18.10.2024
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Bundesverfassungsgericht Beschluss20.09.2007

Versagung des Verhei­ra­te­ten­zu­schlags bei eingetragener Leben­s­part­ner­schaft ist verfas­sungsgemäßGleichheitssatz und Alimen­ta­ti­o­ns­prinzip sind nicht verletzt

Die Beschränkung des Verhei­ra­te­ten­zu­schlags auf verheiratete Beamte ist verfas­sungs­rechtlich nicht zu beanstanden. Dies hat das Bundes­ver­fas­sungs­gericht entschieden. Geklagt hatte eine Beamtin, die mit einer Frau in einer eingetragenen Leben­s­part­ner­schaft lebt.

Beamten wird neben ihrem Grundgehalt ein Familienzuschlag gewährt. Seine Höhe richtet sich nach der Besol­dungs­gruppe und der Stufe, die den Famili­en­ver­hält­nissen entspricht. Zur Stufe 1 gehören gemäß § 40 Abs. 1 Nr. 1 Bundes­be­sol­dungs­gesetz (BBesG) verheiratete, verwitwete sowie geschiedene Beamte, soweit sie aus der Ehe zum Unterhalt verpflichtet sind ("Verhei­ra­te­ten­zu­schlag"). Andere Beamte erhalten nach § 40 Abs. 1 Nr. 4 BBesG den Famili­en­zu­schlag der Stufe 1 nur, wenn sie einer in ihre Wohnung aufgenommenen Person Unterhalt gewähren und das Einkommen dieser Person eine bestimmte Höhe nicht überschreitet. Die Beschwer­de­führerin war bis Mitte 2004 Beamtin. Ende 2001 hatte sie eine eingetragene Leben­s­part­ner­schaft begründet. Ihre Klage vor den Verwal­tungs­ge­richten (VG Stuttgart, VGH Baden-Württemberg, BVerwG) auf Zahlung des Verhei­ra­te­ten­zu­schlags blieb ohne Erfolg. Die hiergegen gerichtete Verfassungsbeschwerde wurde mangels Erfolgsaussicht nicht zur Entscheidung angenommen. Die 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts stellte fest, dass die Beschränkung des Verhei­ra­te­ten­zu­schlags auf verheiratete Beamte verfas­sungs­rechtlich nicht zu beanstanden ist.

Kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG (allgemeiner Gleichheitssatz)

Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG liegt nicht vor. Die Begünstigung verheirateter Beamter gegenüber Beamten in einer eingetragenen Leben­s­part­ner­schaft durch § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG beschränkt sich darauf, dass Verheiratete den Famili­en­zu­schlag der Stufe 1 bereits aufgrund ihres Familienstandes und ohne Berück­sich­tigung des Einkommens ihres Ehegatten erhalten. Während bei Verheirateten also die typischerweise unterstellten finanziellen Belastungen aus der Ehe zur pauschalen Gewährung des Famili­en­zu­schlags führen, bedarf es bei der eingetragenen Leben­s­part­ner­schaft des Nachweises dieser Belastungen im Einzelfall. Die Beschwer­de­führerin hat es abgelehnt, Angaben über ihre tatsächliche Belastung zu machen. Die Begünstigung verheirateter Beamter findet ihre Rechtfertigung in Art. 6 Abs. 1 GG. Dieser Verfassungssatz stellt die Ehe unter den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung; er verpflichtet als wertent­scheidende Grundsatznorm den Staat, die Ehe zu schützen und zu fördern. Der verfas­sungs­rechtliche Förderauftrag berechtigt den Gesetzgeber, die Ehe als die förmlich eingegangene Lebens­ge­mein­schaft von Frau und Mann gegenüber anderen Lebensformen herauszuheben und zu begünstigen.

Alimen­ta­ti­o­ns­prinzip nicht verletzt

Auch das Alimentationsprinzip ist nicht verletzt. Im Rahmen seiner Verpflichtung zur amtsan­ge­messenen Alimentation hat der Gesetzgeber dafür Sorge zu tragen, dass jeder Beamte auch seine Unter­halts­pflichten gegenüber seiner Familie erfüllen kann. Zur Beamtenfamilie werden dabei Ehegatten und die Gemeinschaft eines Beamten mit seinen Kindern gezählt. Auch nach Einführung der eingetragenen Leben­s­part­ner­schaft als neuer Familienstand erfasst der Begriff der Familie im Sinne des Alimen­ta­ti­o­ns­prinzips nicht den Lebenspartner des Beamten.

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht war nicht verpflichtet, ein Vorab­ent­schei­dungs­er­suchen an den Europäischen Gerichtshof zu stellen. Zu der Frage, ob die Richtlinie 2000/78/EG es verbietet, Vergü­tungs­be­standteile wie den Famili­en­zu­schlag nur Verheirateten unter Ausschluss von Beschäftigten in eingetragener Leben­s­part­ner­schaft zu gewähren, liegt noch keine Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs vor. Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat seinen Beurtei­lungs­spielraum, der angesichts dieser Unvoll­stän­digkeit der Rechtsprechung eröffnet war, nicht in unvertretbarer Weise überschritten. Es kam - unter Berück­sich­tigung der Begrün­dungs­er­wä­gungen zu der Richtlinie - vertretbar zu dem Ergebnis, die Richtlinie 2000/78/EG gebiete es nicht, Vergü­tungs­be­standteile, die verheirateten Beschäftigen gewährt werden, auch den Beschäftigten zukommen zu lassen, die eine eingetragene Leben­s­part­ner­schaft eingegangen sind.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 100/07 des BVerfG vom 12.10.2007

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