21.11.2024
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Bundesverfassungsgericht Beschluss06.06.2011

BVerfG: Verfas­sungs­be­schwerde gegen Berück­sich­tigung der Elternzeit bei Berechnung des Elterngeldes erfolglosRegelungen zur Berechnung von Elterngeld verfas­sungs­rechtlich nicht zu beanstanden

Die Regelungen zur Berechnung des Elterngeldes sind verfas­sungs­rechtlich nicht zu beanstanden. Eine Verletzung des allgemeinen Gleich­heits­satzes (Art. 3 Abs. 1 GG) ergibt sich auch nicht daraus, dass Eltern, die über die Bezugszeit des Elterngeldes hinaus Elternzeit wahrnehmen, für ein weiteres Kind unter Umständen ein geringeres Elterngeld erhalten als Eltern, die nach der Bezugszeit des Elterngeldes für das vorherige Kind Einkommen erzielt haben. Dies ergibt sich aus einer Entscheidung des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts.

Das Elterngeld wird in Höhe von 67 % des in den zwölf Kalendermonaten vor der Geburt des Kindes durch­schnittlich erzielten monatlichen Erwer­b­s­ein­kommens bis zu einem Höchstbetrag von 1.800 Euro monatlich für zwölf oder vierzehn volle Monate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwer­b­s­tä­tigkeit erzielt. Bei der Bestimmung der für die Einkom­men­s­er­mittlung maßgeblichen zwölf Kalendermonate bleiben die Zeiten des Bezugs von Elterngeld für ein älteres Kind oder Mutter­schaftsgeld unberück­sichtigt. Einbezogen werden dagegen Monate, in denen der anspruch­stellende Elternteil Elternzeit ohne den Bezug von Elterngeld wahrgenommen hat (§ 2 Abs. 7 des Gesetzes zum Elterngeld und zur Elternzeit - BEEG). Personen, die vor der Geburt ihres Kindes kein oder nur geringes Einkommen erwirtschaftet haben, wird Elterngeld mindestens in Höhe von 300 Euro gezahlt und um 10 %, mindestens 75 Euro, erhöht, wenn die berechtigte Person mit zwei Kindern, die das dritte Lebensjahr noch nicht vollendet haben, in einem Haushalt lebt.

Sachverhalt

Die Beschwer­de­führerin des zugrunde liegenden Falls, die in den Jahren 1999, 2002 und 2004 jeweils ein Kind geboren, für diese jeweils Elternzeit in Anspruch genommen und in dieser Zeit kein oder nur geringes Erwer­b­s­ein­kommen erwirtschaftet hatte, gebar im August 2007 ein viertes Kind. Für das darauffolgende Jahr bewilligte ihr die zuständige Behörde Elterngeld in Höhe von 375 Euro bzw. 300 Euro, wobei sie zur Einkom­men­s­er­mittlung auch diejenigen Monate berücksichtigte, in denen die Beschwer­de­führerin Elternzeit genommen hatte, ohne Elterngeld zu beziehen. Die Beschwer­de­führerin hält die Regelung des § 2 Abs. 7 BEEG für verfas­sungs­widrig und begehrt Elterngeld auf der Grundlage ihres vor dem Jahr 2000 erwirt­schafteten Einkommens. Ihre hierauf gerichtete Klage blieb ohne Erfolg.

BVerfG verneint Verletzung der Verfas­sungs­rechte

Das Bundes­ver­fas­sungs­gericht hat ihre Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen, da die Annah­me­vor­aus­set­zungen nicht vorliegen. Die Beschwer­de­führerin wird durch die von ihr angegriffenen Entscheidungen und die Regelung des § 2 Abs. 7 BEEG nicht in ihren Verfas­sungs­rechten verletzt.

Elterngeldes soll zu partner­schaft­licher Verteilung der Erzie­hungs­aufgaben beitragen

Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zugrunde: Ein Verstoß gegen die gemäß Art. 3 Abs. 2 GG garantierte Gleich­be­rech­tigung von Männern und Frauen liegt nicht vor. Zwar mögen aufgrund der verbreiteten familiären Rollen­ver­teilung mehr Frauen als Männer von dem nachteiligen Effekt der Berück­sich­tigung der über die Bezugszeit des Elterngeldes hinausgehenden Elternzeit betroffen sein. Ziel des Elterngeldes ist es jedoch, zu einer partner­schaft­lichen Verteilung der Erzie­hungs­aufgaben beizutragen. Eine Regelung, wonach die Elternzeiten bei der Einkom­mens­be­rechnung unberück­sichtigt blieben und an davor erzieltes Einkommen anzuknüpfen wäre, könnte dagegen einen durch Art. 3 Abs. 2 GG nicht gebotenen Anreiz für das langfristige Ausscheiden eines Elternteils aus dem Berufsleben schaffen. Dass der Gesetzgeber, der längerfristige famili­en­be­dingte Auszeiten durch die Elternzeit ermöglicht, diese nicht auch finanziell über die Berechnung des Elterngeldes fördert, ist verfas­sungs­rechtlich nicht zu beanstanden.

Elterngeld hat einkom­men­s­er­setzende Funktion

Eine Verletzung des allgemeinen Gleich­heits­satzes (Art. 3 Abs. 1 GG) ergibt sich nicht daraus, dass Eltern, die über die Bezugszeit des Elterngeldes hinaus Elternzeit wahrnehmen, für ein weiteres Kind unter Umständen ein geringeres Elterngeld erhalten als Eltern, die nach der Bezugszeit des Elterngeldes für das vorherige Kind Einkommen erzielt haben. Das Elterngeld hat einkom­men­s­er­setzende Funktion. Während der Elternzeit erwirtschaftet der betreuende Elternteil jedoch kein ersatzfähiges Einkommen, das die Erwer­bs­si­tuation der Familie prägen konnte. Das Famili­en­ein­kommen konnte sich daher nach der Geburt eines weiteren Kindes nicht aufgrund der neuen Betreu­ungs­si­tuation verschlechtern. Dass während der Elternzeit die verfas­sungs­rechtlich geschützte Erziehung wahrgenommen wurde, findet über den Geschwis­terbonus Berück­sich­tigung. Eine verfas­sungs­rechtlich unzulässige Gleich­be­handlung mit einer Person, die vor einer Geburt erwerbslos war, ohne Kinder zu betreuen, liegt somit ebenfalls nicht vor.

Gesetzgeber ist verfas­sungs­rechtlich nicht zur weitergehenden Förderung der Kindesbetreuung innerhalb der Familie verpflichtet

Auch eine Verletzung der Pflicht des Staates zum Schutz von Ehe und Familie (Art. 6 Abs. 1 GG) ist nicht ersichtlich. Diese garantiert zwar den Eltern die Freiheit, über die Gestaltung des familiären Zusammenlebens und die Form der Kinderbetreuung selbst zu entscheiden, und verpflichtet den Staat, die Kinderbetreuung in der von den Eltern gewählten Form zu ermöglichen und zu fördern. Mit der Einrichtung von Elterngeld und Elternzeit wird die Möglichkeit der Eigenbetreuung von Kindern jedoch bereits in beachtlichem Umfang gefördert. Zu einer weitergehenden Förderung der Kindesbetreuung innerhalb der Familie war der Gesetzgeber verfas­sungs­rechtlich nicht verpflichtet.

Quelle: Bundesverfassungsgericht/ra-online

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