21.11.2024
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Dokument-Nr. 23318

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Urteil20.10.2016BundesverwaltungsgerichtBVerwG 7 C 20.15, BVerwG 7 C 23.15, BVerwG 7 C 27.15, BVerwG 7 C 28.15
Vorinstanzen zu BVerwG 7 C 23.15:
  • Verwaltungsgericht Ansbach, Urteil14.11.2014, AN 14 K 13.02149
  • Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil05.08.2015, 5 BV 15.160
Vorinstanzen BVerwG 7 C 27.15 und BVerwG 7 C 28.15:
  • Verwaltungsgericht Berlin, Urteil05.06.2014, 2 K 252.13 und 2 K 54.14
  • Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil20.08.2015, 12 B 22.14 und 12 B 21.14
ergänzende Informationen

Bundesverwaltungsgericht Urteil20.10.2016

Kein Anspruch auf Zugang zu dienstlichen Telefonlisten von JobcenternGefährdung der Funkti­o­ns­fä­higkeit einer Behörde und Schutz perso­nen­be­zogener Daten können Informations­weitergabe entgegenstehen

Einem Anspruch auf Infor­ma­ti­o­ns­zugang zu den dienstlichen Telefonnummern der Bediensteten von Jobcentern können sowohl die Gefährdung der Funkti­o­ns­fä­higkeit der Behörde als auch der Schutz der perso­nen­be­zogenen Daten der Mitar­bei­te­rinnen und Mitarbeiter entgegenstehen. Dies entschied das Bundes­verwaltungs­gericht.

Die Kläger des zugrunde liegenden Verfahrens begehren unter Berufung auf das Infor­ma­ti­o­ns­frei­heits­gesetz Zugang zu Dienst­te­le­fon­listen der beklagten Jobcenter in Köln, Nürnberg-Stadt, Berlin Mitte und Berlin Treptow-Köpenick. Die Bediensteten dieser Jobcenter sind von ihren Kunden nicht unmittelbar telefonisch zu erreichen. Anrufe werden jeweils von eigens eingerichteten Service-Centern mit einheitlichen Telefonnummern entge­gen­ge­nommen. Soweit die von den Klägern geltend gemachten Ansprüche noch im Streit standen, hatten die Klagen in der Berufungs­instanz keinen Erfolg. Die hiergegen gerichteten Revisionen hat das Bundes­ver­wal­tungs­gericht zurückgewiesen.

Kein Anspruch auf Infor­ma­ti­o­ns­zugang bei Gefährdung der öffentlichen Sicherheit durch Datenweitergabe

Das Oberver­wal­tungs­gericht Münster und der Verwal­tungs­ge­richtshof München haben im Einklang mit den maßgeblichen Rechts­vor­schriften entschieden, dass zu Lasten der Kläger der Ausschlussgrund des § 3 Nr. 2 IFG eingreift. Danach besteht der Anspruch auf Infor­ma­ti­o­ns­zugang nicht, wenn das Bekanntwerden der Information die öffentliche Sicherheit gefährden kann. Zum Schutzgut der öffentlichen Sicherheit gehören u.a. Indivi­du­a­l­rechtsgüter wie Gesundheit und Eigentum sowie die Funkti­o­ns­fä­higkeit und die effektive Aufga­be­n­er­le­digung staatlicher Einrichtungen. Deren Gefährdung liegt vor, wenn aufgrund einer auf konkreten Tatsachen beruhenden prognostischen Bewertung mit hinreichender Wahrschein­lichkeit zu erwarten ist, dass das Bekanntwerden der Information das Schutzgut beeinträchtigt. Von diesem rechtlichen Ausgangspunkt aus haben das Oberver­wal­tungs­gericht Münster und der Verwal­tungs­ge­richtshof München jeweils Tatsachen festgestellt, die zu einer solchen Gefährdung führen. Sie besteht namentlich in nachteiligen Auswirkungen auf die effiziente und zügige Aufga­be­n­er­füllung der Jobcenter, die infolge von direkten Anrufen bei den Bediensteten eintreten können.

Infor­ma­ti­o­ns­zugang bedarf Einwilligung betroffener Mitarbeiter

In den vom Oberver­wal­tungs­gericht Berlin-Brandenburg entschiedenen Fällen waren die Jobcenter Berlin Mitte und Berlin Treptow-Köpenick bereits vom Verwal­tungs­gericht Berlin verpflichtet worden, über die Ansprüche der Kläger erneut zu entscheiden; zuvor muss ermittelt werden, ob die betroffenen Mitarbeiter in den Infor­ma­ti­o­ns­zugang einwilligen. Insoweit sind die verwal­tungs­ge­richt­lichen Urteile rechtskräftig geworden. Eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit war in diesen Verfahren seitens der Jobcenter nicht geltend gemacht worden.

Dienstliche Telefonnummern sind perso­nen­be­zogene Daten und damit vom Schutzbereich des Grundrechts auf informationelle Selbst­be­stimmung erfasst

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht bestätigte, dass dem weitergehenden Anspruch auf Übermittlung der Telefonlisten ohne vorherige Einwilligung der betroffenen Bediensteten § 5 Abs. 1 Satz 1 IFG entgegensteht. Danach darf ohne eine solche Einwilligung Zugang zu perso­nen­be­zogenen Daten nur gewährt werden, soweit das Infor­ma­ti­o­ns­in­teresse des Antragstellers das schutzwürdige Interesse des Dritten am Ausschluss des Infor­ma­ti­o­ns­zugangs überwiegt. Bei den dienstlichen Telefonnummern handelt es sich um perso­nen­be­zogene Daten, die vom Schutzbereich des Grundrechts auf informationelle Selbst­be­stimmung erfasst werden. § 5 Abs. 1 Satz 1 IFG liegt daher ein relativer Vorrang des Datenschutzes vor dem Infor­ma­ti­o­ns­in­teresse zugrunde. Vor diesem Hintergrund war in den entschiedenen Fällen ein Überwiegen der von den Klägern geltend gemachten Interessen zu verneinen.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht/ra-online

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