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Bayerisches Landessozialgericht Urteil10.01.2012
Bemessung von Unfallrente bei vorrübergehender flexibler ArbeitszeitEinkommen verringerter Arbeitszeit wegen Promotion stellt keine Grundlage zur Bemessung von Verletztenrente dar
Hinterlässt ein Arbeitsunfall Dauerfolgen, erhalten die Verletzten eine Rente der gesetzlichen Unfallversicherung. Die Rentenhöhe bemisst sich nach dem letzten Jahresverdienst. Wurde jedoch wegen einer flexiblen Teilzeit ein vorübergehend geringeres Entgelt vereinbart, ist es unbillig, eine dem Grunde nach unstrittige Verletztenrente nur aus dem Teilzeitentgelt zu errechnen. Dies geht aus einer Entscheidung des Bayerischen Landessozialgerichts hervor.
Im zugrunde liegenden Fall hatte eine 26-jährigeTierärztin nach Abschluss ihres Studiums eine Stelle in einer Veterinärklinik für Pferde angenommen. Um ihre Doktorarbeit zur Verwachsung von Knochenimplantaten fertigen und die nötigen Experimente durchführen zu können, hatte sie ihre Arbeitszeit im Rahmen einer flexiblen Teilzeit reduziert. Im April 2000 stürzte ein Pferd während der Behandlung auf die Tierärztin, die dadurch einen Trümmerbruch des Fußes erlitt. Als Dauerfolge ergab sich eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 %. Die Berufsgenossenschaft errechnete die Verletztenrente aus dem Teilzeitentgelt. Dagegen wandte sich die Tierärztin im Klagewege, weil die Teilzeit von vorneherein nur für die Zeit der Promotion befristet verabredet gewesen sei. Die berechnete Verletztenrente entspreche damit nicht ihren verletzungsbedingt verminderten Verdienstmöglichkeiten.
Errechnen der Verletztenrente nur aus Teilzeitentgelt unbillig
Das Bayerische Landessozialgericht gab der Tierärztin Recht. Nach dem Werdegang der Tierärztin sei es unbillig, wenn sich die dem Grunde nach unstrittige Verletztenrente nur aus dem Teilzeitentgelt errechne. Der teilzeitbedingte Minderverdienst resultiere aus der Sondersituation der Promotion, also einer beruflich veranlassten Einkommensverringerung mit dem Ziel, dadurch später ein höheres Einkommen und einen höheren Lebensstandard zu erreichen. Tatsächlich hatte die Tierärztin nach Abschluss ihrer Doktorarbeit eine Gehaltsverdoppelung erhalten.
LSG legt nach jahrelanger Verfahrensdauer geltend gemachten Jahresarbeitsverdienst als Untergrenze zur Berechnung der Rentenhöhe
Zwischen dem Unfall und der Entscheidung des Bayerischen Landessozialgerichts waren fast 12 Jahre vergangen. Die beklagte Berufsgenossenschaft hatte es in all diesen Jahren nach Auffassung des Gerichts nicht zustande gebracht, über die Rentenhöhe zu entscheiden und dabei das eingeräumte Ermessen fehlerfrei auszuüben. Auch gerichtliche Vergleichsbemühungen waren ohne Erfolg geblieben. Deshalb sah das Bayerische Landessozialgericht Anlass für eine Ausnahmeentscheidung: Es verurteilte die Berufsgenossenschaft zum fehlerfreien Ermessensgebrauch, legte aber dafür das Jahresarbeitsverdienst, das die Tierärztin geltend gemacht hatte, als Untergrenze fest.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 27.03.2012
Quelle: Bayerisches Landessozialgericht/ra-online
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