18.10.2024
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Bundesverfassungsgericht Beschluss16.07.2010

BVerfG: Steuerfreie Abgeord­ne­ten­pau­schale für Bundes­tags­ab­ge­ordnete rechtmäßigBeschwer­de­führer sind nicht in ihrem Grundrecht verletzt

Die steuerfreie Abgeord­ne­ten­pau­schale in Höhe von 3969,- EUR im Monat verstößt nicht gegen das Grundgesetz. Dies entschied das Bundes­ver­fas­sungs­gericht. Die Privilegierung der Abgeordneten gegenüber anderen Steuer­pflichtigen sei wegen der besonderen Stellung des Abgeord­ne­ten­mandats sachlich gerechtfertigt.

Die Abgeordneten es Deutschen Bundestages erhalten zur Abgeltung ihrer durch das Mandat veranlassten Aufwendungen nach § 12 des Abgeord­ne­ten­ge­setzes des Bundes eine monatliche Kostenpauschale, die etwa ein Drittel der gesamten Bezüge umfasst und nach § 3 Nr. 12 Einkom­men­steu­er­gesetz steuerfrei ist (sog. Abgeord­ne­ten­pau­schale). Entsprechendes sieht § 6 des Abgeord­ne­ten­ge­setzes Baden-Württemberg für die Abgeordneten des dortigen Landtages vor.

Kläger wollten Gleich­be­handlung erreichen

Die Beschwer­de­führer beziehen Einkünfte aus nicht­selbst­ständiger Arbeit nach § 19 EStG. Berufsbedingte Aufwendungen können sie - den allgemeinen Regeln des Einkom­men­steu­er­ge­setzes entsprechend - über den Arbeitnehmer-Pauschbetrag hinaus (920,- € bzw. in den Streitjahren 1999/2000: 2.000,- DM) steuerlich nur in dem Umfang geltend machen, in dem sie tatsächlich angefallen sind. Mit ihren Klagen begehrten sie - im Ergebnis erfolglos - jeweils die pauschale Anerkennung von Berufsausgaben in Höhe von einem Drittel der erzielten Einnahmen aus nicht­selbst­ständiger Arbeit, um eine Gleich­be­handlung mit den Abgeordneten des Deutschen Bundestages bzw. des Landtages von Baden-Württemberg zu erreichen. Die klage­ab­wei­senden Entscheidungen des Finanzgerichts wurden durch den Bundesfinanzhof bestätigt.

Die dagegen gerichteten Verfas­sungs­be­schwerden hat das Bundes­ver­fas­sungs­gericht nicht zur Entscheidung angenommen, da die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen. Die Beschwer­de­führer sind nicht in ihrem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG (allgemeiner Gleichsatz) verletzt.

Ungleich­be­handlung findet Rechtfertigung in der besonderen Stellung des Abgeordneten

Grundsätzlich ist es verfas­sungs­rechtlich nicht zu beanstanden, dass Abgeordnete im Gegensatz zu anderen Steuer­pflichtigen zur Abgeltung der mandats­be­zogenen Aufwendungen eine steuerfreie pauschalierte Aufwandsentschädigung erhalten. Die darin liegende Ungleich­be­handlung findet ihre Rechtfertigung in der besonderen Stellung des Abgeordneten, der über die Art und Weise der Wahrnehmung seines Mandats grundsätzlich frei und in ausschließ­licher Verantwortung gegenüber dem Wähler entscheidet. Dies betrifft auch die Frage, welche Kosten er dabei auf sich nimmt. Deren pauschale Erstattung soll Abgren­zungs­schwie­rig­keiten vermeiden, die beim Einzelnachweis mandats­be­dingter Aufwendungen dadurch aufträten, dass die Aufgaben eines Abgeordneten aufgrund der Besonderheiten des Abgeord­ne­ten­status nicht in abschließender Form bestimmt werden könnten. Die Abgeordnetenpauschale entspricht weniger einer Werbungs­kos­ten­pau­schale als eher einem pauschalierten Auslagenersatz für Kosten, deren tatsächlicher Anfall vermutet wird. Wie der Bundesfinanzhof zutreffend ausgeführt hat, dient auch deren Steuerfreiheit der Vereinfachung und der Vermeidung von Abgren­zungs­schwie­rig­keiten, da die Besteuerung der Kostenpauschale und die Geltendmachung der mandats­be­zogenen Aufwendungen als Werbungskosten entfallen. Es ist auch nicht offensichtlich, dass die Abgeord­ne­ten­ent­schä­digung bereits im Kern nicht tatsächlich entstandenen Aufwand ausgleicht.

Fehlendes Rechts­schut­z­in­teresse bzgl. der Höhe der Abgeord­ne­ten­pau­schale

Soweit sich die Verfas­sungs­be­schwerden gegen die Höhe der Abgeord­ne­ten­ent­schä­digung richten, fehlt es bereits am Rechts­schut­z­in­teresse. Der Bundesfinanzhof hat die Entschei­dungs­er­heb­lichkeit dieser Frage zutreffend verneint. Die Beschwer­de­führer können ihre Rechtsposition jedenfalls im Ergebnis nicht verbessern. Selbst wenn in Bezug auf die Höhe der Abgeord­ne­ten­pau­schale ein Gleich­heits­verstoß vorläge, bliebe es dem Gesetzgeber überlassen, auf welche Weise er Abhilfe schaffen würde. Dass infolgedessen den Beschwer­de­führern im Ergebnis ein entsprechend pauschalierter Abzug gewährt würde, ist jedoch offensichtlich ausgeschlossen.

Quelle: Bundesverfassungsgericht / ra-online

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