23.11.2024
23.11.2024  
Sie sehen eine Reihe mit gelben Aktenordnern, die mit Barcodes markiert sind.
ergänzende Informationen

Bundesverwaltungsgericht Urteil11.10.2013

Soldatin hat Anspruch auf Kostenübernahme für ärztliche Maßnahmen der künstlichen BefruchtungTruppen­ärztliche Versorgung bedarf gesetzlicher Grundlage

Für die Ansprüche der Soldatinnen und Soldaten auf Heilfürsorge in Form der unentgeltlichen truppen­ärzt­lichen Versorgung besteht keine ausreichende gesetzliche Grundlage. Die bisherige Praxis, den Leistungsumfang der medizinischen Versorgung durch Verwaltungs­vorschriften zu bestimmen, ist verfas­sungs­widrig. Dies entschied das Bundes­verwal­tungs­gericht.

Im Streitfall begehrt die Klägerin, eine Soldatin auf Zeit, die Kostenübernahme für ärztliche Maßnahmen der künstlichen Befruchtung (hier der homologen In-vitro-Fertilisation). Dabei werden der Frau Eizellen aus dem Eierstock entnommen und außerhalb des Mutterleibs mit dem Samen des Ehemanns befruchtet. Der Dienstherr lehnte die Erstattung der Kosten mit der Begründung ab, die künstliche Befruchtung sei durch die Allgemeinen Verwal­tungs­vor­schriften von den Leistungen der truppen­ärzt­lichen Versorgung ausgenommen. Zudem diene sie nicht der Erhaltung oder Wieder­her­stellung der Dienst- und Einsatz­fä­higkeit. Mit ihrer nach erfolglosem Vorverfahren erhobenen Klage hatte die Klägerin in den Vorinstanzen Erfolg.

Erhaltung der physischen und psychischen Integrität der Soldatinnen und Soldaten ein Schutzgut von hohem Rang

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat dies bestätigt. Der verfas­sungs­rechtliche Grundsatz vom Vorbehalt des Gesetzes erfordert, dass der parla­men­ta­rische Gesetzgeber auch im Bereich der truppen­ärzt­lichen Versorgung die tragenden Struk­tur­prin­zipien und den Umfang der Heilfürsorge sowie etwaige Einschränkungen selbst regelt. Es genügt nicht, dass die Verwaltung im Wesentlichen selbst den Umfang der Leistungen, die zur Gesund­heits­ver­sorgung erbracht werden, durch rein interne Vorschriften bestimmt. Dies hatte das Bundes­ver­wal­tungs­gericht bereits in seiner grundsätzlichen Entscheidung vom 17. Juni 2004 - BVerwG 2 C 50.02 - zum Beihilferecht der Beamten festgestellt. Für die Soldatinnen und Soldaten hat die Ausgestaltung der Heilfürsorge eine ebenso herausragende Bedeutung wie die Beihil­fe­vor­schriften für die Beamten. Beide Regelungswerke weisen zwar Unterschiede auf, prägen aber jeweils Art und Umfang der vom Dienstherrn gewährten medizinischen Fürsorge. Die Erhaltung der physischen und psychischen Integrität der Soldatinnen und Soldaten ist ein Schutzgut von hohem Rang.

Kosten für homologe In-vitro-Fertilisation als Heilbehandlung regelmäßig erstat­tungsfähig

Trotz des verfas­sungs­recht­lichen Mangels gelten die Bestimmungen über die truppen­ärztliche Versorgung bis zu der notwendigen Normierung durch den Gesetzgeber grundsätzlich übergangsweise weiter. Damit ist gewährleistet, dass die Leistungen nach einem einheitlichen Handlungs­programm erbracht werden. In der Übergangszeit, die wegen der objektiven Erkennbarkeit der Verfassungswidrigkeit ab Mitte 2004 begann, darf die Verwaltung das bisherige System der truppen­ärzt­lichen Versorgung konkretisieren und vorhandene Spielräume nutzen, aber - anders als der Gesetzgeber - grundsätzlich keine neuen Leistungs­aus­schlüsse schaffen. Deshalb sind die neuen Einschränkungen in den Allgemeinen Verwal­tungs­vor­schriften, die Maßnahmen der künstlichen Befruchtung ausschließen, nicht übergangsweise anzuwenden. Die Kosten für eine homologe In-vitro-Fertilisation sind, wie das Bundes­ver­wal­tungs­gericht bereits in einer Entscheidung aus dem Jahre 2003 (BVerwG 2 C 38.02) festgestellt hat, als Heilbehandlung regelmäßig erstat­tungsfähig.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht/ra-online

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil16978

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI