14.11.2024
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Bundesverwaltungsgericht Urteil21.01.2015

Generelle Höchst­al­ters­grenze für Prüfsach­ver­ständige nach der Hessischen Bauordnung zulässigAltersgrenze ist zur Gewährleistung der Bausicherheit notwendig

Das Bundes­verwaltungs­gericht hat entschieden, dass weder das Allgemeine Gleich­behandlungs­gesetz noch europäisches Unionsrecht dem hessischen Verord­nungsgeber verbieten, eine generelle Höchst­al­ters­grenze von 70 Jahren für Prüfsach­ver­ständige für technische Anlagen und Einrichtungen in bestimmten Gebäuden wie Krankenhäusern, Schulen oder Versamm­lungs­stätten festzusetzen.

Der heute 71jährige Antragsteller des zugrunde liegenden Verfahrens wurde im Oktober 2011 von der Ingenieurkammer Hessen als Prüfsach­ver­ständiger für technische Anlagen und Einrichtungen in Gebäuden anerkannt. Er wendet sich gegen § 7 Abs. 1 Nr. 2 der Hessischen Prüfbe­rech­tigten- und Prüfsach­ver­stän­di­gen­ver­ordnung; danach erlischt die Anerkennung als Prüfsach­ver­ständiger mit der Vollendung des 70. Lebensjahres. Der Antragsteller macht geltend, die Höchst­al­ters­grenze verstoße gegen das Verbot der Alters­dis­kri­mi­nierung. Der Hessische Verwal­tungs­ge­richtshof hat den Normen­kon­trol­lantrag abgelehnt. Die Höchst­al­ters­grenze sei nicht zu beanstanden.

Unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters wird durch Sicher­heits­vor­behalt legitimiert

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat das Urteil der Vorinstanz bestätigt und die Revision des Antragstellers zurückgewiesen. Die generelle Höchst­al­ters­grenze für Prüfsach­ver­ständige stellt zwar eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters nach dem Allgemeinen Gleich­be­hand­lungs­gesetz dar, sie wird aber durch den in Art. 2 Abs. 5 der Europäischen Gleich­be­hand­lungs­richtlinie 2000/78/EG enthaltenen Sicher­heits­vor­behalt legitimiert. Die Festlegung der Altersgrenze für Prüfsach­ver­ständige dient der Gebäu­de­si­cherheit, dem Schutz von Leben und Gesundheit der Gebäudenutzer und der Allgemeinheit (Bausicherheit) und damit der öffentlichen Sicherheit als einem legitimen Zweck. Zur Gewährleistung der Bausicherheit ist die Altersgrenze auch notwendig. Sie ist geeignet, zur Bausicherheit beizutragen, indem sie das altersbedingt erhöhte Risiko von Fehlleistungen bei der Prüftätigkeit ausschließt.

Höchst­al­ters­grenze von 70 Jahren ist für Betroffene nicht unzumutbar

Die Altersgrenze genügt den Anforderungen an eine kohärente und systematische Regelung, weil auch Prüfsach­ver­ständige aus anderen Ländern und anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union mit einem höheren Lebensalter als 70 Jahren nicht in Hessen tätig sein dürfen. Eine flexible Altersgrenze, die an eine individuelle Überprüfung der Leistungs­fä­higkeit des jeweiligen Prüfsach­ver­ständigen knüpft, stellt gegenüber der generellen Höchst­al­ters­grenze ein zwar milderes, aber nicht gleich wirksames Mittel zur Gewährleistung der Bausicherheit dar. Schließlich belastet die Höchst­al­ters­grenze von 70 Jahren den Antragsteller nicht unzumutbar. Sie liegt über dem allgemeinen Renten­ein­tritt­salter sowie über der Regel­al­ters­grenze der technischen Beamten der Bauauf­sichts­be­hörden von 67 Jahren, deren Tätigkeit derjenigen des Prüfsach­ver­ständigen vergleichbar ist.

Auszug aus der Hessischen Verordnung über Prüfberechtigte und Prüfsach­ver­ständige nach der Hessischen Bauordnung:

Erläuterungen

§ 7 Erlöschen, Widerruf und Rücknahme der Anerkennung

(1) Die Anerkennung erlischt, wenn die prüfberechtigte oder prüfsach­ver­ständige Person

1. [...]

2. das 70. Lebensjahr vollendet hat,

3. [...]

4. [...]

Auszug aus der Verordnung über die Prüfung technischer Anlagen und Einrichtungen in Gebäuden (Technische Prüfverordnung - TPrüfVO)

§ 1 Anwen­dungs­bereich

Diese Verordnung gilt für die Prüfung technischer Anlagen und Einrichtungen in

1. Hochhäusern,

2. Verkaufsstätten, deren Verkaufsräume und Ladenstraßen mehr als 2000 m2 Brutto-Grundfläche haben,

3. Versamm­lungs­stätten mit Versamm­lungs­räumen, die einzeln oder insgesamt bei gemeinsamen Rettungswegen mehr als 200 Besucher fassen; bei Museen und ähnlichen Gebäuden gilt diese Verordnung nur für Versamm­lungsräume, die einzeln mehr als 200 Besucher fassen, und ihre Rettungswege,

4. Krankenhäusern,

5. Schank- und Speise­gast­stätten mit mehr als 400 Besucherplätzen und Beher­ber­gungs­stätten mit mehr als 100 Gastbetten,

6. allge­mein­bil­denden und berufsbildenden Schulen, soweit sie nicht ausschließlich der Unterrichtung Erwachsener dienen,

7. Garagen mit einer Nutzfläche von mehr als 1000 m2 einschließlich der Verkehrsflächen und

8. sonstigen Sonderbauten nach § 2 Abs. 8 der Hessischen Bauordnung, soweit die Prüfung zur Gefahrenabwehr erforderlich und nach § 45 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 Nr. 17 der Hessischen Bauordnung im Einzelfall angeordnet worden ist.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht/ra-online

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