21.11.2024
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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil15.05.2014

Pflicht zur Zahlung des Rundfunk­beitrags im privaten Bereich und nicht privaten Bereich verfas­sungsgemäßErhebung des Rundfunk­beitrags mit Bayerischer Verfassung vereinbar

Die Pflicht zur Zahlung eines Rundfunk­beitrags im privaten Bereich für jede Wohnung und im nicht privaten Bereich für Betriebsstätten sowie für Kraftfahrzeuge ist verfas­sungsgemäß. Dies entschied der Bayerische Verfassungs­gerichts­hof und wies mehrere Popularklagen gegen die Erhebung des neuen Rundfunk­beitrags zurück.

Gegenstand der zugrunde liegenden zwei Popula­r­kla­ge­ver­fahren war die Frage, ob der Zustim­mungs­be­schluss des Bayerischen Landtags vom 17. Mai 2011 zu mehreren Bestimmungen des Rundfunk­bei­trags­staats­vertrags (RBStV) über die Erhebung von Rundfunk­bei­trägen im privaten und im nicht privaten Bereich gegen die Bayerische Verfassung verstößt.

Kläger der Popularklage (Vf. 24-VII-12): Drogeriekette Rossmann

Kläger der Popularklage ( Vf. 24-VII-12) ist die Droge­rie­ma­rktkette Rossmann. Rossmann sieht sich hinsichtlich des neuen Rundfunk­beitrags in ihrem Gleich­heitsgebot verletzt. Rossmann trug vor, wegen des neuen Rundfunk­beitrags deutlich höhere Kosten zu haben. Statt vorher ca. 40.000 Euro Rundfunkgebühr pro Jahr müsse Rossmann jetzt ca. 200.000 Euro Rundfunkbeitrag jährlich zahlen. Die Rossmann GmbH sieht das Gleich­heitsgebot (vgl. Artikel 101 und 118 der Bayerischen Verfassung) als verletzt an, weil Unternehmen mit vielen Filialen deutlich mehr zahlen müssten, als Betreiber mit nur einem Standort, obwohl die Mitarbeiterzahl gleich sei.

Kläger der Popularklage (Vf. 8-VII-12): Jurist Ermano Geuer

Der Kläger des Verfahrens Vf. 8-VII-12 ist der Passauer Jurist Ermano Geuer. Er ist der Ansicht, dass der neue Rundfunkbeitrag im Kern eine Steuer sei und gar kein Beitrag. Ein Beitrag sei an eine Gegenleistung geknüpft, eine Steuer aber nicht. Den Rundfunkbeitrag müsse aber jeder zahlen, egal ob er die Leistung in Anspruch nehme oder nicht. Die Bundesländer hätten zum Erlass einer Steuer aber keine Kompetenz. Eine Rundfunksteuer lasse sich weder aus Artikel 105 Absatz 2a GG noch aus den Ertrags­kom­pe­tenzen des Artikel 106 GG herleiten. Damit würde den Ländern die Gesetz­ge­bungs­kom­petenz fehlen.

Hintergrund zur Erhebung des Rundfunk­beitrags

Bis zum Inkrafttreten der angegriffenen Bestimmungen wurde der öffentlich-rechtliche Rundfunk durch gerätebezogene Rundfunk­ge­bühren finanziert. Vor dem Hintergrund der technischen Entwicklung und zunehmenden Verbreitung von multi­funk­ti­onalen Geräten wurde dieses Finan­zie­rungs­system umgestellt. Seit Januar 2013 werden geräte­u­n­ab­hängige, wohnungs- und betrie­bs­s­tät­ten­be­zogene Rundfunk­beiträge erhoben. Im privaten Bereich ist für jede Wohnung ein Rundfunkbeitrag in Höhe von monatlich 17,98 Euro zu entrichten; damit ist auch der Rundfunkempfang in privaten Kraftfahrzeugen abgegolten. Die Rundfunk­beiträge für Betriebsstätten sind nach der Zahl der Beschäftigten gestaffelt; ferner sind betrieblich genutzte Kraftfahrzeuge in bestimmtem Umfang beitrags­pflichtig.

Antragsteller rügen Verstoß gegen allgemeine Handlungs­freiheit und gegen den Gleichheitssatz

Die Antragsteller machen geltend, der neue Rundfunkbeitrag verstoße u. a. gegen die allgemeine Handlungs­freiheit (Art. 101 Bayerische Verfassung – BV) und den Gleichheitssatz (Art. 118 Abs. 1 BV). Sie beanstanden, dass die Beitragspflicht unabhängig davon besteht, ob in einer Wohnung oder Betriebsstätte Empfangsgeräte bereitgehalten werden. Es sei nicht gerechtfertigt, einen Rundfunkbeitrag zu verlangen, wenn die Gegenleistung nicht gewünscht werde oder mangels Empfangsgerät nicht in Anspruch genommen werden könne. In Betrieben sei der Rundfunkkonsum zudem die Ausnahme und nicht die Regel. Der Sache nach handle es sich daher auch nicht um eine Vorzugs-, sondern um eine Gemeinlast in der Form einer Steuer auf Räumlichkeiten, für deren Regelung eine Recht­set­zungs­be­fugnis der Länder fehle. Da deutliche Mehreinnahmen zu erwarten seien, weite der Gesetzgeber die Finanzierung der Rundfunk­an­stalten über das notwendige Maß hinaus aus. Im nicht privaten Bereich würden kleine Betriebe sowie Handels­un­ter­nehmen mit vielen Verkaufsstätten überpro­por­tional belastet. Die Beitragspflicht für betrieblich genutzte Kraftfahrzeuge sei systemwidrig. Die Anzeigepflicht der Beitrags­schuldner und der vorgesehene Melde­da­te­n­ab­gleich verletzten das Grundrecht auf informationelle Selbst­be­stimmung ebenso wie das Auskunftsrecht der Landes­rund­funk­anstalt gegenüber dem jeweiligen Grund­s­tücks­ei­gentümer oder bei Wohnungs­ei­gen­tums­ge­mein­schaften gegenüber dem Verwalter.

Gewählte Typisierung für Vollzug einer einfachen und praktikablen Ausgestaltung der Abgabenpflicht nach Auffassung des Bayerische Landtags und der Bayerischen Staatsregierung sachgerecht

Der Bayerische Landtag und die Bayerische Staatsregierung halten die Popularklagen für unbegründet. Im neuen Beitragsmodell sei entscheidend, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk angeboten werde, dass also jederzeit die Möglichkeit bestehe, Rundfunk­pro­gramme als allgemein zugängliche Quelle zu nutzen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass nach statistischen Erhebungen in Deutschland in 97 % aller Wohnungen mindestens ein Fernseher, in 96 % mindestens ein Radio und in 77 % mindestens ein internetfähiger Computer vorhanden seien. Für die Zulässigkeit der gewählten Typisierung spreche weiter, dass der Vollzug eine einfache und praktikable Ausgestaltung der Abgabenpflicht erfordere. In Unternehmen werde ebenfalls typischerweise Rundfunk empfangen. Die Staffelung des zu zahlenden Beitrags nach der Anzahl der Beschäftigten sei sachgerecht. Das Innehaben eines betrieblich genutzten Kraftfahrzeugs sei ebenfalls tauglicher Anknüp­fung­s­tat­bestand für eine Rundfunk­bei­trags­pflicht. Die Abgaben­pflichtigen hätten die Rundfunkabgabe zu zahlen, weil ihnen durch den Rundfunk eine allgemeine Infor­ma­ti­o­ns­quelle erschlossen werde, also ein Vorteil zuwachse. Es handle sich daher nicht um eine in die Gesetz­ge­bungs­zu­stän­digkeit des Bundes fallende Steuer. Die Anzei­ge­pflichten und Auskunftsrechte seien durch das Interesse an einer angemessenen Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gerechtfertigt. Durch den Melde­da­te­n­ab­gleich werde der Entstehung von Vollzugs­de­fiziten entgegengewirkt.

Der Bayerische Rundfunk, die Bayerische Landeszentrale für neue Medien, das Zweite Deutsche Fernsehen und das Deutsch­landradio halten die Popularklagen ebenfalls für unbegründet.

Der Bayerische Verfas­sungs­ge­richtshof wies die Popularklagen ab. Die Entscheidung stützt sich auf folgende Grundsätze:

1. Die Vorschriften des Rundfunk­bei­trags­staats­vertrags über die Erhebung eines Rundfunk­beitrags im privaten Bereich für jede Wohnung (§ 2 Abs. 1 RBStV) und im nicht privaten Bereich für Betriebsstätten (§ 5 Abs. 1 RBStV) sowie für Kraftfahrzeuge (§ 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 RBStV) sind mit der Bayerischen Verfassung vereinbar.

2. Bei dem Rundfunkbeitrag handelt es sich um eine nicht­steu­erliche Abgabe, die in die Gesetz­ge­bungs­kom­petenz der Länder fällt. Sie ist sowohl im privaten wie auch im nicht privaten Bereich im Gegensatz zu einer Steuer nicht „voraus­set­zungslos“ geschuldet, sondern wird als Gegenleistung für das Programmangebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks erhoben.

3. Dem Charakter einer Vorzugslast steht nicht entgegen, dass auch die Inhaber von Raumeinheiten, in denen sich keine Rundfun­k­emp­fangs­geräte befinden, zahlungs­pflichtig sind. Der Verhält­nis­mä­ßig­keits­grundsatz zwingt den Gesetzgeber nicht dazu, eine Befrei­ungs­mög­lichkeit für Personen vorzusehen, die von der ihnen eröffneten Nutzungs­mög­lichkeit keinen Gebrauch machen wollen.

4. Im privaten Bereich wird mit der Anbindung der Beitragspflicht an das Innehaben einer Wohnung (§ 3 Abs. 1 RBStV) die Möglichkeit der Rundfunknutzung als abzugeltender Vorteil sachgerecht erfasst.

5. Mit den näher bestimmten Merkmalen Betriebsstätte (§ 6 Abs. 1 und 3 RBStV), Beschäftigte (§ 6 Abs. 4 RBStV) und Kraftfahrzeuge (§ 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 RBStV), welche die Beitragspflicht im nicht privaten Bereich dem Grunde und der Höhe nach steuern, hält der Gesetzgeber sich im Rahmen seines Gestal­tungs­spielraums. Diese Kriterien sind hinreichend reali­täts­gerecht und ausreichend differenziert, um den beitrags­aus­lö­senden Vorteil abzubilden und die Beitragslasten im Verhältnis der Abgaben­pflichtigen untereinander angemessen zu verteilen.

6. Die Anzeige- und Nachweis­pflichten, die § 8 i. V. m. § 9 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 und 3 RBStV den Beitrags­schuldnern auferlegt, sind verfassungsgemäß. Das Auskunftsrecht der Landes­rund­funk­anstalt gegenüber Dritten nach § 9 Abs. 1 Sätze 2 und 3 i. V. m. § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 RBStV ist ebenfalls mit der Bayerischen Verfassung vereinbar. Auch die Vorschrift des § 14 Abs. 9 RBStV über den einmaligen Melde­da­te­n­ab­gleich ist verfas­sungs­rechtlich nicht zu beanstanden.

Zu der Entscheidung im Einzelnen:

Bayerischer VerfGH erklärt Rundfunkbeitrag für verfas­sungsgemäß

Die Pflicht zur Zahlung eines Rundfunk­beitrags im privaten Bereich für jede Wohnung (§ 2 Abs. 1 RBStV) und im nicht privaten Bereich für Betriebsstätten (§ 5 Abs. 1 RBStV) sowie für Kraftfahrzeuge (§ 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 RBStV) ist verfas­sungsgemäß.

Keine Verletzung des Rechts­s­taats­prinzips

Das Rechts­s­taats­prinzip (Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV) ist nicht wegen eines Widerspruchs zur Kompe­ten­z­ordnung des Grundgesetzes verletzt. Der Freistaat Bayern hat mit der Zustimmung zu den angegriffenen Vorschriften des Rundfunk­bei­trags­staats­vertrags von seiner Gesetz­ge­bungs­kom­petenz aus Art. 70 Abs. 1 GG Gebrauch gemacht, ohne dabei die durch die Finanz­ver­fassung des Grundgesetzes gezogenen Grenzen zu überschreiten.

Beitrag wird sowohl im privaten als auch im nicht privaten Bereich nicht „voraus­set­zungslos“ geschuldet

Bei der Zahlungs­ver­pflichtung, die der Rundfunk­bei­trags­staats­vertrag den Inhabern von Wohnungen, Betriebsstätten und Kraftfahrzeugen zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auferlegt, handelt es sich um eine nicht­steu­erliche Abgabe. Der Beitrag ist sowohl im privaten als auch im nicht privaten Bereich im Gegensatz zu einer Steuer nicht „voraus­set­zungslos“ geschuldet, sondern wird als Gegenleistung für das Programmangebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks erhoben. Die Zahlungs­ver­pflichtung besteht unabhängig von der tatsächlichen Rundfunknutzung und knüpft an die bestehende Möglichkeit der Nutzung an, ohne dass, wie bei der früheren gerätebezogenen Rundfunkgebühr, die für einen Empfang erforderlichen Einrichtungen vorhanden sein müssen. Dazu stellen die Beitrag­s­tat­be­stände auf das Innehaben bestimmter Raumeinheiten und damit mittelbar auf die dort vermuteten Nutzungs­mög­lich­keiten für bestimmte Personengruppen ab. Stellt der Rundfunkbeitrag demnach keine Steuer dar, richtet sich die Gesetz­ge­bungs­kom­petenz nach den allgemeinen Regeln für die betroffene Sachmaterie. Der Beitrag ist dem Gebiet des Rundfunks zuzuordnen, das nach der Regel des Art. 70 Abs. 1 GG in die Gesetz­ge­bungs­kom­petenz der Länder fällt.

Erhebung des Rundfunk­beitrags ist sachlich gerechtfertigt

Der Rundfunkbeitrag ist durch seine Ausgleichs­funktion und die Finan­zie­rungs­ga­rantie zugunsten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks besonders sachlich gerechtfertigt. Der Vorteils­aus­gleich dient nach den Vorstellungen des Normgebers zwei inein­an­der­grei­fenden Zwecken: Zum einen soll er den Vorteil abgelten, der daraus entsteht, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk in besonderem Maß die Grundlagen der Infor­ma­ti­o­ns­ge­sell­schaft fördert und einen wichtigen Beitrag zur Integration und Teilhabe an demokratischen, kulturellen und wirtschaft­lichen Prozessen leistet; insoweit ist grundsätzlich jede Person im Einwir­kungs­bereich des öffentlich-rechtlichen Rundfunks an der Finan­zie­rungs­ver­ant­wortung zu beteiligen, weil sie einen gleichsam strukturellen Vorteil aus dessen Wirken zieht. Zum anderen wird ein Entgelt für die Möglichkeit individueller Nutzung verlangt, von der bei typisierender Betrachtung in den gesetzlich bestimmten Raumeinheiten üblicherweise Gebrauch gemacht wird. Auch für den unter­neh­me­rischen Bereich ist bei typisierender Betrachtung die Möglichkeit eröffnet, dass die Rundfunk­pro­gramme in einer besonderen, die Unter­neh­mens­zwecke fördernden Weise genutzt werden, sei es zur Infor­ma­ti­o­ns­ge­winnung, sei es zur (Pausen-)Unterhaltung der Beschäftigten oder Kunden.

Gesetzgeber hat zustehenden Gestal­tungs­spielraum bei der Abgaben­be­messung nicht überschritten

Es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber bei der Abgaben­be­messung den ihm zustehenden Gestal­tungs­spielraum überschritten haben könnte. Die Höhe des Rundfunk­beitrags von monatlich 17,98 Euro entspricht der Summe von monatlicher Grundgebühr (5,76 Euro) und Fernsehgebühr (12,22 Euro), die bis zum 31. Dezember 2012 erhoben wurden. Schon deshalb liegt die Annahme fern, der Rundfunkbeitrag stehe der Höhe nach in grobem Missverhältnis zu den verfolgten Beitragszwecken. Wegen der Ausdehnung der Abgaben­tat­be­stände und der Verringerung von Vollzugs­de­fiziten sind zwar zwangsläufig Mehreinnahmen zu erwarten. Gleichwohl musste der Gesetzgeber bei der Beitrags­be­messung keineswegs davon ausgehen, dass die zu erwartenden Einnahmen den Finanzbedarf des öffentlich-rechtlichen Rundfunks beachtlich und auf Dauer übersteigen würden. Insbesondere hat die KEF für den Planungs­zeitraum 2013 bis 2016 einen ungedeckten Finanzbedarf der öffentlich-rechtlichen Rundfunk­an­stalten von 304,1 Mio. Euro festgestellt. Im Übrigen ist einer etwaigen Kosten­über­deckung dadurch Rechnung getragen, dass Überschüsse am Ende der Beitragsperiode vom Finanzbedarf für die folgende Beitragsperiode abgezogen werden müssen.

Kein Verstoß gegen allgemeine Handlungs­freiheit

Die Zahlungs­pflichten im privaten und im nicht privaten Bereich sind verhältnismäßig und verstoßen daher nicht gegen die allgemeine Handlungs­freiheit (Art. 101 BV). Dies gilt auch für die Inhaber von Raumeinheiten, in denen sich keine Rundfun­k­emp­fangs­geräte befinden. Denn diesen bietet bereits das Programmangebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks Vorteile, auf deren Abgeltung der Rundfunkbeitrag ausgerichtet ist. Ob sie das Angebot tatsächlich nutzen (wollen), ist dem Abgabentyp des Beitrags entsprechend unerheblich. Der Verhält­nis­mä­ßig­keits­grundsatz zwingt den Gesetzgeber nicht dazu, eine Befrei­ungs­mög­lichkeit für Personen vorzusehen, die von der ihnen eröffneten Nutzungs­mög­lichkeit keinen Gebrauch machen wollen.

Rundfunkbeitrag im privaten Bereich nicht unangemessen hoch

Der Rundfunkbeitrag im privaten Bereich ist im Verhältnis zu den verfolgten Zwecken und der gebotenen Leistung auch nicht unangemessen hoch. Bei fehlender wirtschaft­licher Leistungs­fä­higkeit oder in sonstigen Härtefällen sieht § 4 RBStV zur Vermeidung von unver­hält­nis­mäßigen Beein­träch­ti­gungen Befreiungs- und Ermäßi­gung­s­tat­be­stände vor.

Finanzielle Belastungen für Betriebsstätten zumutbar

Im nicht privaten Bereich sind die Belastungen ebenfalls zumutbar. Für Betriebsstätten ist die Höhe des Rundfunk­beitrags gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 RBStV nach der Zahl der neben dem Inhaber in der Betriebsstätte Beschäftigten degressiv gestaffelt. Die gestaffelten Beitragssätze beginnen mit einem Drittel des Rundfunk­beitrags, also 5,99 € monatlich, für Betriebsstätten mit keinem oder bis acht Beschäftigten und reichen bis 180 Rundfunk­beiträge, das sind 3.236,40 € monatlich, für Betriebsstätten mit 20.000 oder mehr Beschäftigten. Daneben ist für jedes zugelassene Kraftfahrzeug ein Drittel des Rundfunk­beitrags zu entrichten, wobei gemäß § 5 Abs. 2 Satz 2 RBStV jeweils ein Kraftfahrzeug für jede beitrags­pflichtige Betriebsstätte beitragsfrei bleibt. Die daraus resultierende finanzielle Belastung ist mit Blick auf die einzelne Betriebsstätte oder das einzelne Kraftfahrzeug gering. Auch soweit sie sich bei großen Betrieben insbesondere wegen besonderer Strukturen mit zahlreichen Filialen erheblich vervielfachen kann, lässt sich ein grobes Missverhältnis zu den verfolgten Zwecken der Kostendeckung und des Vorteils­aus­gleichs nicht erkennen.

Keine Verletzung des Gleich­heits­satzes

Der Gleichheitssatz (Art. 118 Abs. 1 BV) ist nicht verletzt. Indem der Gesetzgeber jedem Wohnungsinhaber (§ 2 Abs. 2 RBStV) ohne weitere Unterscheidung einen einheitlichen Rundfunkbeitrag auferlegt, hat er nicht wesentlich Ungleiches ohne Rechtfertigung gleich behandelt.

Typisierung soll Beitrags­er­hebung vereinfachen und Schutz der Privatsphäre verbessern

Anknüp­fungspunkt für die Rundfunk­bei­trags­pflicht ist die Möglichkeit der Programmnutzung, die im privaten Bereich typisierend den einzelnen Wohnungen und damit den dort regelmäßig in einem Haushalt zusam­men­le­benden Personen zugeordnet wird. Durch den Wohnungsbegriff (§ 3 RBStV) werden verschiedene Lebens­sach­verhalte – von dem allein lebenden „Medien­ver­weigerer“ über die „typische“ Familie bis hin zur „medienaffinen“ Wohnge­mein­schaft – normativ zusammengefasst und einer einheitlichen Beitragspflicht unterworfen, die sämtliche Möglichkeiten der Rundfunknutzung einschließlich der mobilen und derjenigen in einem privaten Kraftfahrzeug abdeckt. In sachlich vertretbarer Weise soll im Vergleich zur früheren gerätebezogenen Rundfunkgebühr das Erhebungs­ver­fahren deutlich vereinfacht und zugleich der Schutz der Privatsphäre verbessert werden, weil Ermittlungen „hinter der Wohnungstüre“ entfallen. Die Typisierung beugt zudem gleich­heits­widrigen Erhebungs­de­fiziten oder Umgehungen und beitrags­ver­mei­denden Gestaltungen vor. Sie verhindert damit eine Benachteiligung der Rechtstreuen und dient einer größeren Abgaben­ge­rech­tigkeit.

Tatsächliche Bereitstellung eines Empfangsgeräts nicht mehr ausschlaggebend

Der Gleichheitssatz verlangt nicht, dass dem einzelnen Wohnungsinhaber zur Vermeidung der Beitragspflicht der Nachweis erlaubt wird, in dem durch seine Wohnung erfassten Haushalt werde das Programm des öffentlich-recht­lichen Rundfunks nicht empfangen. Insbesondere muss der Gesetzgeber nicht an der für die frühere Rundfunkgebühr maßgeblichen Unterscheidung festhalten, ob ein Empfangsgerät bereitgehalten wird oder nicht. Aufgrund der technischen Entwicklung elektronischer Medien im Zuge der Digitalisierung hat das Bereithalten eines Fernsehers oder Radios als Indiz für die Zuordnung eines Vorteils aus dem Rundfunkangebot spürbar an Überzeugungs- und Unter­schei­dungskraft eingebüßt. Rundfunk­pro­gramme werden nicht mehr nur herkömmlich – terrestrisch, über Kabel oder Satellit – verbreitet, sondern auch in das Internet eingestellt. Neben herkömmliche monofunktionale Geräte zum Empfang von Hörfunk- oder Fernseh­pro­grammen tritt eine Vielzahl neuartiger multi­funk­ti­onaler, teilweise leicht beweglicher Geräte, wie internetfähige stationäre oder mobile Perso­na­l­computer, Mobiltelefone und Tabletcomputer. Die Verbreitung der herkömmlichen wie modernen Empfangsgeräte ist nahezu flächendeckend. Aufgrund ihrer Vielge­stal­tigkeit und Mobilität ist es zudem nahezu ausgeschlossen, das Bereithalten solcher Geräte in einem Massenverfahren in praktikabler Weise und ohne unver­hält­nis­mäßigen Eingriff in die Privatsphäre verlässlich festzustellen.

Keine Unterscheidung zwischen Rundfunk- und Fernsehnutzung

Aufgrund der zunehmenden Digitalisierung und Medien­kon­vergenz ist es auch nicht zu beanstanden, dass für die Beitrags­be­messung nicht mehr, wie bei der früheren Rundfunkgebühr, zwischen Hörfunk- und Fernsehnutzung unterschieden, sondern ein einheitlicher, das gesamte Programmangebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks abdeckender Beitrag erhoben wird.

Typisie­rungs­be­fugnis des Gesetzgebers auch im unter­neh­me­rischen Bereich nicht überschritten

Der im nicht privaten Bereich abzugeltende Vorteil, der dem Unternehmer durch das Programmangebot des Rundfunks zuwächst, wird typisierend an die Raumeinheiten Betriebsstätte und Kraftfahrzeug geknüpft und damit den dort sich üblicherweise aufhaltenden, durch die gemeinsame Erwer­b­s­tä­tigkeit verbundenen Personen(gruppen) zugeordnet. Diese Kriterien sind auch unter Berück­sich­tigung der höchst unter­schied­lichen Strukturen im unter­neh­me­rischen Bereich hinreichend reali­täts­gerecht und ausreichend differenziert, um den beitrags­aus­lö­senden Vorteil abzubilden und die Beitragslasten im Verhältnis der Abgaben­pflichtigen untereinander angemessen zu verteilen. Der Gesetzgeber hat auch für den unter­neh­me­rischen Bereich seine weite Typisie­rungs­be­fugnis nicht dadurch überschritten, dass er die Beitragspflicht grundsätzlich unwiderleglich und insbesondere nicht gerätebezogen ausgestaltet hat.

Unter­schiedliche Behandlung von privaten und nicht privaten Bereichen in Bezug auf Beitragspflicht für Kraftfahrzeuge gerechtfertigt

Dass Kraftfahrzeuge unter den Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 RBStV bei der Bemessung des Beitrags im nicht privaten Bereich zu berücksichtigen sind, ist plausibel. Denn im Verhältnis zum sonstigen unter­neh­me­rischen Bereich kommt es in einem betrieblichen Kraftfahrzeug, ähnlich wie in einem Hotel- oder Gästezimmer (§ 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 RBStV), nach der Lebenserfahrung zu einer deutlich gesteigerten Nutzung des (Hörfunk-)Programm­an­gebots. Das darf der Gesetzgeber zum Anlass für eine eigenständige Vorteil­s­ab­geltung nehmen, die mit einem Drittel des Rundfunk­beitrags für jedes beitrags­pflichtige Kraftfahrzeug sachgerecht bemessen ist. Eine verfas­sungs­widrige Ungleich­be­handlung gegenüber dem privaten Bereich, in dem der wohnungs­be­zogene Rundfunkbeitrag die Programmnutzung im privaten Kraftfahrzeug abgilt, scheidet schon wegen der unter­schied­lichen Vorteilslage aus.

Beitrags­staf­felung für Betriebsstätten nach der Zahl der Beschäftigten nicht zu beanstanden

Die in § 5 Abs. 1 Satz 2 RBStV festgelegte degressive Beitrags­staf­felung für Betriebsstätten nach der Zahl der neben dem Inhaber Beschäftigten in zehn Stufen ist sachgerecht und bedarf keiner weiteren Differenzierung. Der zu leistende Beitrag beträgt auf der ersten Stufe für Betriebsstätten mit keinem oder bis acht Beschäftigten ein Drittel des Rundfunk­beitrags, auf der zweiten Stufe für Betriebsstätten mit neun bis 19 Beschäftigten einen Rundfunkbeitrag und auf der zehnten und letzten Stufe für Betriebsstätten mit 20.000 oder mehr Beschäftigten 180 Rundfunk­beiträge. Dass der Einstiegs­beitrag damit deutlich unter dem im privaten Bereich je Wohnung zu leistenden Beitrag liegt, ist angemessen; denn der Vorteil im unter­neh­me­rischen Bereich hat ein spürbar geringeres Gewicht als im privaten Bereich, weil der Rundfunkempfang typischerweise immer nur zeitlich beschränkte Beglei­t­er­scheinung der unter­neh­me­rischen Tätigkeit bleibt. Die stufenweise Degression mit steigender Beschäf­tig­tenzahl in einer Betriebsstätte trägt einerseits diesem qualitativen Unterschied, andererseits der großen Bandbreite unter­schied­licher Betriebsstätten typisierend Rechnung. Unebenheiten und Friktionen, wie sie sich durch die Bemessung in Stufen und den Verzicht auf weitere Unter­schei­dungen etwa zwischen Teilzeit- und Vollzeit­be­schäf­tigten ergeben, sind durch die Ziele der Praktikabilität, der Vermeidung aufwendiger individueller Ermittlungen und der Absicherung gegen Erhebungs­de­fizite in einem Massenverfahren verfas­sungs­rechtlich gerechtfertigt.

Unternehmen mit großer Anzahl von Betriebsstätten oder Kraftfahrzeugen nicht gleich­heits­widrig benachteiligt

Die Beitrags­be­messung führt nicht zu einer gleich­heits­widrigen Benachteiligung von Unternehmen mit einer strukturbedingt großen Anzahl von Betriebsstätten oder Kraftfahrzeugen, etwa von großen Handels­fi­li­a­listen oder Autover­mie­tungen. Solche Unternehmen haben zwar aufgrund der Kombination von Betrie­bs­s­tät­tenbezug und degressiver Staffelung nach der Beschäf­tig­tenzahl in der einzelnen Betriebsstätte höhere Beiträge zu entrichten als Unternehmen mit derselben Mitarbeiterzahl, aber weniger Betriebsstätten und Kraftfahrzeugen. Das ist als Konsequenz der sachgerechten Typisierung vornehmlich nach Raumeinheiten hinzunehmen. Im Übrigen wird im unter­neh­me­rischen Bereich die mit der Unter­neh­mensgröße zunehmende Spreizung der Belastungen dadurch beschränkt, dass § 5 Abs. 2 Satz 2 RBStV für jede beitrags­pflichtige Betriebsstätte des Inhabers jeweils ein Kraftfahrzeug von der Beitragspflicht ausnimmt. Auch wenn sich für Großunternehmen eine Zahlungspflicht in durchaus beachtlicher Höhe ergeben kann, begründet das für sich keinen Verfas­sungs­verstoß, sondern entspricht dem Gebot des Art. 118 Abs. 1 BV, die Belastungen in einer den jeweiligen Vorteil möglichst gleichmäßig abbildenden Weise unter den Beitrags­pflichtigen zu verteilen.

Infor­ma­ti­o­ns­pflicht der Beitrags­schuldner verfas­sungsgemäß

Die Pflicht der Beitrags­schuldner, das Innehaben einer Wohnung, einer Betriebsstätte oder eines beitrags­pflichtigen Kraftfahrzeugs und die weiteren, im Einzelnen bezeichneten Informationen unverzüglich schriftlich der zuständigen Landes­rund­funk­anstalt mitzuteilen und auf Verlangen nachzuweisen (§ 8 i. V. m. § 9 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 und 3 RBStV), ist verfas­sungsgemäß. Sämtliche im Katalog des § 8 Abs. 4 und 5 RBStV aufgeführten Daten sind nötig, um die Person des Beitrags­schuldners eindeutig identifizieren, die Voraussetzungen der Rundfunk­bei­trags­pflicht dem Grunde und der Höhe nach feststellen und das Festset­zungs­ver­fahren durchführen zu können. Die Anzeige- und Nachweis­pflichten der Beitrags­pflichtigen dienen Gemein­wohl­be­langen von hohem Gewicht. Sie zielen auf eine möglichst vollständige Erhebung des Rundfunk­beitrags, um damit die verfas­sungs­rechtlich gewährleistete bedarfsgerechte Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sicherzustellen. Zugleich stellen sie die Grundlage für die durch Art. 118 Abs. 1 BV geforderte Gleichmäßigkeit der Beitrags­er­hebung dar. Bei Abwägung zwischen der eher gering zu wertenden Schwere des Eingriffs in das Recht auf informationelle Selbst­be­stimmung einerseits und dem Gewicht der ihn recht­fer­ti­genden Gründe andererseits sind die Anzeige- und Nachweis­pflichten den Beitrags­schuldnern zumutbar. Ein Interesse, perso­nen­be­zogene Daten nicht zu offenbaren, um der gesetzlich begründeten und verfas­sungs­rechtlich nicht zu beanstandenden Rundfunk­bei­trags­pflicht zu entgehen, ist nicht schutzwürdig. Der Arbeitsaufwand ist im Regelfall marginal und hält sich auch im nicht privaten Bereich selbst für große Unternehmen mit einer Vielzahl von Betriebsstätten, Beschäftigten und Kraftfahrzeugen in einem überschaubaren Rahmen.

Sorgsamer Umgang mit Daten

Die wenigen anzuzeigenden Daten unterliegen zudem einer strikten Bindung an den Zweck der Erhebung des Rundfunk­beitrags. Diese strikte Zweckbindung wird flankiert durch das Gebot des § 11 Abs. 5 Satz 2 RBStV, die erhobenen Daten unverzüglich zu löschen, wenn feststeht, dass sie nicht mehr benötigt werden oder eine Beitragspflicht dem Grunde nach nicht besteht. Unabhängig davon sind nicht überprüfte Daten gemäß § 11 Abs. 5 Satz 3 RBStV spätestens nach zwölf Monaten zu löschen.

Landes­rund­funk­anstalt hat Anspruch auf Auskunft­s­er­teilung über Inhaber der Wohnung oder der Betriebsstätte

Das Auskunftsrecht der Landes­rund­funk­anstalt gegenüber Dritten nach § 9 Abs. 1 Sätze 2 und 3 i. V. m. § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 RBStV ist ebenfalls mit der Bayerischen Verfassung vereinbar. Die Vorschriften verpflichten für den Fall, dass die zuständige Landes­rund­funk­anstalt den Inhaber einer Wohnung oder einer Betriebsstätte nicht feststellen kann, den Eigentümer oder den vergleichbar dinglich Berechtigten der Wohnung oder des Grundstücks, auf dem sich die Betriebsstätte befindet, der Landes­rund­funk­anstalt Auskunft über den tatsächlichen Inhaber der Wohnung oder der Betriebsstätte zu erteilen; bei Wohnungs­ei­gen­tums­ge­mein­schaften kann die Auskunft auch vom Verwalter verlangt werden. Dieses Auskunftsrecht verletzt weder die von der Auskunft betroffenen Inhaber der Wohnung oder Betriebsstätte noch die zur Auskunft verpflichteten Dritten in ihren verfas­sungs­mäßigen Rechten.

Einmaliger Melde­da­te­n­ab­gleich verfas­sungsgemäß

Die Vorschrift über den einmaligen Melde­da­te­n­ab­gleich ist verfas­sungsgemäß. § 14 Abs. 9 RBStV soll es den Landes­rund­funk­an­stalten ermöglichen, die bereits für den früheren Rundfunk­ge­büh­ren­einzug gespeicherten und gemäß § 14 Abs. 6 Satz 1 RBStV weiter verwendbaren Daten einmalig zum Inkrafttreten des neuen Rundfunk­bei­trags­modells mit dem Melderegister abzugleichen und zu vervoll­ständigen, um eine möglichst lückenlose Bestands- und Ersterfassung im privaten Bereich zu erreichen. Die angestrebte Vermeidung eines Vollzugs­de­fizits und Herstellung größerer Beitrags­ge­rech­tigkeit sind legitime Zwecke, die einen Eingriff in das Recht der infor­ma­ti­o­nellen Selbst­be­stimmung rechtfertigen.

Quelle: Bayerischer Verfassungsgerichtshof/ra-online

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