15.11.2024
15.11.2024  
Sie sehen einen Schreibtisch mit verschiedenen Schreibutensilien, sowie einen Holzstempel auf einem Stempelkissen.
ergänzende Informationen

Bundesverwaltungsgericht Urteil11.10.2016

Neuregelung über Einstellungs­alters­grenze für Beamte in Nordrhein-Westfalen verfas­sungsgemäßErnennung zum Beamten muss grundsätzlich vor Vollendung des 42. Lebensjahres erfolgen

Das Bundes­verwaltungs­gericht hat entschieden, dass die seit Januar 2016 geltende Neuregelung des Landes Nordrhein-Westfalen, wonach eine Ernennung zum Beamten grundsätzlich nur vor Vollendung des 42. Lebensjahres erfolgen kann, weder gegen das Grundgesetz noch gegen Unionsrecht verstößt.

Der 1963 geborene Kläger des zugrunde liegenden Streitfalls ist seit 2004 bei dem beklagten Land als tarif­be­schäf­tigter Lehrer an einem Berufskolleg tätig. Im Jahr 2007 bestand er die Zweite Staatsprüfung für das Lehramt. Im Jahr 2009 stellte er einen Antrag auf Übernahme in das Beamten­ver­hältnis auf Probe. Dieser wurde mit der Begründung abgelehnt, dass der Kläger die für die Ernennung zum Beamten nach der Laufbahn­ver­ordnung geltende Altersgrenze von 40 Jahren bereits überschritten habe. Die hiergegen gerichtete Klage hatte bis zum Bundes­ver­wal­tungs­gericht keinen Erfolg. Das Bundes­ver­fas­sungs­gericht hat die entsprechende Vorschrift der Laufbahn­ver­ordnung des beklagten Landes im Verfahren des Klägers für mit dem Grundgesetz unvereinbar erklärt und die Sache an das Bundes­ver­wal­tungs­gericht zurückverwiesen (Beschluss vom 21. April 2015 - 2 BvR 1322/12, 2 BvR 1989/12). Eine für die Grundrechte der Betroffenen so bedeutende Regelung sei nicht in einer Verordnung, sondern nur in einem Gesetz zu treffen.

BVerwG erklärt Neuregelung für verfas­sungsgemäß

Das beklagte Land hat mit Wirkung vom 1. Januar 2016 eine gesetzliche Altersgrenze von 42 Jahren festgelegt und dazu umfangreiche Ausnah­me­re­ge­lungen getroffen. Auf dieser Grundlage hatte das Bundes­ver­wal­tungs­gericht über das Verbe­am­tungs­be­gehren zu entscheiden. Es hat die Revision des Klägers (erneut) zurückgewiesen. Zur Begründung führte das Gericht im Wesentlichen aus, dass die Neuregelung verfassungsgemäß sei. Sie stelle zwar einen Eingriff in die Grundrechte des Bewerbers aus Art. 33 Abs. 2 (Zugang zu öffentlichen Ämtern) und Art. 12 Abs. 1 GG (Berufsfreiheit) dar. Sie sei jedoch vor dem Hintergrund des beamten­recht­lichen Lebens­zeit­prinzips gerechtfertigt, wonach der Dienstherr ein berechtigtes Interesse an einem angemessenen Verhältnis zwischen Lebens­dienstzeit und Ruhestandszeit habe. Aus demselben Grund liege auch kein Verstoß gegen die Gleich­be­hand­lungs­richtlinie (RL 2000/78/EG) vor.

Land muss keine Ausnahme von der Altersgrenze zulassen

Im Falle des Klägers musste der Beklagte auch keine Ausnahme von der Altersgrenze zulassen. Insbesondere könne sich der Kläger nicht auf § 14 Abs. 10 Nr. 1 Landes­be­am­ten­gesetz NRW (LBG NRW) berufen, weil diese Norm dem Dienstherrn allein im öffentlichen Interesse ermöglicht, Ausnahmen vorzusehen, wenn er nämlich ein erhebliches dienstliches Interesse hat, den Bewerber zu gewinnen oder zu behalten. Ein subjektives Recht des Bewerbers enthalte diese Vorschrift nicht.

Land darf auch für Altfälle neue, verfas­sungs­gemäße gesetzliche Regelung treffen

Schließlich habe für den Dienstherrn auch kein Anlass für eine Billig­keits­ausnahme nach § 14 Abs. 10 Nr. 2 LBG NRW bestanden. Durch die Unver­ein­ba­r­keits­er­klärung habe das Bundes­ver­fas­sungs­gericht dem beklagten Land die Möglichkeit eingeräumt, auch für Altfälle eine neue, verfas­sungs­gemäße gesetzliche Regelung zu treffen. Das in der Ausnah­me­vor­schrift enthaltene Ermessen habe das beklagte Land in vertretbarer Weise ausgeübt.

Erläuterungen

Gesetz über die Beamtinnen und Beamten des Landes Nordrhein-Westfalen (Landes­be­am­ten­gesetz - LBG NRW) vom 14. Juni 2016

§ 14

Einstellung

[...]

(3) Als Laufbahn­be­werberin oder Laufbahn­be­werber darf in das Beamten­ver­hältnis auf Probe eingestellt werden, wer das 42. Lebensjahr noch nicht vollendet hat.

[...]

(10) Weitere Ausnahmen von der jeweiligen Höchst­al­ters­grenze können zugelassen werden, und zwar

1. für einzelne Fälle oder Gruppen von Fällen, wenn der Dienstherr ein erhebliches dienstliches Interesse daran hat, Bewerberinnen oder Bewerber als Fachkräfte zu gewinnen, zu behalten oder

2. für einzelne Fälle, wenn sich nachweislich der berufliche Werdegang aus von der Bewerberin oder dem Bewerber nicht zu vertretenden Gründen in einem Maß verzögert hat, welches die Anwendung der Höchst­al­ters­grenze unbillig erscheinen ließe.

Ein erhebliches dienstliches Interesse im Sinne von Nummer 1 liegt insbesondere vor, wenn die Ausnah­me­er­teilung zur Sicherstellung der Erledigung der öffentlichen Aufgabe erforderlich ist.

(11) Über die Ausnahmen gemäß Absatz 10 entscheidet für die Beamtinnen und Beamten

1. des Landes die oberste Dienstbehörde als Aufsichts­behörde im Einvernehmen mit dem für Inneres zuständigen Ministerium und dem Finanz­mi­nis­terium,

[...]

Quelle: Bundesverwaltungsgericht/ra-online

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil23311

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI