18.10.2024
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Bundessozialgericht Urteil18.08.2011

Berechnung des Elterngeldes: Keine Anwendung einer an sich begünstigenden Berech­nungs­vor­schrift gegen den Willen des Eltern­geld­be­rech­tigtenWahl über Anwendung von Ausnah­me­vor­schrift muss Eltern überlassen bleiben

Die Vorschrift des § 2 Abs. 7 Satz 5 und 6 Bundes­el­terngeld- und Eltern­zeit­gesetz (BEEG), wonach unter anderem Zeiten einer schwan­ger­schafts­be­dingten Einkom­mens­min­derung bei der Festlegung des zwölfmonatigen Bemes­sungs­zeit­raumes für das Elterngeld nicht zu berücksichtigen sind, ist dann nicht anzuwenden, wenn der Eltern­geld­be­rechtigte der Anwendung ausdrücklich widerspricht. Dies entschied das Bundes­so­zi­al­gericht.

Elterngeld wird grundsätzlich nach dem Einkommen aus Erwer­b­s­tä­tigkeit berechnet, das in den zwölf Kalendermonaten vor der Geburt des Kindes durch­schnittlich erzielt worden ist. Bei der Bestimmung der für die Einkom­men­s­er­mittlung maßgebenden zwölf Kalendermonate bleiben Monate unberück­sichtigt, in denen die berechtigte Person Elterngeld für ein älteres Kind oder Mutter­schaftsgeld bezogen hat oder in denen wegen einer auf die Schwangerschaft zurück­zu­füh­renden Erkrankung Erwer­b­s­ein­kommen weggefallen ist.

Sachverhalt

Im zugrunde liegenden Fall war die Höhe des Elterngeldes der Klägerin streitig. In der Zeit vor der Geburt ihrer Tochter am 9. September 2008 konnte die Klägerin ab dem 8. Mai 2008 wegen einer Risiko­schwan­ger­schaft nicht mehr voll arbeiten, war vom 27. Juli bis 1. August 2008 vollständig arbeitsunfähig und bezog ab 3. August 2008 Mutter­schaftsgeld. Bei ihrer Bewil­li­gungs­ent­scheidung legte die beklagte Hansestadt - gestützt auf § 2 Abs. 7 Satz 5 und 6 Bundes­el­terngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) - einen Bemessungszeitraum von Mai 2007 bis April 2008 zugrunde. Mit ihrem Widerspruch machte die Klägerin dagegen geltend, durch die Verschiebung des Bemes­sungs­zeitraums in die Vergangenheit seien drei Monate mit ganz geringen Einkom­men­s­einbußen gegen drei Monate mit Arbeits­lo­sigkeit getauscht worden.

Klage in der Vorinstanz erfolglos

Das nach erfolglosem Vorverfahren von der Klägerin angerufene Sozialgericht Hamburg wies die Klage ab. Dagegen wandte sich die Klägerin mit ihrer vom Sozialgericht zugelassenen Sprungrevision. Die Frau ist der Ansicht, § 2 Abs. 7 Satz 6 BEEG dürfe nur zu Gunsten der Anspruchs­be­rech­tigten angewendet werden.

Vorschriften zur § 2 Abs. 7 Satz 5 und 6 BEEG nicht anzuwenden, sofern Eltern­geld­be­rech­tigter der Anwendung ausdrücklich widerspricht

Das Bundes­so­zi­al­gericht entschied, dass die Vorschrift des § 2 Abs. 7 Satz 5 und 6 Bundes­el­terngeld- und Eltern­zeit­gesetz (BEEG), wonach unter anderem Zeiten einer schwan­ger­schafts­be­dingten Einkom­mens­min­derung bei der Festlegung des zwölfmonatigen Bemes­sungs­zeit­raumes für das Elterngeld nicht zu berücksichtigen sind, dann nicht anzuwenden ist, wenn der Eltern­geld­be­rechtigte der Anwendung ausdrücklich widerspricht.

Eltern­geld­be­rech­tigtem muss Möglichkeit zum Verzicht der Anwendung der Regelung eingeräumt werden

Nach ihrem Sinn und Zweck soll diese Vorschrift die Betroffenen vor Nachteilen bewahren, die bei der Berechnung des Elterngeldes ansonsten auftreten würden. Dieses Ziel wird verfehlt, wenn bei der Anwendung der gesetzlichen Regelung Monate mit einer - relativ geringen - Einkom­mens­min­derung außer Betracht bleiben, dafür aber Monate ohne jegliches Einkommen in den Bemes­sungs­zeitraum einbezogen werden. Um dies zu vermeiden, ist es geboten, den Berechtigten - auch in Ansehung des für selbstständig Erwerbstätige geltenden Optionsrechts nach § 2 Abs. 8 Satz 5 BEEG - die Möglichkeit einzuräumen, auf die Anwendung dieser Regelung zu verzichten.

Berechnung des Elterngelds auf Grundlage eines nur achtmonatigen Zeitraumes nicht zulässig

Soweit die Klägerin in erster Linie beanspruchte, das Elterngeld auf der Grundlage eines nur achtmonatigen Zeitraumes mit vollem Erwer­b­s­ein­kommen zu berechnen, hatte ihre Revision keinen Erfolg, weil dies der gesetzlichen Konzeption eines zwölfmonatigen Bemes­sungs­zeit­raumes widerspricht.

Quelle: Bundessozialgericht/ra-online

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