18.10.2024
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Beschluss01.10.2008BundesgerichtshofVIII ZR 268/07
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • K&R 2009, 40Zeitschrift: Kommunikation & Recht (K&R), Jahrgang: 2009, Seite: 40
  • MMR 2009, 107Zeitschrift: Multimedia und Recht (MMR), Jahrgang: 2009, Seite: 107
  • NJW 2009, 66Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2009, Seite: 66
  • ZGS 2008, 403Zeitschrift für Vertragsgestaltung, Schuld- und Haftungsrecht (ZGS), Jahrgang: 2008, Seite: 403
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Bundesgerichtshof Beschluss01.10.2008

Versandhandel: Wer zahlt die Versandkosten nach Widerruf? BGH ruft EuGH anStrittige Frage beim Fernab­satz­ge­schäft

Der Rechtsstreit betrifft die Frage, ob es bei einem Fernab­satz­ge­schäft gegen verbrau­cher­schützende Vorschriften verstößt, wenn der Verbraucher mit Versandkosten für die Hinsendung der Ware an ihn belastet wird, sofern er von seinem Widerrufs- bzw. Rückgaberecht Gebrauch macht und die Ware vollständig an den Verkäufer zurücksendet.

Der Kläger ist ein Verbrau­cher­verband. Die Beklagte betreibt ein Versand­han­dels­un­ter­nehmen. Sie stellt ihren Kunden für die Zusendung der Ware einen Versand­kos­te­n­anteil von pauschal 4,95 € pro Bestellung in Rechnung. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Unterlassung der Erhebung solcher Kosten nach Ausübung des Widerrufs/Rückgaberechts bei Fernab­satz­ge­schäften in Anspruch.

OLG: Bei Ausübung seines Widerrufs- bzw. Rückgaberechts muss der Käufer von den Hinsendekosten freigestellt werden

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Oberlan­des­gericht hat die dagegen gerichtete Berufung zurückgewiesen. Es hat zur Begründung angeführt, dass die Erhebung von Versandkosten für die Hinsendung der Ware gegen verbrau­cher­schützende Normen verstoße. Zwar könnten die Kosten nach nationalem Recht dem Verbraucher auferlegt werden, die Fernabsatzrichtlinie (Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 1997 über den Verbrau­cher­schutz bei Vertrags­ab­sch­lüssen im Fernabsatz) gebiete es jedoch, den Verbraucher bei Ausübung seines Widerrufs- bzw. Rückgaberechts im Rahmen eines Fernab­satz­ge­schäfts von Hinsendekosten freizustellen. Die Regelungen des nationalen Rechts seien daher dahin auszulegen, dass die Kosten der Versendung in solchen Fällen nicht dem Verbraucher auferlegt werden können.

Bundes­ge­richtshof ruft Europäischen Gerichtshof an

Der VIII. Zivilsenat des Bundes­ge­richtshofs hat das Revisi­ons­ver­fahren ausgesetzt und gemäß der Verpflichtung aus Art. 234 EG-Vertrag dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften die Frage zur Vorab­ent­scheidung vorgelegt, ob die Bestimmungen des Art. 6 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 1997 über den Verbrau­cher­schutz bei Vertrags­ab­sch­lüssen im Fernabsatz dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung entgegenstehen, nach der die Kosten der Zusendung der Waren auch dann dem Verbraucher auferlegt werden können, wenn er den Vertrag widerrufen hat.

BGH: Nach deutschem Recht besteht derzeit kein Anspruch des Käufers auf Erstattung der Hinsendekosten

Der Senat ist - wie das Berufungs­gericht - davon ausgegangen, dass ein Anspruch des Käufers auf Erstattung der Kosten der Zusendung der bestellten Ware nach den Bestimmungen des deutschen Rechts nicht gegeben ist. Falls die Fernab­satz­richtlinie dahin auszulegen wäre, dass die Kosten der Zusendung der Ware für den Fall des Widerrufs eines Fernab­satz­ge­schäfts nicht dem Käufer auferlegt werden können, sähe sich der Senat allerdings veranlasst, die Bestimmung des § 312 d Abs. 1 in Verbindung mit § 357 Abs. 1 Satz 1 und § 346 Abs. 1 BGB - richt­li­ni­en­konform - dahin auszulegen, dass vom Käufer gezahlte Zusendekosten nach dem Widerruf eines Fernab­satz­ge­schäftes zurück­zu­ge­währen sind. Ob nach dem Inhalt der Fernab­satz­satz­richtlinie eine solche Auslegung geboten ist - dies ist in der Literatur umstritten -, lässt sich nach Auffassung des Senats nicht mit hinreichender Sicherheit feststellen und ist deshalb der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vorbehalten.

Artikel 6 der Fernab­satz­richtlinie lautet:

Widerrufsrecht

(1) Der Verbraucher kann jeden Vertrags­ab­schluß im Fernabsatz innerhalb einer Frist von mindestens sieben Werktagen ohne Angabe von Gründen und ohne Strafzahlung widerrufen. Die einzigen Kosten, die dem Verbraucher infolge der Ausübung seines Widerrufsrechts auferlegt werden können, sind die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Waren.

(2) Übt der Verbraucher das Recht auf Widerruf gemäß diesem Artikel aus, so hat der Lieferer die vom Verbraucher geleisteten Zahlungen kostenlos zu erstatten. Die einzigen Kosten, die dem Verbraucher infolge der Ausübung seines Widerrufsrechts auferlegt werden können, sind die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Waren. Die Erstattung hat so bald wie möglich in jedem Fall jedoch binnen 30 Tagen zu erfolgen.

Quelle: ra-online, BGH

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