21.11.2024
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Verwaltungsgericht Neustadt Urteil04.09.2014

Hartz IV-Empfänger hat keinen Anspruch auf Zugang zur Dienst­te­le­fonliste aller Mitarbeiter des JobcentersSchutz perso­nen­be­zogener Daten von Dritten steht Auskunfts­an­spruch gemäß Informations­freiheits­gesetz entgegen

Das Verwal­tungs­gericht Neustadt hat entschieden, dass ein in Braunschweig wohnhafter Bezieher von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozial­ge­setzbuch ("Hartz IV") keinen Anspruch darauf, vom Jobcenter Kaiserslautern Zugang zur aktuellen Dienst­te­le­fonliste aller Mitarbeiter mit der Angabe ihrer Zuständigkeits­bereiche unter Unkennt­lich­machung der jeweiligen Vornamen bzw. Namen zu erhalten.

Der Beklagte des zugrunde liegenden Streitfalls ist eine gemeinsame Einrichtung zwischen der Agentur für Arbeit und dem Landkreis Kaiserslautern und betreut Bezieher von Arbeits­lo­sengeld II im Landkreis Kaiserslautern. Im Internet veröffentlicht der Beklagte zwei Sammel­ruf­nummern sowie eine E-Mail-Adresse. Zur telefonischen Abwicklung seines Betriebs bedient er sich nicht der Hilfe eines Servicecenters. Gebühren für Telefonate werden nicht erhoben. Die telefonische Erreichbarkeit während der Öffnungszeiten stellt der Beklagte dadurch sicher, dass die Mitarbeiter im Sammelruf eingeloggt sind. Die leistungs­be­rech­tigten Hilfeempfänger im Zustän­dig­keits­bereich des Beklagten erhalten die Durchwahlen der jeweils mit einem Vorgang zuständigen Bearbeiter.

Leistungs­emp­fänger verlangt Liste mit allen Durch­wahl­nummern der Sachbearbeiter und Vermittler

Mit Schreiben vom 26. Dezember 2013 stellte der Kläger beim Beklagten den Antrag, ihm binnen einer Monatsfrist eine Liste mit allen Durch­wahl­nummern der Sachbearbeiter und Vermittler, sowie den sachbe­a­r­bei­tenden Mitarbeitern der Wider­spruchs­stelle zur Verfügung zu stellen. Grund seines Anschreibens sei, dass er in den ihm zugänglichen Infor­ma­ti­o­ns­quellen, insbesondere dem Internet, keine Dienst­te­le­fonliste gefunden habe oder diese zum Teil nur von Privatpersonen veröffentlicht worden seien, von denen er nicht wisse, ob sie tatsächlich die richtigen bzw. aktuellen Listen veröffentlicht hätten. Der Beklagte reagierte auf das Anschreiben des Klägers in der Folgezeit nicht.

Kläger beruft sich auf Infor­ma­ti­o­ns­frei­heits­gesetz

Daraufhin hat der Kläger im Mai 2014 Klage erhoben und sich darauf berufen, er habe einen voraus­set­zungslosen Anspruch auf Zugang zur aktuellen Dienst­te­le­fonliste des Beklagten nach dem Infor­ma­ti­o­ns­frei­heits­gesetz (IFG). Ausschluss­gründe stünden dem nicht entgegen. Insbesondere überwiege kein Interesse der Mitarbeiter des Beklagten sein Interesse am Infor­ma­ti­o­ns­zugang.

VG verneint Anspruch auf Zugang zur aktuellen Dienst­te­le­fonliste

Das Verwal­tungs­gericht Neustadt hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass der Kläger keinen Anspruch darauf habe, dass der Beklagte ihm Zugang zur aktuellen Dienst­te­le­fonliste aller Mitarbeiter des Beklagten mit der Angabe ihrer Zustän­dig­keits­be­reiche verschaffe. Zwar habe nach § 1 Abs. 1 IFG "jeder" einen voraus­set­zungslosen Anspruch auf Infor­ma­ti­o­ns­zugang unabhängig davon, aus welchem Interesse dieser geltend gemacht werde. Das IFG solle die demokratische Meinungs- und Willensbildung nachhaltig unterstützen, die Kontrolle staatlichen Handelns verbessern und die Transparenz, Nachvoll­zieh­barkeit und Akzeptanz behördlicher Entscheidungen erhöhen. Der Beklagte sei als Hoheitsträger auch grundsätzlich anspruchs­ver­pflichtet.

Infor­ma­ti­o­ns­an­spruch des Klägers steht Schutz Dritter im Hinblick auf perso­nen­be­zogene Daten entgegen

Die vom Kläger begehrte Dienst­te­le­fonliste des Beklagten sei eine "amtliche Information" im Sinne des IFG. Dem Infor­ma­ti­o­ns­an­spruch des Klägers stehe aber die Schutz­vor­schrift des § 5 Abs. 1 IFG entgegen. Danach dürfe der Zugang zu perso­nen­be­zogenen Daten nur gewährt werden, soweit das Infor­ma­ti­o­ns­in­teresse des Antragstellers das schutzwürdige Interesse des Dritten am Ausschluss des Infor­ma­ti­o­ns­zugangs überwiege oder der Dritte eingewilligt habe. Dies sei vorliegend nicht der Fall.

Infor­ma­ti­o­ns­in­teresse beruht nicht auf Kontrolle staatlichen Handelns sondern auf Befriedigung eines privaten und allgemeinen Infor­ma­ti­o­ns­in­teresses

Bei den vom Kläger verlangten Telefon­durch­wahl­nummern der Mitarbeiter des Beklagten handele es sich um perso­nen­be­zogene Daten "Dritter". Die somit vorzunehmende Abwägung des Infor­ma­ti­o­ns­in­teresses des Klägers gegen das Interesse der Bediensteten des Beklagten am Ausschluss des Infor­ma­ti­o­ns­zugangs gehe zu Lasten des Klägers aus. Nach Ansicht des Gerichts verfolge der Kläger kein besonderes öffentliches Interesse am Zugang zu den in Rede stehenden Informationen. Insbesondere gehe es ihm nicht um eine Kontrolle staatlichen Handelns sondern augenscheinlich um die Befriedigung eines privaten und allgemeinen Infor­ma­ti­o­ns­in­teresses. Diesem sei nur ein sehr geringes Gewicht beizumessen, zumal der in Braunschweig wohnhafte Kläger keinerlei Leistungen vom Beklagten beziehe und auch ansonsten keinen Bezug zum Jobcenter in Kaiserslautern habe. Demgegenüber habe das Interesse des Beklagten und seiner Bediensteten, dass deren Durch­wahl­nummern nicht losgelöst von einem Vorgang an einen unbeteiligten Dritten herausgegeben würden, ein größeres Gewicht. Es sei durch das Recht auf informationelle Selbst­be­stimmung grundrechtlich geschützt. Zwar komme den perso­nen­be­zogenen Daten der Mitarbeiter des Beklagten wegen des dienstlichen Bezuges kein hoher Schutz zu. Jedoch fehle es dem voraus­set­zungslosen Infor­ma­ti­o­ns­zu­gangs­an­spruch des Klägers von vornherein an der spezifischen Nähe zu den begehrten Informationen.

Telefonische Erreichbarkeit der Mitarbeiter ist durch Jobcenter ausreichend gewährleistet

Auch berücksichtige das Gericht bei der Abwägung der beiderseitigen Interessen, dass der Beklagte in Bezug auf die telefonische Erreichbarkeit seiner Mitarbeiter keine größeren Hürden aufgebaut habe. Weder müssten Anrufer eine kosten­pflichtige Servicenummer anrufen noch bediene sich der Beklagte zur telefonischen Abwicklung seines Betriebs der Hilfe eines Call-Centers. Vielmehr stelle der Beklagte die telefonische Erreichbarkeit seiner Bediensteten während der Öffnungszeiten dadurch sicher, dass die Mitarbeiter im Sammelruf eingeloggt seien und die leistungs­be­rech­tigten Hilfeempfänger im Zustän­dig­keits­bereich des Beklagten die Durch­wahl­nummern der jeweils mit einem Vorgang zuständigen Bearbeiter erhielten. Das dargestellte, nur gering zu gewichtende private Interesse des Klägers könne sich dagegen nicht durchsetzen und trete dahinter zurück.

Quelle: Verwaltungsgericht Neustadt/ra-online

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