Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil10.06.2011
LSG Baden-Württemberg: Neuer Hartz IV-Regelsatz ist nicht verfassungswidrigZur Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums notwendigen Leistungen vom Gesetzgeber realitätsgerecht bemessen
Nach Auffassung des Landessozialgerichts Baden-Württemberg bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Neuregelung des Hartz IV-Regelsatzes für alleinstehende erwerbsfähige Leistungsberechtigte auf 364 Euro.
Im zugrunde liegenden Fall verneinte das Landessozialgericht Baden-Württemberg jegliche verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die durch den Gesetzgeber mit Wirkung vom 1. Januar 2011 vorgenommene Neuregelung des Hartz IV-Regelsatzes für alleinstehende erwerbsfähige Leistungsberechtigte auf 364 Euro. Der Gesetzgeber habe die vom Bundesverfassungsgericht in seinen Entscheidungen vom 9. Februar 2010 aufgestellten Kriterien für die Bemessung des Regelbedarfs zutreffend umgesetzt.
Vom Gesetzgeber gewählte Anpassung der Regelsätze nicht zu beanstanden
Zur Begründung führte das Gericht aus, dass sich der Gesetzgeber mit dem so genannten Statistikmodell für ein Verfahren entschieden habe, das geeignet sei, die zur Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums notwendigen Leistungen realitätsgerecht zu bemessen. Die der Anwendung des Statistikmodells zugrunde liegenden Tatsachen habe der Gesetzgeber im Wesentlichen vollständig und zutreffend ermittelt und der Berechnung im Einzelnen valides Datenmaterial zugrunde gelegt. Insbesondere begegne es keinen rechtlichen Bedenken, so das Gericht weiter, dass der Gesetzgeber einzelne Verbrauchspositionen, z.B. für chemische Reinigung, Waschen, Bügeln und Färben der Kleidung, aber auch für Alkohol und Drogen nicht als regelsatzrelevant anerkannt habe. Teilweise liege dies darin begründet, dass diese Positionen bereits anderweitig im Regelsatz enthalten seien, z.B. Verbrauchsausgaben für das häusliche Wäschewaschen, teilweise in ihrer fehlenden existenzsichernden Bedeutung (Alkohol und Drogen). Nicht zuletzt sei auch die vom Gesetzgeber gewählte Anpassung der Regelsätze, abhängig von der Preisentwicklung für regelbedarfsrelevante Waren und Dienstleistungen, nicht zu beanstanden.
§ 20 SGB II - Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts
(1) Der Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasst insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf die Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile sowie persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens. Zu den persönlichen Bedürfnissen des täglichen Lebens gehört in vertretbarem Umfang eine Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft. Der Regelbedarf wird als monatlicher Pauschalbetrag berücksichtigt. Über die Verwendung der zur Deckung des Regelbedarfs erbrachten Leistungen entscheiden die Leistungsberechtigten eigenverantwortlich; dabei haben sie das Eintreten unregelmäßig anfallender Bedarfe zu berücksichtigen.
(2) Als Regelbedarf werden bei Personen, die alleinstehend oder alleinerziehend sind oder deren Partnerin oder Partner minderjährig ist, monatlich 364 Euro anerkannt.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 26.07.2011
Quelle: Landessozialgericht Baden-Württemberg/ra-online