ist.

Quelle: Gerichtshof der Europäischen Union/ra-online

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