21.11.2024
21.11.2024  
Sie sehen die Silhouette einer Person, welche an einer Wand mit vielen kleinen Bildern vorbeigeht.

Dokument-Nr. 18016

Drucken
Urteil08.04.2014Oberlandesgericht Köln15 U 199/11
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • CR 2014, 385Zeitschrift: Computer und Recht (CR), Jahrgang: 2014, Seite: 385
  • ITRB 2014, 151Zeitschrift: Der IT-Rechts-Berater (ITRB), Jahrgang: 2014, Seite: 151
  • MMR 2015, 204Zeitschrift: Multimedia und Recht (MMR), Jahrgang: 2015, Seite: 204
Für Details Fundstelle bitte Anklicken!
ergänzende Informationen

Oberlandesgericht Köln Urteil08.04.2014

Autocomplete-Funktion: Google-Suchmaske darf Nahrungs­ergänzungs­mittel und Kosmetika nicht mit dem Wort "Scientology" kombinierenKlage gegen Google nur teilweise erfolgreich

Das Oberlan­des­gericht Köln hatte sich mit der Frage zu beschäftigen, ob Google im Zusammenhang mit der Autocomplete-Funktion seinen Pflichten zur Überprüfung von konkreten Beanstandungen hinreichend nachgekommen ist. Vorausgehend hatte der Bundes­ge­richtshof entschieden, dass der Such­maschinen­betreiber ab dem Moment, ab dem er Kenntnis von der rechtswidrigen Verletzung des Persönlichkeits­rechts erlangt, beleidigende Suchworte sperren muss. Das Oberlan­des­gericht gab daraufhin einer Klage gegen die Auto­vervoll­ständigung mit den Begriffen "Betrug" und "Scientology" zumindest teilweise statt.

Im zugrunde liegenden Streitfall klagte eine Aktien­ge­sell­schaft, die im Internet Nahrungs­er­gän­zungs­mittel und Kosmetika vertreibt (Klägerin zu 1) sowie deren Gründer und Vorstands­vor­sit­zender (Kläger zu 2) gegen die Firma Google Inc. Bei Eingabe des Namens des Klägers zu 2) in die Google-Suchmaske wurde dieser automatisch mit den Worten "Scientology" und "Betrug" kombiniert (autocomplete-Funktion). Der Kläger zu 2 sah hierin eine Verletzung seines Persön­lich­keits­rechts, die Klägerin zu 1 sah sich in ihrem geschäftlichen Ansehen geschädigt. Beide nahmen Google auf Unterlassung sowie Zahlung von Anwaltskosten in Anspruch, der Kläger zu 2 begehrte darüber hinaus eine Geldent­schä­digung.

Suchwort­kom­bi­nation mit dem Begriff "Scientology" unzulässig

Erfolg hatte die Klage nur insoweit, als Google zur Unterlassung der Suchwort­kom­bi­nation des Namens mit dem Begriff "Scientology" verurteilt wurde. Die weitergehende Klage wies das Oberlan­des­gericht Köln dagegen ab.

BGH: Verletzung der Persön­lich­keits­rechte durch Vervoll­stän­di­gungs­funktion möglich

Die Klage war vor dem Landgericht und Oberlan­des­gericht Köln zunächst ohne Erfolg geblieben. Das Oberlan­des­gericht war der Auffassung, dass eine Verletzung von Persön­lich­keits­rechten nicht vorliege. Da das der Suchmaschine zugrunde liegende Programm nur automatisiert das Nutzerverhalten auswerte und andere Nutzer dies wüssten, sei mit einer bestimmten Wortkombination keine inhaltliche Aussage verbunden. Auf die Revision der Kläger hat der Bundes­ge­richtshof die Vorent­schei­dungen aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung an das Oberlan­des­gericht Köln zurückverwiesen. Der Bundes­ge­richtshof war der Auffassung, dass der Autocomplete-Funktion ein fassbarer Aussageinhalt innewohne und jedenfalls ab dem Zeitpunkt ein Unter­las­sungs­an­spruch bestehen könne, in welchem die Beklagte von konkreten Verletzungen von Persön­lich­keits­rechten durch Suchwor­t­er­gän­zungen Kenntnis erlangt habe.

OLG bejaht Verletzung der Prüfungspflicht seitens Google

Das Oberlan­des­gericht Köln hatte sich nun mit der Frage zu beschäftigen, ob Google seinen Pflichten zur Überprüfung von konkreten Beanstandungen hinreichend nachgekommen war. Das war nach Auffassung der Richter insoweit nicht der Fall, als der Kläger zu 2) die Kombination seines Namens mit dem ergänzenden Begriff "scientology" beanstandet hatte. Die Beklagte hatte zunächst eine Prüfung und Abhilfe verweigert. Der Kläger zu 2 hatte die Google Germany GmbH mit einer Mail vom 4. Mai 2010 darüber in Kenntnis gesetzt, dass die Wortkombination seines Namens mit dem Begriff "Scientology" auf einer Manipulation durch fiktive Suchanfragen beruhen müsse und hatte dazu aufgefordert, die Anzeige dieses Suchwor­t­er­gän­zungs­vor­schlags abzustellen. Hierauf hatte die Beklagte mit E-Mail vom 13. Mai 2010 geantwortet, dass "die betreffenden Suchanfragen automatisch erstellt [...]" würden und sie daher, "dem Wunsch von Einzelpersonen, die derzeit angezeigten Links zu entfernen oder zu ändern, nicht nachkommen [...]" könne. Aus dieser ablehnenden Antwort ergab sich nach Ansicht des Gerichts die für den Unter­las­sungs­an­spruch erforderliche Verletzung der Prüfungspflicht und damit auch eine Wieder­ho­lungs­gefahr.

Kein Anspruch auf Zahlung einer zusätzlichen Geldent­schä­digung

Ein Anspruch auf Zahlung einer zusätzlichen Geldent­schä­digung bestehe dagegen nicht. Das Verschulden der Beklagten wiege nicht besonders schwer. Sie habe, wenn auch erst verspätet, den Eintrag gelöscht und damit den Rechtsverstoß beseitigt und in seinen Auswirkungen begrenzt.

Sucher­gän­zungs­vor­schläge "Scientology" und "Betrug" wurden zeitnah aus Autocomplete-Funktion der Suchmaschine entfernt

Soweit auch die Kombination mit dem Begriff "Betrug" beanstandet wurde und die Klägerin zu 1 eigene Ansprüche verfolgt hat, sei die Klage ebenfalls unbegründet. Die Beklagte habe hier auf die jeweils erste Beanstandung hin kurzfristig reagiert, weshalb kein Unter­las­sungs­an­spruch bestehe. Es sei davon auszugehen, dass die Beklagte von den weitergehenden Beanstandungen frühestens am 15. Juni 2010 erfahren habe. Jedenfalls am 16. Juni 2010 waren sodann die Sucher­gän­zungs­vor­schläge "Scientology" und "Betrug" aus der Autocomplete-Funktion der Suchmaschine der Beklagten entfernt. Damit sei die Beklagte ihren Pflichten in ausreichendem Maße nachgekommen.

Quelle: Oberlandesgericht Köln/ra-online

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil18016

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI