Dokument-Nr. 15531
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Bundessozialgericht Urteil28.03.2013
Höhe des SGB II-Regelbedarfs für Ehepaar mit einem zweijährigen Kind nicht verfassungswidrig zu niedrig bemessenAufspaltung der Grundsicherungsleistungen in Regelbedarf und Bildungs- und Teilhabebedarf nicht zu beanstanden
Die vom Gesetzgeber für ein Ehepaar mit einem zweijährigen Kind festgelegte Höhe des Regelbedarfs nach dem SGB II ist nicht verfassungswidrig zu niedrig bemessen. Dies entschied das Bundessozialgericht und verneinte einen Verstoß gegen Artikel 1 des Grundgesetzes (Menschenwürde) in Verbindung mit Artikel 20 des Grundgesetzes (Sozialstaatsprinzip).
Der Beklagte des zugrunde liegenden Streitfalls bewilligte dem klagenden Ehepaar sowie ihrem gemeinsamen, am 15. Oktober 2009 geborenen Sohn, dem Kläger zu 3 im Mai 2011 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe von monatlich 1.182 Euro. Dabei legte er der Berechnung einen Regelbedarf für die beiden Erwachsenen in Höhe von je 328 Euro sowie für den Kläger zu 3 in Höhe von 215 Euro zu Grunde. Leistungen für Unterkunft und Heizung erbrachte er in tatsächlicher Höhe. Einen Anspruch der Kläger auf höheres ALG II und Sozialgeld hat das Sozialgericht verneint, insbesondere hat es die vom Gesetzgeber zum 1. Januar 2011 neu bestimmte Höhe der Regelbedarfe für verfassungsgemäß gehalten.
Höhe des Regelbedarfs vom Gesetzgeber nicht zu niedrig bemessen
Mit Ihrer dagegen gerichteten Klage hatte die Familie auch Revisionsinstanz keinen Erfolg. Das Bundessozialgericht konnte sich insbesondere nicht davon überzeugen, dass der Gesetzgeber die Höhe der Regelbedarfe der Kläger zum 1. Januar 2011 unter Verstoß gegen Artikel 1 Grundgesetz (Menschenwürde) in Verbindung mit Artikel 20 Grundgesetz (Sozialstaatsprinzip) zu niedrig bemessen hat. Dies gilt sowohl für den Regelbedarf eines Alleinstehenden, von dem der Regelbedarf von zwei Erwachsenen, die zusammenleben, abgeleitet ist, als auch dem von zwei Erwachsenen, in deren Haushalt ein zweijähriges Kind lebt.
BSG verneint Verletzung von Verfassungsrecht
Ebenso wenig ist der für Kinder bis zur Vollendung des 2. Lebensjahres gesetzlich vorgesehene Bedarf in verfassungswidriger Weise zu niedrig bemessen. Sowohl die Methode (Bestimmung eines Verteilungsschlüssels für die Zuordnung der Bedarfe zu einzelnen Personen innerhalb der Familie) zur Bestimmung des kindlichen Bedarfs, als auch die Aufspaltung der Grundsicherungsleistungen in Regelbedarf sowie Bildungs- und Teilhabebedarfe führt nach Ansicht des Bundessozialgerichts nicht zu einer Verletzung von Verfassungsrecht. Regelbedarf und Bedarfe für Bildung und Teilhabe zusammengenommen decken den grundsicherungsrelevanten Bedarf von Kindern und Jugendlichen.
Ausbleibende Inanspruchnahme der Teilhabeleistungen nicht entscheidend
Nicht entscheidend ist dabei, dass der Kläger zu 3 im konkreten Fall keine Teilhabeleistungen in Anspruch genommen hat und nicht festgestellt worden ist, welche Teilhabeangebote in der Wohnortgemeinde bzw. dem sozialen Umfeld des Klägers zu 3 tatsächlich vorhanden sind. Die Teilhabemöglichkeiten sind zwar abhängig von den örtlichen Verhältnissen. Die Leistungsansprüche sollen jedoch lediglich gewährleisten, dass den Betroffenen eine Teilhabe im Rahmen der bestehenden örtlichen Infrastruktur ermöglicht wird.
Sicherung des Existenzminimums im Bildungs- und Teilhabebereich durch Sach- oder Dienstleistungen und nicht durch Geldleistungen nicht zu beanstanden
Damit reicht es für die Existenzsicherung aus, wenn die Inanspruchnahme entsprechender Angebote durch die Teilhabeleistungen grundsätzlich sichergestellt werden kann. Unschädlich ist auch, dass der Gesetzgeber das Existenzminimum im Bildungs- und Teilhabebereich durch Sach- oder Dienstleistungen (vor allem Gutscheine) und nicht durch Geldleistungen sichert, denn die Form der Leistungserbringung ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts grundsätzlich ihm überlassen. Ebenso wenig ist die Höhe der Teilhabeleistungen von 10 Euro monatlich für Mitgliedsbeiträge in den Bereichen Sport, Spiel, Kultur und Geselligkeit, Unterricht in künstlerischen Fächern (zum Beispiel Musikunterricht) und vergleichbare angeleitete Aktivitäten der kulturellen Bildung sowie die Teilnahme an Freizeiten nach Auffassung des Bundessozialgerichts verfassungsrechtlich zu beanstanden.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 02.04.2013
Quelle: Bundessozialgericht/ra-online
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