23.11.2024
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Dokument-Nr. 16757

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Urteil11.09.2013BundesverwaltungsgerichtBVerwG 6 C 25.12
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • JuS 2014, 379 (Friedhelm Hufen)Zeitschrift: Juristische Schulung (JuS), Jahrgang: 2014, Seite: 379, Entscheidungsbesprechung von Friedhelm Hufen
  • NVwZ 2014, 81Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht (NVwZ), Jahrgang: 2014, Seite: 81
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Bundesverwaltungsgericht Urteil11.09.2013

Kein Anspruch einer muslimischen Schülerin auf Befreiung vom koedukativen Schwim­m­un­terrichtSchülerin steht Möglichkeit zum Tragen eines Burkinis offen

Muslimische Schülerinnen können regelmäßig keine Befreiung vom koedukativen Schwim­m­un­terricht verlangen, wenn ihnen die Möglichkeit offensteht, hierbei einen so genannten Burkini zu tragen. Dies entschied das Bundes­verwaltungs­gericht.

Die damals 11-jährige Klägerin des zugrunde liegenden Streitfalls, eine Schülerin muslimischen Glaubens, besuchte ein Gymnasium in Frankfurt am Main mit hohem Anteil muslimischer Schülerinnen. An der Schule wurde für ihre Jahrgangsstufe Schwimmunterricht für Jungen und Mädchen gemeinsam erteilt (koedukativer Schwim­m­un­terricht). Den Antrag, sie hiervon zu befreien, weil die gemeinsame Teilnahme von Jungen und Mädchen am Schwim­m­un­terricht mit den muslimischen Beklei­dungs­vor­schriften nicht vereinbar sei, lehnte die Schule ab.

VGH: Eingriff in das Grundrecht der Glaubens­freiheit durch staatliche Erziehungsziele verfas­sungs­rechtlich gerechtfertigt

Ihre daraufhin erhobene Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Der Verwal­tungs­ge­richtshof Kassel hat angenommen, die Klägerin habe den muslimischen Beklei­dungs­vor­schriften auch im koedukativen Schwim­m­un­terricht genügen können, indem sie eine Schwimm­be­kleidung getragen hätte, die zur Wahrung der muslimischen Beklei­dungs­vor­schriften entwickelt worden sei und den Körper weitgehend bedecke, ohne das Schwimmen zu behindern (Burkini). Der Verwal­tungs­ge­richtshof hat anerkannt, dass die Klägerin in strenger Auslegung des Korans sich auch an das Gebot gebunden fühlt, nicht mit dem Anblick von Jungen in Badebekleidung konfrontiert zu werden, die nicht den muslimischen Beklei­dungs­vor­schriften entspricht, sowie körperliche Berührungen mit Jungen zu vermeiden. Insoweit sei ein Eingriff in das Grundrecht der Glaubens­freiheit jedoch durch die staatlichen Erziehungsziele verfas­sungs­rechtlich gerechtfertigt, die mit dem koedukativen Schwim­m­un­terricht verfolgt würden (Hessischer VGH, Urteil v. 28.09.2012 - 7 A 1590/12).

Anblick männlicher Mitschüler in Badekleidung rechtfertigt keine Befreiung vom Schwim­m­un­terricht

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat die Revision der Klägerin zurückgewiesen. Das Tragen eines Burkini war der Klägerin zumutbar. Die Klägerin hat nicht hinreichend verdeutlichen können, dass und inwiefern die Teilnahme am koedukativen Schwim­m­un­terricht bei Anlegen eines Burkini die aus ihrer Sicht maßgeblichen muslimischen Beklei­dungs­vor­schriften verletzt hätte. Eine Befreiung war auch nicht deshalb geboten, weil sie im Schwim­m­un­terricht den Anblick männlicher Mitschüler in Badekleidung hätte auf sich nehmen müssen. Das Grundrecht der Glaubens­freiheit vermittelt grundsätzlich keinen Anspruch darauf, im Rahmen der Schule nicht mit Verhal­tens­ge­wohn­heiten Dritter - einschließlich solcher auf dem Gebiet der Bekleidung - konfrontiert zu werden, die außerhalb der Schule an vielen Orten bzw. zu bestimmten Jahreszeiten im Alltag verbreitet sind. Die Schulpflicht steht nicht unter dem Vorbehalt, dass die Unter­richts­ge­staltung die gesell­schaftliche Realität in solchen Abschnitten ausblendet, die im Lichte individueller religiöser Vorstellungen als anstößig empfunden werden mögen. Die Gefahr zufälliger Berührungen mit männlichen Mitschülern hätte durch eine entsprechend umsichtige Unter­richts­durch­führung seitens der Lehrer sowie durch eigene Vorkehrungen der Klägerin auf ein hinnehmbares Maß reduziert werden können.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht/ra-online

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