Dokument-Nr. 13685
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Oberverwaltungsgericht Bremen Beschluss13.06.2012
Keine Befreiung vom Schwimmunterricht für 9-jährige Schülerin muslimischen GlaubensPersönlicher Gewissenskonflikt durch Teilnahme am koedukative Sportunterricht bei Schülerinnen der Primarstufe noch nicht zu erwarten
Schülerinnen muslimischen Glaubens der Primarstufe müssen grundsätzlich am koedukativen Schwimmunterricht in der Grundschule teilnehmen. Ein persönlicher Gewissenskonflikt durch die Teilnahme am koedukative Sportunterricht ist bei Mädchen im Alter von etwa acht bis neun Jahren noch nicht zu erwarten. Dies entschied das Oberverwaltungsgericht Bremen.
Im zugrunde liegenden Streitfall hatten muslimische Eltern zu Beginn des 3. Schuljahres für ihre Tochter eine Befreiung von Schwimmunterricht beantragt. Sie machten geltend, dass nach einer strengen Auslegung des Korans, die sie für richtig hielten, die islamischen Bekleidungsvorschriften bereits für Mädchen ab einem Alter von 8 ½ Jahren gelten würden. Ihre Tochter dürfe zwar in einer weitgeschnittenen Kleidung am koedukativen Sportunterricht, nicht aber am koedukativen Schwimmunterricht teilnehmen.
Grundschule und Gerichte lehnen Befreiung vom Schwimmunterricht ab
Die Grundschule lehnte die Befreiung ab. Die Eltern sind mit ihrem Versuch, die Befreiung im Wege einer einstweiligen Anordnung vor Gericht durchzusetzen, sowohl vor dem Verwaltungsgericht als auch jetzt vor dem Oberverwaltungsgericht gescheitert.
Rechtsprechung erkennt Befreiungsanspruch erst nach Einsetzen der Pubertät bzw. nach Vollendung des 12. Lebensjahres an
Das Oberverwaltungsgericht Bremen führt in seiner Entscheidung aus, dass für die Teilnahmepflicht am koedukativen Sportunterricht das Alter der Schülerin von maßgeblicher Bedeutung sei. Nach Einsetzen der Pubertät, jedenfalls aber nach Vollendung des 12. Lebensjahres, erkenne die Rechtsprechung für Schülerinnen muslimischen Glaubens einen Befreiungsanspruch an, wenn die Teilnahme an diesem Unterricht sie in einen persönlichen Gewissenskonflikt bringe. Diese Rechtsprechung könne aber nicht auf Schülerinnen, die die Primarstufe besuchten, übertragen werden. Im Grundschulalter könne im Allgemeinen noch nicht angenommen werden, dass der koedukative Sportunterricht (einschließlich des Schwimmunterrichts) bei den Schülerinnen einen solchen Gewissenskonflikt hervorrufe. In der Primarstufe habe dieser Unterricht eine elementare Bedeutung für die Einübung sozialer Grundregeln.
Tragen eines Burkinis kann Konflikt zwischen Schule und Elternhaus in angemessener Weise lösen
Das Oberverwaltungsgericht hebt hervor, dass den Eltern angeboten worden sei, dass ihre Tochter in einem Ganzkörperbadeanzug (so genannte Burkini) am Schwimmunterricht teilnehmen könne. Dieses Angebot sei dazu geeignet, den Konflikt zwischen Schule und Elternhaus in angemessener Weise zu lösen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 25.06.2012
Quelle: Oberverwaltungsgericht Bremen/ra-online
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