Dokument-Nr. 15822
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- CR 2013, 459Zeitschrift: Computer und Recht (CR), Jahrgang: 2013, Seite: 459
- GRUR 2013, 751Zeitschrift: Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht (GRUR), Jahrgang: 2013, Seite: 751
- ITRB 2013, 150Zeitschrift: Der IT-Rechts-Berater (ITRB), Jahrgang: 2013, Seite: 150
- JuS 2013, 841Zeitschrift: Juristische Schulung (JuS), Jahrgang: 2013, Seite: 841
- K&R 2013, 474Zeitschrift: Kommunikation & Recht (K&R), Jahrgang: 2013, Seite: 474
- MDR 2013, 710Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2013, Seite: 710
- MMR 2013, 535Zeitschrift: Multimedia und Recht (MMR), Jahrgang: 2013, Seite: 535
- NJW 2013, 2348Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2013, Seite: 2348
- VersR 2013, 771Zeitschrift für Versicherungsrecht, Haftungs- und Schadensrecht (VersR), Jahrgang: 2013, Seite: 771
- WRP 2013, 917Zeitschrift: Wettbewerb in Recht und Praxis (WRP), Jahrgang: 2013, Seite: 917
- ZD 2013, 405Zeitschrift für Datenschutz (ZD), Jahrgang: 2013, Seite: 405
- ZUM 2013, 550Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht (ZUM), Jahrgang: 2013, Seite: 550
- Landgericht Köln, Urteil19.10.2011, 28 O 116/11
- Google-Autocomplete-Funktion: Ergänzungssuchbegriffe einer Internet-Suchmaschine haben keinen eigenen AussageinhaltOberlandesgericht Köln, Urteil10.05.2012, 15 U 199/11
- Google-"Snippets": Suchergebnisse ("Snippets") haben keinen eigenen AussageinhaltOberlandesgericht München, Urteil29.09.2011, 29 U 1747/11
- Google kann bei Wiedergabe urheberrechtlich geschützter Werke in Vorschaubildern nicht wegen Urheberrechtsverletzung in Anspruch genommen werden (Vorschaubilder II)Bundesgerichtshof, Urteil19.10.2011, I ZR 140/10
Bundesgerichtshof Urteil14.05.2013
BGH-Urteil zur Google-Autocomplete-Funktion: Vervollständigungsfunktion kann Persönlichkeitsrechte verletzenGoogle muss beleidigende Suchworte sperren / Google muss Suchvorschläge aber nicht vorab auf Rechtsverletzungen überprüfen
Verletzt die Autocomplete-Funktion einer Suchmaschine (hier: Google) Persönlichkeitsrechte, muss der Betreiber die entsprechende Wortkombination löschen. Der Betreiber ist aber regelmäßig nicht dazu verpflichtet, die durch eine Software generierten Suchergänzungsvorschläge generell vorab auf etwaige Rechtsverletzungen zu überprüfen. Der Betreiber ist grundsätzlich erst verantwortlich, wenn er Kenntnis von der rechtswidrigen Verletzung des Persönlichkeitsrechts erlangt. Er ist dann verpflichtet, zukünftig derartige Verletzungen zu verhindern. Dies hat der Bundesgerichtshof entschieden.
Dem Fall liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die Klägerin zu 1, eine Aktiengesellschaft, die im Internet Nahrungsergänzungsmittel und Kosmetika vertreibt, sowie der Kläger zu 2, ihr Gründer und Vorstandsvorsitzender, machen gegen die Beklagte mit Sitz in den USA, die unter der Internetadresse "www.google.de" eine Internet-Suchmaschine betreibt, Unterlassungs- und Geldentschädigungsansprüche geltend. Durch Eingabe von Suchbegriffen in die Suchmaschine der Beklagten können Nutzer über eine angezeigte Trefferliste auf von Dritten ins Internet eingestellte Inhalte Zugriff nehmen. Seit April 2009 hat die Beklagte eine "Autocomplete"-Funktion in ihre Suchmaschine integriert, mit deren Hilfe dem Internetnutzer während der Eingabe seiner Suchbegriffe in einem sich daraufhin öffnenden Fenster automatisch verschiedene Suchvorschläge ("predictions") in Form von Wortkombinationen angezeigt werden. Die im Rahmen dieser Suchergänzungsfunktion angezeigten Suchvorschläge werden auf der Basis eines Algorithmus ermittelt, der u.a. die Anzahl der von anderen Nutzern eingegebenen Suchanfragen einbezieht.
Kläger sieht sich durch "Autocomplete"-Funktion im Persönlichkeitsrecht und geschäftlichem Ansehen verletzt
Der Kläger zu 2 stellte im Mai 2010 fest, dass bei Eingabe seines Namens R.S. in dem sich im Rahmen der "Autocomplete"-Funktion öffnenden Fenster als Suchvorschläge die Wortkombinationen "R.S. (voller Name) Scientology" und "R.S. (voller Name) Betrug" erschienen. Dadurch sehen sich die Kläger in ihrem Persönlichkeitsrecht und geschäftlichen Ansehen verletzt. Sie haben u.a. behauptet, der Kläger stehe weder in irgendeinem Zusammenhang mit Scientology noch sei ihm ein Betrug vorzuwerfen noch ein entsprechendes Ermittlungsverfahren gegen ihn eingeleitet. In keinem einzigen Suchergebnis sei eine Verbindung zwischen dem Kläger und "Scientology" bzw. "Betrug" ersichtlich.
Kläger verlangt Unterlassung der "Autocomplete"-Funktion sowie Schadensersatz
Die Kläger verlangen von der Beklagten, es zu unterlassen, auf der Internetseite ihrer Suchmaschine nach Eingabe des Namens des Klägers zu 2 als Suchbegriff im Rahmen der "Autocomplete"-Funktion die ergänzenden Kombinationsbegriffe "Scientology" und "Betrug" vorzuschlagen. Darüber hinaus begehren sie Ersatz vorprozessualer Rechtsverfolgungskosten und der Kläger zu 2 zusätzlich die Zahlung einer Geldentschädigung. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Kläger hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen.
Berufungsgericht hat Unterlassungsanspruch rechtsfehlerhaft verneint
Die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Kläger hatte Erfolg. Der Bundesgerichtshof hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Das Berufungsgericht hat einen Unterlassungsanspruch der Kläger entsprechend §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB i.V.m. Art. 1, 2 GG gegen die Beklagte als Betreiberin der Internet-Suchmaschine rechtsfehlerhaft verneint.
Suchwortergänzungsvorschläge beinhalten Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts
Die Suchwortergänzungsvorschläge "Scientology" und "Betrug" bei Eingabe des Vor- und Zunamens des Klägers zu 2 in die Internet-Suchmaschine der Beklagten beinhalten eine Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts der Kläger, da ihnen ein fassbarer Aussagegehalt innewohnt, zwischen dem Kläger zu 2 und den negativ belegten Begriffen "Scientology" und/oder "Betrug" besteht ein sachlicher Zusammenhang.
BGH bejaht Verletzung des Persönlichkeitsrechts
Die Kläger würden hierdurch in ihrem Persönlichkeitsrecht verletzt, wenn diese Aussage - wie sie vorgetragen haben - unwahr wäre und deshalb in der Abwägung ihrer grundrechtlich geschützten Position gegenüber derjenigen der Beklagten das Übergewicht zukäme. Diese Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts der Kläger ist der Beklagten auch unmittelbar zuzurechnen. Sie hat mit dem von ihr geschaffenen Computerprogramm das Nutzerverhalten ausgewertet und den Benutzern der Suchmaschine die entsprechenden Vorschläge unterbreitet.
Suchvorschläge grundsätzlich nicht unzulässig
Daraus folgt allerdings noch nicht, dass die Beklagte für jede Persönlichkeitsrechtsbeeinträchtigung durch Suchvorschläge haftet. Der Beklagten ist nämlich nicht vorzuwerfen, dass sie eine Suchvorschläge erarbeitende Software entwickelt und verwendet hat, sondern lediglich, dass sie keine hinreichenden Vorkehrungen getroffen hat, um zu verhindern, dass die von der Software generierten Suchvorschläge Rechte Dritter verletzen.
Betreiber muss bei Nachweis rechtswidriger Verletzungen des Persönlichkeitsrecht für Unterlassung sorgen
Nimmt ein Betroffener den Betreiber einer Internet-Suchmaschine mit Suchwortergänzungsfunktion auf Unterlassung der Ergänzung persönlichkeitsrechtsverletzender Begriffe bei Eingabe des Namens des Betroffenen in Anspruch, setzt die Haftung des Betreibers die Verletzung zumutbarer Prüfpflichten voraus. Der Betreiber einer Suchmaschine ist regelmäßig nicht verpflichtet, die durch eine Software generierten Suchergänzungsvorschläge generell vorab auf etwaige Rechtsverletzungen zu überprüfen. Der Betreiber ist grundsätzlich erst verantwortlich, wenn er Kenntnis von der rechtswidrigen Verletzung des Persönlichkeitsrechts erlangt. Weist ein Betroffener den Betreiber auf eine rechtswidrige Verletzung seines Persönlichkeitsrechts hin, ist der Betreiber verpflichtet, zukünftig derartige Verletzungen zu verhindern.
Berufungsgericht muss Verletzung von Prüfungspflichten sowie möglichen Anspruch auf Geldentschädigung erneut prüfen
Das Berufungsgericht hat - aus seiner Sicht folgerichtig - eine rechtliche Würdigung unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Prüfungspflichten ebenso wenig vorgenommen wie unter dem Gesichtspunkt des - nur in engen Grenzen zu gewährenden - Anspruchs auf Geldentschädigung und des Anspruchs auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten. Dies wird es nachzuholen haben.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 14.05.2013
Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online
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