15.11.2024
15.11.2024  
Sie sehen ein altes Ehepaar auf einer Parkbank.

Dokument-Nr. 24591

Drucken
ergänzende Informationen

Bundessozialgericht Urteil20.07.2017

Fehlende Beitrag­s­ent­lastung für Eltern in der gesetzlichen Renten­ver­si­cherung nicht verfas­sungs­widrigGleich­be­handlung von Eltern und Kinderlosen bei der Beitrags­be­messung verstößt nicht gegen die Verfassung

Das Bundes­so­zi­al­gericht hat entschieden, dass es nicht gegen die Verfassung verstößt, wenn von Eltern wegen ihrer Betreuungs- und Erziehungs­leistungen keine niedrigeren Beiträge zur gesetzlichen Renten­ver­si­cherung gefordert werden.

Laut den Ausführungen des Gerichts leisten Eltern durch die Betreuung und Erziehung von Kindern unbestreitbar über ihre monetären Beiträge hinaus auch einen generativen Beitrag, der sich auf den Erhalt der umlage­fi­nan­zierten gesetzlichen Rentenversicherung auswirkt, wenn die Kinder später selbst zu Beitragszahlern werden. Dass Eltern und Kinderlose bei der Beitrags­be­messung dennoch gleich behandelt werden, verstößt jedoch nicht gegen die Verfassung, weil es im Leistungsrecht der gesetzlichen Renten­ver­si­cherung zusätzliche Leistungen für Eltern gibt, zum Beispiel Kinder­er­zie­hungs­zeiten. Hierdurch hat der Gesetzgeber nach Auffassung des Bundes­so­zi­al­ge­richts den ihm bei der Gestaltung der gesetzlichen Renten­ver­si­cherung zukommenden Spielraum in verfas­sungs­rechtlich unbedenklicher Weise genutzt. Inwieweit eine stärkere Berück­sich­tigung der Betreuungs- und Erzie­hungs­leistung möglicherweise sozialpolitisch wünschenswert oder angezeigt ist, obliegt allein der Entscheidung des hierzu berufenen parla­men­ta­rischen Gesetzgebers. Der Senat hat damit seine in den Urteilen aus den Jahren 2006 und 2015 geäußerte Rechts­auf­fassung bestätigt. Eine Vorlage an das Bundes­ver­fas­sungs­gericht erfolgte wiederum nicht.

Bundes­so­zi­al­gericht hebt angefochtenen Bescheide lediglich aus formalen Gründen auf

In formaler Hinsicht bekamen die Kläger zwar recht: Im ersten Verfahren (Aktenzeichen B 12 KR 13/15 R) hob das Bundes­so­zi­al­gericht die angefochtenen Bescheide auf, weil darin zu Unrecht ein Anspruch auf Überprüfung früherer Bescheide verneint wurde. Auch im zweiten Verfahren (Aktenzeichen B 12 KR 14/15 R) hob das Gericht die angefochtenen Bescheide aus formalen Gründen auf. Mit ihrem eigentlichen Begehren einer Beitrag­s­ent­lastung in der gesetzlichen Renten- und Kranken­ver­si­cherung sowie in der sozialen Pflege­ver­si­cherung drangen die Kläger aber auch in diesem Verfahren nicht durch, weil ihr ursprünglicher Antrag nur die gesetzliche Renten­ver­si­cherung betraf.

Hinweise zur Rechtslage:

Erläuterungen
- BVerfG: Eltern müssen bei den Beiträgen zur Pflege­ver­si­cherung besser gestellt werden Urteil des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts vom 3. April 2001 - 1 BvR 1629/94 -

- Auch Eltern müssen Renten­ver­si­che­rungs­beiträge leisten Urteil des Bundes­so­zi­al­ge­richts vom 5. Juli 2006 - B 12 KR 20/04 R -

- Eltern haben keinen Anspruch auf Beitrag­s­ent­lastung in der Sozia­l­ver­si­cherung wegen ihres Aufwandes für Kinderbetreuung und Kindererziehung Urteile des Bundes­so­zi­al­ge­richts vom 30. September 2015 - B 12 KR 15/12 R und B 12 KR 13/13 R -

§ 55 Abs. 3 SGB XI - Beitragssatz, Beitrags­be­mes­sungs­grenze

1 Der Beitragssatz nach Absatz 1 Satz 1 und 2 erhöht sich für Mitglieder nach Ablauf des Monats, in dem sie das 23. Lebensjahr vollendet haben, um einen Beitrags­zu­schlag in Höhe von ,25 Beitrags­satz­punkten (Beitrags­zu­schlag für Kinderlose). 2Satz 1 gilt nicht für Eltern im Sinne des § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 3 Nr. 2 und 3 des Ersten Buches. [...]

Artikel 3 Abs. 1 GG

Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

Artikel 6 Abs. 1 GG

Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

Artikel 100 Abs. 1 Satz 1 GG

Hält ein Gericht ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für verfas­sungs­widrig, so ist das Verfahren auszusetzen und, [...] wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes handelt, die Entscheidung des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richtes einzuholen.

Quelle: Bundessozialgericht/ra-online

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil24591

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI