21.11.2024
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Bundessozialgericht Urteil28.03.2013

Höhe des SGB II-Regelbedarfs für Ehepaar mit einem zweijährigen Kind nicht verfas­sungs­widrig zu niedrig bemessenAufspaltung der Grund­si­che­rungs­leis­tungen in Regelbedarf und Bildungs- und Teilhabebedarf nicht zu beanstanden

Die vom Gesetzgeber für ein Ehepaar mit einem zweijährigen Kind festgelegte Höhe des Regelbedarfs nach dem SGB II ist nicht verfas­sungs­widrig zu niedrig bemessen. Dies entschied das Bundes­so­zi­al­gericht und verneinte einen Verstoß gegen Artikel 1 des Grundgesetzes (Menschenwürde) in Verbindung mit Artikel 20 des Grundgesetzes (Sozial­staats­prinzip).

Der Beklagte des zugrunde liegenden Streitfalls bewilligte dem klagenden Ehepaar sowie ihrem gemeinsamen, am 15. Oktober 2009 geborenen Sohn, dem Kläger zu 3 im Mai 2011 Leistungen zur Sicherung des Lebens­un­terhalts nach dem SGB II in Höhe von monatlich 1.182 Euro. Dabei legte er der Berechnung einen Regelbedarf für die beiden Erwachsenen in Höhe von je 328 Euro sowie für den Kläger zu 3 in Höhe von 215 Euro zu Grunde. Leistungen für Unterkunft und Heizung erbrachte er in tatsächlicher Höhe. Einen Anspruch der Kläger auf höheres ALG II und Sozialgeld hat das Sozialgericht verneint, insbesondere hat es die vom Gesetzgeber zum 1. Januar 2011 neu bestimmte Höhe der Regelbedarfe für verfassungsgemäß gehalten.

Höhe des Regelbedarfs vom Gesetzgeber nicht zu niedrig bemessen

Mit Ihrer dagegen gerichteten Klage hatte die Familie auch Revisi­ons­instanz keinen Erfolg. Das Bundes­so­zi­al­gericht konnte sich insbesondere nicht davon überzeugen, dass der Gesetzgeber die Höhe der Regelbedarfe der Kläger zum 1. Januar 2011 unter Verstoß gegen Artikel 1 Grundgesetz (Menschenwürde) in Verbindung mit Artikel 20 Grundgesetz (Sozial­staats­prinzip) zu niedrig bemessen hat. Dies gilt sowohl für den Regelbedarf eines Alleinstehenden, von dem der Regelbedarf von zwei Erwachsenen, die zusammenleben, abgeleitet ist, als auch dem von zwei Erwachsenen, in deren Haushalt ein zweijähriges Kind lebt.

BSG verneint Verletzung von Verfas­sungsrecht

Ebenso wenig ist der für Kinder bis zur Vollendung des 2. Lebensjahres gesetzlich vorgesehene Bedarf in verfas­sungs­widriger Weise zu niedrig bemessen. Sowohl die Methode (Bestimmung eines Vertei­lungs­sch­lüssels für die Zuordnung der Bedarfe zu einzelnen Personen innerhalb der Familie) zur Bestimmung des kindlichen Bedarfs, als auch die Aufspaltung der Grund­si­che­rungs­leis­tungen in Regelbedarf sowie Bildungs- und Teilhabebedarfe führt nach Ansicht des Bundes­so­zi­al­ge­richts nicht zu einer Verletzung von Verfas­sungsrecht. Regelbedarf und Bedarfe für Bildung und Teilhabe zusam­men­ge­nommen decken den grund­si­che­rungs­re­le­vanten Bedarf von Kindern und Jugendlichen.

Ausbleibende Inanspruchnahme der Teilha­be­leis­tungen nicht entscheidend

Nicht entscheidend ist dabei, dass der Kläger zu 3 im konkreten Fall keine Teilha­be­leis­tungen in Anspruch genommen hat und nicht festgestellt worden ist, welche Teilha­be­an­gebote in der Wohnortgemeinde bzw. dem sozialen Umfeld des Klägers zu 3 tatsächlich vorhanden sind. Die Teilha­bemög­lich­keiten sind zwar abhängig von den örtlichen Verhältnissen. Die Leistungs­ansprüche sollen jedoch lediglich gewährleisten, dass den Betroffenen eine Teilhabe im Rahmen der bestehenden örtlichen Infrastruktur ermöglicht wird.

Sicherung des Existenz­mi­nimums im Bildungs- und Teilhabebereich durch Sach- oder Dienst­leis­tungen und nicht durch Geldleistungen nicht zu beanstanden

Damit reicht es für die Existenz­si­cherung aus, wenn die Inanspruchnahme entsprechender Angebote durch die Teilha­be­leis­tungen grundsätzlich sichergestellt werden kann. Unschädlich ist auch, dass der Gesetzgeber das Existenzminimum im Bildungs- und Teilhabebereich durch Sach- oder Dienst­leis­tungen (vor allem Gutscheine) und nicht durch Geldleistungen sichert, denn die Form der Leistungs­er­bringung ist nach der Rechtsprechung des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts grundsätzlich ihm überlassen. Ebenso wenig ist die Höhe der Teilha­be­leis­tungen von 10 Euro monatlich für Mitglieds­beiträge in den Bereichen Sport, Spiel, Kultur und Geselligkeit, Unterricht in künstlerischen Fächern (zum Beispiel Musikunterricht) und vergleichbare angeleitete Aktivitäten der kulturellen Bildung sowie die Teilnahme an Freizeiten nach Auffassung des Bundes­so­zi­al­ge­richts verfas­sungs­rechtlich zu beanstanden.

Quelle: Bundessozialgericht/ra-online

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