18.10.2024
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Dokument-Nr. 3210

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Bundesfinanzhof Beschluss21.09.2006

Sind steuerfreie Abgeord­ne­ten­pau­schalen verfas­sungsgemäß?BFH bittet Bundes­fi­nanz­mi­nis­terium um Stellungnahme

Der Bundesfinanzhof hat in mehreren Revisi­ons­ver­fahren, in denen die Kläger ihre im Vergleich zu Abgeordneten des Deutschen Bundestages gleich­heits­widrige Benachteiligung bei der Besteuerung ihres Einkommens behaupten, das Bundes­mi­nis­terium der Finanzen (BMF) um den Verfah­rens­beitritt ersucht. Im Falle eines Beitritts hat das BMF die verfah­rens­rechtliche Stellung eines Verfah­rens­be­tei­ligten und kann sich in den Verfahren äußern und eigene Anträge stellen.

Sein Ersuchen hat der Lohnsteuersenat des Bundes­fi­nanzhofs mit verfas­sungs­recht­lichen Bedenken begründet, die gegen die gesetzlich bestimmte Steuerfreiheit der Kostenpauschale für Abgeordnete (§ 3 Nr. 12 des Einkom­men­steu­er­ge­setzes und § 12 des Abgeord­ne­ten­ge­setzes) erhoben werden. Das Bundes­ver­fas­sungs­gericht habe u.a. im sogenannten Diätenurteil die aus Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes abgeleiteten verfas­sungs­recht­lichen Voraussetzungen und Grenzen für steuerfreie Aufwand­s­pau­schalen gezogen. Danach müsse gewährleistet sein, dass die Steuerfreiheit nur Bezüge zum Ausgleich von einkom­men­steu­erlich absetzbarem, wirklich entstandenem und auch sachlich angemessenem Erwerbsaufwand erfasse.

Im Hinblick auf die verfas­sungs­recht­lichen Vorgaben hat der Bundesfinanhof das BMF gebeten, zu einer Reihe von Fragen Stellung zu nehmen. So insbesondere, ob und ggfs. an Hand welcher Erfahrungswerte der Gesetzgeber von einem jährlichen Erwerbsaufwand eines Abgeordneten in Höhe der steuerfreien Kostenpauschale von derzeit 43 764 € ausgehe, ob sich die Pauschale angesichts weiterer Koste­n­er­stat­tungen auf bestimmte Kostenarten beziehe, aus welchen Gründen die Pauschale im Gegensatz zu anderen Steuer­pau­schalen indexiert sei und Kosten für Repräsentation und Einladungen abgelte, obwohl solche Aufwendungen für andere Steuer­pflichtige nur beschränkt abziehbar sind. Auch Unterschiede bei der einkom­men­steu­er­lichen Behandlung des Verpfle­gungs­mehr­auf­wandes im Rahmen doppelter Haushalts­führung und Auswärt­s­tä­tigkeit sowie bei der privaten Nutzung der zur Verfügung gestellten Beför­de­rungs­mög­lich­keiten gaben ebenso wie die ungekürzte Pauschale trotz Beurlaubung oder Arbeits­un­fä­higkeit zu Fragen Anlass. Schließlich wurde auch um Stellungnahme dazu gebeten, ob es Steuer­pflichtigen möglich sein müsse, einen gleich­heits­widrigen Begüns­ti­gungs­aus­schluss zur Überprüfung zu stellen und ob es dabei bedeutsam sein könne, dass die gleich­heits­widrig begünstigte Gruppe als Gesetzgeber diese Begünstigung selbst für sich geschaffen habe.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 55/06 des BFH vom 18.10.2006

der Leitsatz

EStG § 3 Nr. 12 Satz 1

AbgG §§ 12, 16, § 17 Abs. 2 und 3

GG Art. 3 Abs. 1

Das BMF wird gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 FGO zum Beitritt aufgefordert, um zur Frage der Verfas­sungs­mä­ßigkeit des § 3 Nr. 12 EStG im Hinblick auf die Steuerfreiheit der Amtsausstattung und der Kostenpauschale für Abgeordnete (§ 12 AbgG) Stellung zu nehmen.

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